17.4.2020

Nachdem ich gestern Abend um zehn meinen letzten Termin begann (sic), charakterisierte ich mein Aufstehgefühl heute morgen mit „überfordert, ratlos und erschöpft“ und das positivste, was ich damit tun konnte war, es anzunehmen.

Ich mach den Job seit über 20 Jahren, habe in der Zeit auch lange als Reseller gearbeitet – also für meine Kundinnenen als Webhoster – aber was der ehemalige Kollege (siehe gestern) da noch alles aus dem Hut zieht, selbst nachdem wir denken, wir sind komplett von ihm weg, das ist echt unfassbar.
Wobei mir ein Vögelchen gezwitschert hat, dass sein Verhalten dazu führt, dass sich sein Geschäftsmodell auch außerhalb dieser einen Geschäftsbeziehung gerade auflöst. Karma is manchmal eben doch eine gute.

Mich hat diese Geschichte jetzt wieder ein paar Tage gekostet, in denen ich diverses in der Inbox liegen ließ, was längst bearbeitet hätte sein wollen. Ich hasse es arg, unzuverlässig zu sein und so ein unerledigter Stapel, der belastet mich schon ziemlich.

Nachdem mir MailChimp ein Template 5 Minuten vor fertig komplett gekillt hat, sind wir wenigstens kurz an den Teich und haben den Schildkröten beim Sonnen zugesehen. Ich kann das nur empfehlen, das ist unfassbar meditativ. Es gibt Tage, da wäre ich gern eine Schildkröte am Teich.
Heute zum Beispiel, da wäre ich gern eine Schildkröte am Teich gewesen. Ich hätte auch den Kopf possierlich in die Höhe gestreckt. Ehrlich!

Als ich so gegen vier beginnen wollte, den Beifang für Sie hier zusammenzustellen, merkte ich, dass ich gegen elf schon einen Artikel für heute begonnen hatte. Also: gemerkt beim zweiten Beifang, der kam mir irgendwie bekannt vor.
Gut, das war jetzt nicht viel zu copy-pasten, aber es geht ums Prinzip. Und ich glaube, das will mir was sagen, dieses Prinzip.

Gelesen: Wer genau braucht diese Abschluss-Prüfungen?
Bent Freiwald von den Krautreportern begründet ziemlich schlüssig, dass die Abiprüfungen, die jetzt verzweifelt durchgedrückt werden, gar nicht nötig sind. Also: Nicht sachlich nötig, sondern eher nur, weil …: „Diese Angst verrät viel über die deutsche Leistungsgesellschaft: Hier bekommt niemand was geschenkt, egal, wie die Umstände sind!

Gelesen: Vier Fragen einer einzelnen Frau
Hinter diesem etwas sperrigen Titel verbirgt sich ein wirklich guter Artikel, denn diese vier Fragen fassen eine Menge zusammen, was im Moment in unseren Köpfen herum gehen könnte. Besonders interessant finde ich Frage vier: „Welche Normalität wünschen wir uns eigentlich?
Mein Social Web quillt zwar gerade über von den Utopien derer, die meinen, „danach“ würde „alles besser“. Und den Dystopien derjenigen, die das auch – nur anders – glauben.

Ich habe aber schmerzhaft lernen müssen, dass „alles besser“ sich sehr unterscheiden kann, wenn es mehrere Menschen gleichzeitig sagen. Auch, wenn sie alle auf den ersten Blick ähnliche oder sogar gleiche Worte benutzen. In meiner engeren Twitterblase sehen die einen mehr Freiheiten und die anderen mehr Strenge als logische Konsequenz aus diesen Tagen und ich freue mich sehr auf den Beef, wenn es eines Tages „danach“ ist und die beiden aneinander rasseln – wo sie doch vorher noch so einträchtig darauf das Glas hoben, dass „danach alles besser“ wird.

Es wäre also gut, wenn die Utopien mal wenigstens im Ansatz ausformuliert würden. Denn wir können sicher sein: Wer so milliardenschwer ist, dass er während Corona durchsetzen kann, Milliarden an Subventionen zu bekommen – der wird auch danach Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren.

Gelesen: Rückkehr in die Schule : „Wie sollen Grundschüler die Abstandsregeln einhalten?“
Der folgende kleine Auschnitt sagt Ihnen alles was Sie wissen müssen über deutsche Bildungspolitik: ZEIT ONLINE: „Nun heißt es, die Schulen sollen am 4. Mai wieder schrittweise geöffnet werden. Was muss bis dahin geschehen?“ [Lehrerin]: „Die Basisausstattung fürs Händewaschen muss gegeben sein: warmes Wasser, Seife und Handtücher.

Gelesen: BSI bringt Kompendium für sichere Videokonferenz-Systeme
Das Kompmedium ist dann auch interessant und sicher für ITler interesant zu lesen. Und für bessere ITler vermutlich auch nur eine Zusammenfassung von Grundwissen. Es hat aber nichts, also exakt: gar nichts damit zu tun, was wir hier in den letzten Wochen aus dem Boden stampfen, um unsere Familien oder auch unsere Kunden irgendwie an die Videokamera zu bekommen. Ich bin mir nicht sicher, für oder gegen wen das spricht, aber es ist wieder ein Symptom für zwei auseinanderdriftenden IT-Systeme.

Und so steht in meinem Kalender am Wochenende ein Termin namens „Zoom-Schulung“ und da kommen doch sehr schön die beiden Aspekte „mangelhafte Ausrüstung in Schulen“ und „IT-Sicherheit“ zusammen, die hier so oft ihren Platz finden.

16.4.2020 – fassungslos

Den Morgen verbrachte ich – in einfachen Worten – damit, einer Kundin ihre Website zu retten. Schon vor vielen Monaten hatten wir die Website neu gemacht, aber leider war der frühere Webdesigner auch noch der Webhoster.
Schon die Tatsache, dass ich seinen Job übernahm – und das nur weil er grundsätzlich auf Anfragend er Kundin mit „geht nicht“ oder „das liegt an deinem Mac“ antwortete – hinterließ ihn offensichtlich überrascht.
Und da er als Hoster einige Werkzeuge in der Hand hat, um mir mein Leben schwer zu amchen, hat er die dann auch genutzt. Städig wechselnde Passworte für den Server, immer wieder lustig wechselnde (aber selten ausreichende) Rechte, um dann dort zu arbeiten, zwangen mich dazu, ihn ständig um Hilfe zu fragen.
Das lief dann jedesmal so:
Ich schrieb eine Mail an ihn.
Er schrieb eine Rechnung an die Kundin, meist dreistellig wegen des außerordentlichen Services.
Dann korrigierte er das Angefragte.
Und dann antwortete er ihr und mir, er könne den Fehler nicht nachvollziehen, das ginge doch alles.

Auf die Art und Weise hat er sich in den letzten Monaten einen kleinen Pauschalurlaub zusätzlich verdient. By the way: Die Grundkosten sind ebenfalls ca 2,5mal so hoch wie bei üblichen anderen Webhostern; die sich, ebenfalls by the way, den Servive nicht zusätzlich bezahlen lassen.

Überraschenderweise fragte mich die Kundin nach einer Alternative.

Wir zogen also ihre Website um auf einen neuen Server und sicherten diverse Gigabyte E-Mails. Eine Sache, die alles zusammen ca drei bis vier Stunden in Anspruch nahm.
Um dann noch die Domainnamen – also musterfrau.de – vom alten auf den neuen Server zu bekommen, braucht man einen sog. AuthCode. Was bedeutet: Die „Zustimmung“ des alten Webhosters. In Anführungsstrichen, denn er muss die geben und bei großen Webhostern kann man sich diesen Code mit einem Klick selbst erteilen weil alles andere albern wäre.
Nur nicht bei Mr. Beleidigte Leberwurst. Zu einen nahm er die Frage der Kundin nach den AutchCodes als Kündigung und dann räumte er ihr zwei Stunden ein, in denen sie bitte ihre Daten sichern sollte – danach wäre ihr Account gesperrt.
Wassen Glück, dass wir das schon getan hatten.
Durchaus anstrengender, dass er den AuthCode für die Hauptdomain verweigert und heute dann auch dummerweise nicht im Büro ist. Denn da hängen die E-Mails dran und mein Kundin bekommt dann keine Mails mehr. Geschäftlich natürlich eine super Sache für sie und von ihm sicher nur nicht gut genug durchdacht.

Ich bin fassungslos.

Ebenfalls fassungslos bin ich übrigens – das Gefühl zieht sich durch den Tag – bin ich, wenn mich Verschwörungstheorien über Corona erreichen. Heute morgen in der Mailingliste mit intelligenten Menschen. Angeblich also kluge Menschen schaffen es nicht, über ihren Tellerrand zu gucken, bauen sich wilde Thesen darüber, dass die Regierung das alles macht, um uns einzusperren und übersieht dabei die 190 anderen Länder. Ich hatte es schon einmal erwähnt, aber ich finde es beeindruckend, dass sich alle Länder der Erde einig sind, gleichzeitig ihre Bevölkerung zu verarschen.
Wichtig dabei ist vor allem, dass dieses exklusive Wissen – was von „denen“ unterdrückt wird – natürlich der wahre Blick über den Tellerrand ist und jede, die das nicht teilt, ein dummes Schäfchen.

Abends lange ein paar Fachleuten „von der Front“ zugehört, die sehr davor warnten, jetzt alles easy zu nehmen weil ja jetzt gelockert wird. Die große Überlastung des Gesundheitssystems its zwar bis jetzt ausgeblieben, aber eben nicht, weil das ja alles nicht so schlimm ist, sondern weil wir alle drin geblieben sind. Und wir sind absolut nicht so durchimmunisiert, dass jetzt alle wieder fröhlich in die Fußballstadien rennen können. Sagt einem auch der gesunde Menschenverstand wenn Sie mich fragfen, aber … ach nun.

14.4.2020 – random thoughts

Gestern Abend drei Stunden lang mit den Freunden, mit denen wir eigentlich hätten zusammen sitzen wollen per Zoom zusammen gesessen.

Danach eine reichlich – Verzeihung – beschissene unruhige Nacht und ich begreife heute Morgen meine persönliche Challenge in dieser Krise: Jahrelang habe ich daran gearbeitet, mir soziale Situationen so einzuteilen, dass sie mich möglichst nicht stressen, sondern mich nur erfreuen.
Denn wissen Sie – ich mag Menschen wirklich gern, auch wenn das manchmal anders klingt. Und meine Freunde, die liebe ich auch.
Aber leider ist mein Gehirn so gestrickt, dass es von Treffen und anderen sozialen Situationen dann gern mal überanstrengt ist. „Introvert?!“, höre ich Sie rufen und das mag wohl sein.
Jahrelang also habe ich daran gearbeitet, mir meine Energie so einzuteilen, dass die positiven Seiten überwiegen und mit Blick auf den gestrigen Abend muss ich begreifen: Ich bin vollkommen aus der Übung. Und ich werde noch viel mehr aus der Übung kommen. Und alles Gelernte wird weg sein. Und wenn ich irgendwann wieder Freude treffen kann, dann werde ich vermutlich wieder keine Freunde treffen können.
Und das haut mich etwas raus gerade.

Aber überhaupt diese Leopoldina gestern: Es wäre leicht zu sagen: Mein Gott, haben Sie wirklich geglaubt, nach den Osterferien machen die Schulen einfach wieder auf? Aber man muss respektieren, dass es verschiedene Stufen der Akzeptanz gibt, die von jedem Menschen auch in unterschiedlicher Geschwindigkeit durchlaufen werden. Und Verdrängung ist eine davon. Das ist normal und verdient keinen Vorwurf.
Und mein Mitgefühl für alle, die gestern begriffen haben, dass es nach Ostern nicht normal weiter geht, ist groß.

Verdrängung schien – Überleitungsalarm! – übrigens leider auch das Rezept der Politik zu sein, als sie eine Studie (S.5 / S.55ff) (via Gunther Dueck) vorgelegt bekam, in der eine Pandemie durch einen mutierten SARS-Virus durchgespielt wurde. Es ist einigermaßen erschreckend, wie präzise unser aktueller Status beschrieben wird. Ach ja: Erschreckend, weil die Studie sieben Jahre alt ist und diese sieben Jahre vollkommen ohne den Hauch einer Vorbereitung verloren gingen.

Wobei Vorbereitung ja auch bedeutet hätte, das Gesundheitssystem nicht kaputt zu sparen. Und nachdem wir uns entscheiden hatten in einem neoliberalen Land zu leben war es vermutlich die konsequente Wahl, den Kopf vor einer solchen Bedrohung in den Sand zu stecken und die Krankenhäuser weiter an Großkonzerne zu verticken, in denen heute dreißigjährige BWL-Arschriesen den medizinischen Leitern sagen, was sie jetzt zu tun und zu lassen haben.

Meine Stimmung ist etwas gesunken, ich weiß nicht, ob Sie’s merken. Aber: I’ll keep my head up, ich habe ja gelernt, wie das auch in dunklen Zeiten geht.

Gelesen: SZ: Corona und Homeschooling: Chancengleichheit in Gefahr
Via Kaltmamsell, die das mit folgenden Worten anmoderierte: „Ich finde es geradezu beleidigend, dass sich in der öffentlichen Diskussion fast nur über das anstehende Abitur Gedanken gemacht wird: Auch in Haupt-, Real-, Wirtschaftsschulen stehen jetzt Abschlüsse an, die neu geplant werden müssen. Und während sich Oberschuleltern über den ungenügend Stand der Internet-Fertigkeiten von Schulen aufregen, müssen sich Hauptschullehrerinnen und -lehrer damit auseinandersetzen, dass nur in wenigen Wohnungen ihrer Schützlinge überhaupt Computer stehen.
Ich möchte mich da anschließen.

Gelesen: Kliniken schließen – wenn sie am nötigsten gebraucht werden
So etwas meinte ich mit den BWLern, die den Medizinern sagen, was jetzt zu tun ist.

Gelesen: Und am Ende heute ein bisschen Dankbarkeit. Denn ich finde es wichtig immer beides im Blick zu haben: Das, was gerade gut läuft und dann erst systemisch, was hätte besser gemacht werden können. Daher also: Danke.

12.4.2020 – Chronistenpflicht

Viel nachgedacht, einmal halb um das Vorbecken und zurück, versucht, den Frühling zu fotografieren und gescheitert, gleich Traumschiff.

Sonst nichts zu sagen.

11.4.2020 – bright lights, dark moods

Lang geschlafen, früh zum See gefahren. Ich mach das jetzt für Sie noch etwas komplizierter: Der See hat – da er ein Stausee ist – ein Vorbecken. An dem verbrachte die Liebste ihre Jugend, denn ihre Eltern waren dort in einem Segelclub. Ja, so hab ich auch geguckt, als ich das damals erfuht; klingt snobby, nicht wahr? Als ich den Club dann das erste Mal betrat und begriff, dass er der Segelclub am Vorbecken war, da gings dann wieder; snobby ist da keiner. Man tritt nur besser einem Club bei, wenn man seinen Opti am See ins Wasser lassen möchte.
Und wenn man mehr als einen Opti zu Wasser lässt, dann kann man auch eigentlich rüber kommen, indem man sich feste abstößt.
Was viel wichtiger ist: das Vorbecken hat eine nette Größe, um einmal drumrum zu laufen. Also für Schreibtischtäter wie mich.

Dann setzte ich mich daran, einen Mix für die Nichte fertig zu machen. Als sie das letzte mal hier war sprachen wir auch über Musk und sie spielte mir ihre aktuelle Musik vor. Und ich stellte fest, dass die sehr nah am Neo Soul/HipHop der mittleren Neunziger ist und versprach Ihr einen Mix. Der wurde dann natürlich – die Jungs, die früher Mixcassetten gemacht haben wissen wovon ich rede – etwas komplizierter in seiner endgültigen Zusammenstellung aber jetzt, schon im dritten Anlauf, ist er rund.
Ja richtig, ich mache Mixe. Keine Playlists.
Angebermodus an: Meine erste Begegnung mit diesem ganzen Neo Soul/ HipHop/AcidJazz-Kram hatte ich übrigens, als Dendemann mir mal eine Cassette aufnahm und ich denke: Ich muss vielleicht doch mal die guten Geschichten aus dem alten Blog rausholen.
Angebermodus aus.

In meinem Kopf wabern Formulierungen für einen anstrengenden zu schreibenden Brief hin und her und das macht mir latent schlchte Laune. Um den Brief endgültig fertig stellen zu können, muss ich noch diverse Seiten, die ich mal bekam lesen – die meisten von ihnen voll von Beleidigungen an mich und da habe ich aus vermutlich leicht nachvollziehbaren Gründen sehr wenig Lust zu.
Heute also nicht und im Ergebnis merke ich, dass nach vier Wochen Lockdownchen jetzt auch etwas von der schlechten Laune bei mir angekommen ist.

Beobachten Sie eigentlich auch, dass die Menschen da in unserem Internet beginnen, sich zu verändern? Ich muss da noch ein wenig zuschauen, um so genau heraus zu bekommen, was mit uns allen passiert, aber irgendwas passiert da. Naja, es wäre ja auch seltsam, wenn nicht.

Heute Abend werden wir uns auf das gestern abgeholte mehr-Gänge-Menu aus dem „schönes Leben“ stürzen; außerdem hat die Liebste mir heute nachmittag ein Blech Donauwelle gebacken und wenn Sie mal jemanden brauchen, die Ihnen Donauwelle backt …
Nee. Nee. Ich geb Sie Ihnen nicht, tut mir leid.

Die Website setzt 1 notwendiges Cookie. Ich nutze Matomo, um zu sehen, welche Artikel Sie interessieren. Matomo ist lokal installiert es werden keine Cookies gesetzt, so dass Sie dort vollkommen anonym bleiben. Externe Dienste werden erst auf Ihre Anforderung genutzt.