Aarhus 2019 Teil 3

21.7.2019 – Rubjerg Knude

Bevor die Liebste und ich jetzt begannen, nach Aarhus zu fahren, war ich schon Anfang der Neunziger ein paar Mal in Dänemark. Wir hatten während des Studiums entdeckt, dass man für wirklich kleines Geld in der Nebensaison wirklich schick eingerichtete Häuser am Strand mieten konnte und waren ein paar Mal mit unterschiedlichen Gruppen gefahren. Abgesehen davon, dass wir jeweils den gesamten Kofferraum voll Lebensmittel packten, möchte ich unsere Reisen mal als vollkommen unvorbereitet bezeichnen. Es gab noch kein Internet, an Reiseführer dachten wir nicht, selbst eine Straßenkarte besorgten wir uns erst an der ersten dänischen Tankstelle.

Und so habe ich heute nicht den Hauch einer Ahnung, wie wir damals darauf kamen, in der menschenleeren Gegend in der wir waren irgendwo abzubiegen, erst in eine noch leerere Gegend und dann in einen Dünenweg fuhren um am Ende auf einen Leuchtturm zu stoßen, der von einer Wanderdüne überrollt worden war.

Egal. Ich erinnere mich, dass ich damals oben auf der Steilküste stand und das für mich einer der magischsten, intensivsten Orte war, die ich je erlebt hatte.

Als der Leuchtturm gebaut worden war, stand er ca 300m ins Land rein; als ich damals da stand, stand ich schon fast auf einer Steilküste. Letztes Jahr erfuhr ich, dass der Turm abgerissen werden müsse weil immer mehr Küste wegbricht und ich wollte unbedingt noch einmal hin. Irgendwann kurz vor unserem Urlaub las ich dann, das sich Spender gefunden haben, die einen Umzug, gute 100m ins Landesinnere finanzieren. Aber ich wollte ihn trotzdem noch einmal an seiner alten Stelle sehen – 500km hin oder her.

Und so fuhren wir einmal quer durch Dänemark, von der Ostsee- an die Nordseeküste, von der Mitte bis weit in den Norden und kraxelten die Düne hoch und ich habe mich verabschiedet.

Das war einer der glücklichsten Momente dieses Jahres. Der Ort hat nichts von seiner Magie verloren und ich bin froh, dass ich noch einmal da war.

Auf dem Rückweg haben wir noch in einem kleinen Städtchen auf dem Weg angehalten und Burger gegessen. Note: Im Gegensatz zu letztem Jahr gab es in diesem Jahr auf quasi jeder Karte mindestens ein vegetarisches Gericht, oft auch mehrere.

Das Blog Meermond berichtet übrigens laufend über den Fortschritt der Planungen und Arbeiten.

22.7.2019 – Regen

Am Montag, unserem letzten Tag, wollten wir eigentlich nochmal durch die Stadt bummeln, ich wollte Fotos machen. Die Innenstadt von Aarhus wird durch einen Kanal zweigeteilt und auf der einen Seite trifft man auf eine Fußgängerzone, wie man sie in jeder mittelgroßen deutschen Stadt auch findet. Jenseits des Kanals sind die Häuser kleiner und älter und malerischer; es gibt unzählige Straßencafés und Kneipen und kleine inhabergeführte Lädchen. Dort wollte ich Bilder machen.

Auf dem Weg kamen wir am Schloss Marselisborg vorbei, dem Sommersitz der dänischen Königin. Wenn sie gerade nicht da ist, kann man aufs Gelände und dort den Park ansehen; nur vor den Eingangstüren hängen kleine Schilder die darauf hinweisen, dass jetzt Privatbesitz anfängt. Aber der Garten ist echt groß.

Als wir dann in der Stadt ankamen regnete es etwas. Und dann immer mehr und dann so richtig, richtig fies.

Also erstmal Kaffee und die Visit Aarhus-App konsultiert. Und den neuen Reiseführer.

Exkurs: Es gibt einen deutschsprachigen Reiseführer zu Aarhus und der ist ein solider Anfang, hat aber echt noch Luft nach oben. Die Liebste hat noch einen englischen gekauft und sich dabei mit der Buchhändlerin unterhalten und die war fassungslos, was alles nicht in dem deutschen drin steht. Der englische (eigentlich ein dänischer, der dann übersetzt wurde) ist deutlich umfangreicher.

Die Wahl fiel auf den Zoo in Randers, ca eine halbe Stunde entfernt. Weil überdacht.
Als wir dort ankamen stellten wir fest, dass das auch die Wahl aller anderen Urlauber aus Deutschland und komplett Skandinavien war und wir fuhren zurück. Niemand will eine Stunde an der Kasse anstehe, wenn der Zoo in zweieinhalb Stunden schließt. Naja, immerhin schon wieder eineinhalbanderthalb Stunden rum.
Also nochmal Lesen im Hotelzimmer. Nein, sitzen mit Blick aufs Meer wird nicht langweilig, aber trotzdem …

Als der Regen abends aufhörte, waren wir dann nochmal in der Stadt, aßen den letzten Burger am Kanal und fuhren dann noch einmal zum Strand im Norden raus, um uns vom Meer zu verabschieden.

23.7.2019 – Heimfahrt

Ereignislos. Wir haben schon letztes Jahr entdeckt, dass sich lange Autofahrten echt besser rumkriegen lassen, wenn man dabei kluge Podcasts hört. Als sehr geeignet haben wir auf dieser Fahrt den Podcast „Alles gesagt“ der Zeit kennen gelernt. Da zB das Gespräch mit Jana Hensel über sechs Stunden dauert, brauchten wir nicht immer wieder lästig nach Neuem suchen, sondern hörten einfach die ganze Fahrt über eine einzige Folge. Außerdem empfiehlt sich ein Tempomat mit Abstandhalter, dann kann man mit 130 oder 140 sehr entspannt fahren.

Schon in der ersten deutschen Tankstelle hatte ich die dänische Freundlichkeit vermisst und zu Hause angekommen bemerkte ich endgültig ein Problem …

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… aber das ist wohl keins, was sich in den nächsten Tagen lösen lassen wird.

Aarhus 2019 Teil 2

19.7.2019 – Moesgaard Museum, Dokk1, ein bisschen Frieden (II)

Nachmittags besuchten wir das Dokk1, die recht neue Bibliothek am alten Hafenbecken.

Von außen hatten wir uns den beeindruckenden Bau schon letztes Jahr angesehen und uns daran gefreut, dass man gut über den Hafen schauen konnte. Auch die vielen Kinderspielplätze und Sitzgelegenheiten auf der Galerie hatten wir schon angemessen bejubelt – aber reingehen? Wieso?
Viele Bücher halt – und leise sein, so dachten wir.
Dann erzählte uns unser Aarhus-Tippgeber Anfang des Jahres, dass sie da ja immer mit den Kindern zum Spielen hingehen würden und das warf unsere Vorstellungen etwas durcheinander – und: Meine Fresse bin ich froh, dass wir reingegangen sind.

Einmal ist die Architektur überraschenderweise auch drinnen ziemlich geil.
Aber viel beeindruckender fanden wir, wie die Bücherei angelegt und genutzt wird. Kommt man rein, stößt man zuerst auf viel, viel Platz. Dann auf gemütliche, wohnzimmerähnliche Räume, die sich zwischen (scheinbar überraschend wenigen) Bücherregalen auftuen. „Scheinbar“ nur, weil die schiere Größe des Baus das wieder wett macht. Die haben schon genug Bücher da.
Hinten in der Ecke ein Lesesaal, der einzige Ort wo wir ein „Psssst“-Symbol sahen. Ein großes Treppen-/Rampenhaus* zum ersten Stock, das gleichzeitig Ausstellungsfläche ist. Oben dann zuerst ein Spielfläche für Kinder und dahinter wieder: Viel offener Raum, genannt „the view“. Sehr passend gewählt.
In der Mitte hängt die größte Tubular Bell der Welt, die jedes mal läutet, wenn im Krankenhaus ein Kind geboren wird. Ich bin sehr in Liebe darob.
An die Spielflächen anschließend die Kinderbücherei – auch hier wieder so, dass sich Bücher und Spiel-, Lese- und Rückzugsräume für Kinder abwechseln. Dahinter noch ein Kleinkinderspiel- und Toberaum (mit Buggyparkplatz davor!).
Um die Ecke Arbeitsplätze, beeindruckend sauber akustisch vom Kinderspielplatz getrennt und offensichtlich viel und gern von Studierenden genutzt. (Hatte ich erwähnt, dass in der ganzen Stadt LTE bis auf den letzten Steg selbstverständlich und meist freies WLAN voll normal ist? Hier auch, klar.)
Als wir am großen Café vorbei wieder runter kamen entdeckten wir dann auch endlich noch einen „normalen“ Bibliotheksteil – natürlich wieder mit vielen Arbeitsplätzen. Und mittendrin, vermutlich, damit das alles nicht zu ernst wird, eine Ecke mit Liegestühlen, iPads mit Kopfhörern, Tourplakaten drumrum und dem kompletten Back-Katalog der „Gaffa“, des größten dänischen Musikmagazins.

*) Das ist „Universal Design!“ rief die Liebste begeistert und ich lernte, dass man so Gestaltung nennt, die barrierefrei ist, ohne dass die Barrierefreiheit „drangebaut“ wird, sondern die „Produkte, Geräte, Umgebungen und Systeme derart gestaltet, dass sie für so viele Menschen wie möglich ohne weitere Anpassung oder Spezialisierung nutzbar sind“ (Wikipedia) Hier ein anderes Beispiel.

(Ich mache ja immer noch die Teile kursiv, die mich diese Stadt lieben lassen und dieses wunderbare Kinder- und Familienfreundliche, natürlich barrierefreie Konzept, in dem man sich wohlwühlen und aufhalten kann und nicht leise sein muss oder vor Ehrfurcht vor der Literatur erstarren soll, das hätte ich eigentlich komplett kursiv setzen müssen. Es sind so viele liebevolle Detais, es haut mich nur um.)

Abends beschlossen wir dann noch, uns mal einen anderen Strand als den vorm Hotel anzusehen und ich bin im Alltag ja eher so getrieben und unruhig aber da war Friede. Da haben wir dann zwei Stunden auf dem Steg gesessen und auf die Wellen geschaut. Das war gut.

20.7.2019 – Aros, Pause, Essen

Aros ist zum einen der alte Name der Stadt und zum anderen ein Kunstmuseum mitten in der Stadt. Auch hier wieder: Mutige Architektur und beeindruckende Ausstellungen. Außerdem obendrauf der Rainbow-Walk, der von vielen Seiten der Stadt aus gesehen das Pnorama bestimmt.
Wir waren letztes Jahr und auch im Februar schon da und haben diesmal nur die aktuelle Sonderausstellung Art & Porn sowie das bis jetzt noch ungesehene Kellergeschoss mit Installationen angeschaut.
Erstere war vor allem interessant weil ich im Urlaub „Untenrum frei“ von Margarete Stokowski las und ich gerade meinen Blick auf die Ausstellungsstücke, die während der sog. sexuellen Revolution entstanden waren, mit dem Gelesenen ständig abglichen.
Lustig fand ich: Vom Treppenhaus bis zum Eingang in die Abteilung fanden sich nicht weniger als fünf Hinweise, dass die Ausstellung für „children not suitable“ ist. An der Tür stand in ca 1m großen Buchstaben „Porn“. Im ersten Raum wurde man von einer Videowand mit einem Mosaik aus tausenden 10x10cm großen Pornofilm-Szenen begrüßt (ich habe mich da mal in die Projektion reingetellt, fürs Bild hier im Blog das ganze aber ein bisschen geblurred). Und im zweiten Raum standen einige … äh … Gestelle für Happenings, die man – so man denn mag – aus dem BDSM-Bereich kennen könnte.
Und wir erlebten mehrfach, dass es lustig plaudernde Familien mit Kindern bis in diesen zweiten Raum schafften; erst dort erschraken die Erwachsenen dann und drehten hektisch, die Kinder mit sich ziehend, auf dem Absatz rum.
Wie gesagt: Es gab vorher durchaus sichtbare Zeichen und ich weiß nicht, ob die alle halbblind waren oder ihren Kindern einfach erstmal ’ne Menge zutrauten.

Die Installationen haben einfach Spaß gemacht, vor allem ein paar Räume mit gegenüber liegenden Spiegeln (ich bin simpel, ich mag sowas) und ein Raum mit einer Lichtinstallation, die irgendwie den Raum unendlich erweiterte ohne dass wir begriffen, wo jetzt wirklich Raum und wo nur Licht war. Schwer zu beschreiben aber sehr beeindruckend.
So wie auch immer wieder der Rainbow-Walk auf dem Dach.

Nachmittags je nach Vorliebe Einkaufsbummel oder Lesen mit Blick aufs Kattegat. Ichmöchte gerne immer ein Zimmer haben, wo ich das Meer höre, wenn ich das Fenster aufmache.

Abends dann – wieder mal auf Empfehlung – dann ein Besuch in der Street Food Halle. Viel zu Essen, viele Auswahl, gutes Essen, viele Menschen. Wirklich viele Menschen.

Liebes 30-jähriges ich: Du wirst 2019 in einem Hotel sitzen und das Hotel wird ein WLAN haben, mit dem Du selbstverständlich Fernsehen flüssig streamen kannst. Und Du wirst zu Hause einen Internetanschluss haben der schnell genug ist, dass dieser Stream erst durch dein VPN zu Hause läuft. Es wird alles besser.

Morgen geht’s weiter.

24.7.2019 – Ups (Aarhus 2019 Teil 1)

Da hat man mal irgendwie ein paar Tage kurz den Kopf woanders, fährt dann noch ein paar Tage kurz woanders hin, da ist hier zwei Wochen Funkstille. Ups.
Vorschlag: Ich hol wenigstens den Urlaub nach; ich hatte da zwar keine Lust zu bloggen aber ein paar Bilder gibts ja schon und vielleicht hat ja auch mal wer Lust nach Aarhus zu fahren und freut sich über Tipps.
Ok?

17.7.2019 – Anreise

Ich war ja jetzt schon das vierte, wir beide zusammen das dritte Mal in der Stadt am Kattegat und so haben wir die Anreise inzwischen perfektioniert. Wir wissen, wann wo Stau ist, wann wir ohne eben jenen durch den Elbtunnel kommen; wir wissen, dass wirich nach acht Stunden Fahrt abends zu platt und hangry sindbin um noch Essen zu jagen und deswegen hat die weltbeste Liebste das weltbeste Picknick gemacht und zu dem Tag ist zu sagen: Wir sind hochgefahren, je flacher es wurde, desto froher wurde ich und dann haben wir noch im Hotel gesessen und aufs Kattegat geschaut und geschlafen und gelesen und dann irgendwann geschlafen.
Wir waren wieder im gleichen Hotel* – der Grund ist einfach: Vor dem Fenster sind noch 20m Rasen und dann etwas Sand und dann dieser Blick.
*) Sieht riesig aus, man begegnet den Massen aber seltenst.

18.7.2019 – Hafen, Pause, Burger

Erstmal in die Stadt fahren. Aarhus ist die zweitgrößte Stadt Dänemarks, aber zum einen heißt das bei Dänemark nicht so viel (wir sprechen über ~280.000 Menschen) und zum anderen gibt’s einen sehr hübschen Stadtkern und dann noch einige Stadtteile drumrum, die aber teils wieder eigene Stadtteilzentren haben, so dass das eigentliche Zentrum echt überschaubar ist. Trotzdem: Die Stadt ist nicht auf den ersten Blick klassisch schön oder gar niedlich. Die Schönheit ist etwas sperrig und offenbart sich zum einen, wenn man moderne skandinavische Architektur mag.
Und vor allem, wenn man sieht und versteht, wie die Stadt angelegt ist – und darüber begreift, wie Dänen so drauf sind: Überall gibt es Platz für alle. Spielplätze, Bänke with a view, genügend Raum für alle und für kein, zwei oder vier Räder. Man merkt, dass die Menschen hier Wert darauf legen, miteinander zu leben. (Ich werde die Dinge die ich meine im weiteren Text mal kursiv setzen, so erzählt sichs leichter)

Der Hafen wird aktuell heftig gestrukturwandelt und wir liefen ein bisschen in den neuen und den zukünftigen neuen Gebieten herum und setzten uns dann an ein ins alte Hafenbecken hineingebaute kostenloses Freibad, das an einem Surfer-/wannabe Cafe Del Mar-Steg liegt.

Vor einer (noch)Brache ein Schild (sinngemäß): Liebe Autofahrer, hier entsteht bald ein Ort für Feiern und Kultur, Musik und Tanz. Bis es soweit ist, dürfen Sie aber gern hier parken.

Den Nachmittag verbrachten wir – abhängig von Sonnenhungrigkeit und Schlafmangel – am Strand bzw im Bett und abends waren wir im Café Gaya, einem etwas hippiesken aber superfreundlichen, gemütlichen Café mit den geilsten økologisk Burgern. Das Café liegt in einem Hinterhof und wir hätten es nie gefunden, wenn wir nicht zum Glück ein paar Menschen aus Aarhus kennen würden, die uns mit Tipps versorgt hatten.

19.7.2019 – Moesgaard Museum, Dokk1, ein bisschen Frieden (I)

Am nächsten Tag fuhren wir zehn Minuten aus der Stadt raus, ins Moesgaard Museum. Das ist zum einen ein Naturkundemuseum und zum anderen kaum zu beschreiben, weil es so beeindruckend ist.
Da ist zum einen die Architektur: Das Museum liegt wie ein fallengelassener Quader aus Glas und Stein in einer Düne; unten geht das Dach des Quaders bis zum Boden und man kann auf das grasbewachsene Dach drauf. Und hat dann oben einen ziemlichen Rundblick.

(Größenvergleich: Sowohl oben links auf dem Dach als auch auf der Brücke zum Eingang links stehen Menschen)

Ausstellungen in Naturkundemuseen bestehen ja normalerweise aus mehr oder weniger hübsche Vitrinen mit mehr oder weniger sinnvollen Texte und Infografiken. Hier wird das komplett anders gemacht: Die eher kleinen, dafür aber vielen Räume, die man auf seinen Rundgängen durchläuft sind immer eigene kleine Welten. Dabei sind Licht, Ton, Videos, Animationen, Spiele, VR-Filme und die Ausstellungsstücke so kombiniert, dass man wirklich sehr tief in die jeweilige Atmosphäre eintaucht. Und zum Beispiel ein Wikinger-Bauernhaus mit knisterndem Feuer und niedriger Decke verlässt und zwei Schritte später in einer hohen, kalten Klosterkirche steht und die singenden Mönche durcheilen hört.
Oder man steht in einer Schlacht um eine Insel. Oder in einer Animation, die die Besiedlung nach der letzten Eiszeit zeigt. Oder, oder oder …
(Man kann das alles überhaupt nicht fotografieren; nichts von dieser Atmosphäre kommt rüber.)

Eine Abteilung ist sogar so angelegt, dass man sich am Anfang entscheiden muss, ob man sie aus der Sicht eine Kriegers, einer Stammesfürstin, eines Kindes oder einer von weiteren drei Personen erleben möchte – und dann bekommt man alle Erläuterungen aus der Sicht der gewählten Person erzählt. Ja, man verpasst dabei die anderen Personen, aber ich finde es super und die Eindrücklichkeit, mit der das dann passiert, die zählt für mich mehr als das „komplette“ Wissen (ich habe fürs Techniktagebuch schon ausführlicher darüber geschrieben)

Die Architektur ist auch drinnen der Hammer und irgendwann stoßen wir auf ein Schild „Need a brake?“; wir öffnen die Tür und vermuten einen kleinen Pausenraum dahinter. Und dann müsen wir sehr lachen, denn „Pausenraum“ stimmt schon – aber „klein“ nicht wirklich.

Wir hatten das Museum schon letzten Sommer besucht und dann aus information-overflow-Gründen nach der Hälfte aufgegeben. Jetzt haben wir insgesamt immerhin einmal alle Räume geschafft und ich denke, wenn wir nochmal hinfahren, können wir sagen: Wir haben das Museum gesehen.

Das Museum hat für seine Arbeit drei Michelin-Sterne bekommen; es ist also nicht nur „einen Besuch“ oder „einen Umweg“, sondern sogar „eine Reise wert“. Ich mag mich da anschließen.

Nachdem ich ja doch viel mehr schreibe als ich erst dachte: Ich mach morgen weiter, ok?

12.7.2019 – Schule | keine Schule

Bei Maximilian – der da noch drüber nachdenken möchte (oder muss?) – stieß ich auf einen Artikel darüber, wie schwer es für Eltern ist, täglich mit ihren Kindern Hausaufgaben zu machen. Der streift erst kurz mögliche Gründe …:

Dazu kommt eine Schulkultur, in der inzwischen einfach davon ausgegangen wird, dass wir Eltern uns kümmern. Immer mehr Schulstoff in weniger Jahren und zu wenig Lehrer – da werden Eltern zum verlängerten Arm der Schule.

Und dann viel trauriges vor allem darüber wie die ständige Arbeit das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern natürlich total versaut:

Es gab oft Streit beim Lernen und Geschrei. Man gefährdet den Familienfrieden, vermasselt sich das Verhältnis zu seinen Kindern […]
Wir Eltern sollten aufhören, uns gegenseitig kirre zu machen mit dem höher, schneller, weiter und immer noch ein bisschen elitärer. Damit drehen wir mit an der Spirale, unter der wir alle leiden.

Wer annähernd so alt ist wie ich und keine Kinder hat wird vermutlich auch denken: „Das gab’s ja früher auch nicht“. Bei uns wurde höchstens mal kontrolliert, ob die Hausaufgaben gemacht wurden, aber nicht was. Und erst Recht nicht zusammen und wenn wir etwas nicht verstanden hatten, dann sollten wir halt am nächsten Tag nachfragen.
Aber warum der Wahn?

Schularten jenseits des Gymnasiums wurden entwertet […]
viele von uns Müttern und Vätern [mussten] einiges auf sich nehmen […], um dahin zu kommen, wo sie heute sind.
Sie sind vielleicht Abteilungsleiter oder Webdesigner oder Ingenieur – und haben eben keine Höfe, Handwerksbetriebe oder Unternehmen zu vererben, sondern Bildung.

(alle): rundschau-online.de: „Wir müssen noch Mathe machen“ Wie Eltern zu Hilfslehrern werden und dabei verzweifeln

Da ich ja nun immerhin mal Lehramt studiert habe und über Bande auch heute noch dieses ganze Schulsystem und alle seine Freuden und Leiden mitbekomme, habe ich das mit großem Interesse gelesen.

Gleichzeitig plingten mir beim Lesen ständig auch kleine Geschichten in den Kopf, die sich irgendwie an das Gelesene andocken, irgendwie einfügen wollten:

  • die „lustigen“ Geschichten in den ersten Wochen einer neuen ersten Klasse, wenn alle ständig dahinter her sein müssen dass alle Kinder da sind, weil die halbe Klasse nicht im Ansatz eine Idee davon hat, dass sie wirklich da bleiben müssen
  • … und auch morgen und übermorgen wieder kommen müssen
  • … und das alles etwas schwierig ist, weil die Autorität einer Lehrerin den Kindern nichts bedeutet
  • … oder die Kinder baff erstaut sind, dass ihnen mal jemand ein „Nein“ sagt und das dann auch „Nein“ bedeutet.
  • die Kinder die offensichtlich noch nie im Leben darauf warten mussten, dass jemand etwas anderes zu Ende macht, bevor er sich ihnen zuwendet
  • die Kinder, die einfach nicht wissen, dass man Dinge nicht zerstört, wenn sie im Weg sind, die nicht wissen, dass man andere nicht schubst, schlägt.
  • die Tage, wo die Liebste später kommt, weil sie mit einem Kind noch den Tornister aufräumen musste

Ich will die Liste gar nicht bewerten – auch wenn sie natürlich ehrlich gesagt eine ist, die meinen Werten widerspricht. Versuche ich aber die Sichtweise zu ändern, dann kommt da eben eine Generation Kinder in die Schule, die schon vor der Schule starke kleine Persönlichkeiten sind, die nicht automatisch an jede Regel und jede Autorität glauben. Beide Perspektiven gehen.

Es soll aber überhaupt nicht um eine Wertung gehen – denn wenn man auf die Wertung und auf Schuldzuweisungen verzichtet kann man erst mal ganz neutral feststellen: Die Schule, wie sie einmal war, ist nicht auf solche Aufgaben eingestellt. Die braucht – und so sehr ich an offene Unterrichtsformen glaube, die die Kinder in Selbstverantwortung lernen lässt – ein gewisses Maß an gemeinsamen Regeln. Und braucht Kinder, die zumindest wissen, dass es gelegentlich Regeln für ein Miteinander gibt.

Aber beides – sowohl die Verlagerung von Lernzeit an die Eltern als auch die Verlagerung von Erziehungsaufgaben an die Schule – ist erstmal einfach nur eine Veränderung.
(Und eigentlich auch eine logische: Es gibt halt morgens nur eine bestimmte Zahl von Stunden in der Schule und wenn da die Aufgaben mehr werden, dann fliegt halt vom bisherigen Inhalt raus. Man kann ja auch volle Wassergläser nicht weiter füllen, ohne dass was raus fließt.)

Anke Willers findet das anstrengend und nicht gut für den Familienfrieden – das ist logisch und verständlich.
Die meisten Lehrerinnen die ich kenne, finden das anstrengend und würden auch lieber MatheDeutschSachkunde machen als grundsätzliche Erziehnungsaufgaben zu lösen.

Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich sehe da einen Zusammenhang – painted in red letters on the wall. Übrigens wieder mal keinen, der sich mit Schuldzuweisungen lösen lässt.

Um noch schnell einen Bogen auf die Tagebuchblog-Ebene zu bekommen. Hier haben heute die Schulferien angefangen und wir feiern das hart.

Und – apropos „feiern“ – heute Abend feiern alle, die beim Großen Dinggang (Sie erinnern sich?) dabei waren noch einmal zusammen. Ich bin gespannt – ich schrieb ja schon einmal darüber wie seltsam es ist, nach einer Inszenierung später wieder aufeinander zu treffen.

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