Aarhus 2019 Teil 2

19.7.2019 – Moesgaard Museum, Dokk1, ein bisschen Frieden (II)

Nachmittags besuchten wir das Dokk1, die recht neue Bibliothek am alten Hafenbecken.

Von außen hatten wir uns den beeindruckenden Bau schon letztes Jahr angesehen und uns daran gefreut, dass man gut über den Hafen schauen konnte. Auch die vielen Kinderspielplätze und Sitzgelegenheiten auf der Galerie hatten wir schon angemessen bejubelt – aber reingehen? Wieso?
Viele Bücher halt – und leise sein, so dachten wir.
Dann erzählte uns unser Aarhus-Tippgeber Anfang des Jahres, dass sie da ja immer mit den Kindern zum Spielen hingehen würden und das warf unsere Vorstellungen etwas durcheinander – und: Meine Fresse bin ich froh, dass wir reingegangen sind.

Einmal ist die Architektur überraschenderweise auch drinnen ziemlich geil.
Aber viel beeindruckender fanden wir, wie die Bücherei angelegt und genutzt wird. Kommt man rein, stößt man zuerst auf viel, viel Platz. Dann auf gemütliche, wohnzimmerähnliche Räume, die sich zwischen (scheinbar überraschend wenigen) Bücherregalen auftuen. „Scheinbar“ nur, weil die schiere Größe des Baus das wieder wett macht. Die haben schon genug Bücher da.
Hinten in der Ecke ein Lesesaal, der einzige Ort wo wir ein „Psssst“-Symbol sahen. Ein großes Treppen-/Rampenhaus* zum ersten Stock, das gleichzeitig Ausstellungsfläche ist. Oben dann zuerst ein Spielfläche für Kinder und dahinter wieder: Viel offener Raum, genannt „the view“. Sehr passend gewählt.
In der Mitte hängt die größte Tubular Bell der Welt, die jedes mal läutet, wenn im Krankenhaus ein Kind geboren wird. Ich bin sehr in Liebe darob.
An die Spielflächen anschließend die Kinderbücherei – auch hier wieder so, dass sich Bücher und Spiel-, Lese- und Rückzugsräume für Kinder abwechseln. Dahinter noch ein Kleinkinderspiel- und Toberaum (mit Buggyparkplatz davor!).
Um die Ecke Arbeitsplätze, beeindruckend sauber akustisch vom Kinderspielplatz getrennt und offensichtlich viel und gern von Studierenden genutzt. (Hatte ich erwähnt, dass in der ganzen Stadt LTE bis auf den letzten Steg selbstverständlich und meist freies WLAN voll normal ist? Hier auch, klar.)
Als wir am großen Café vorbei wieder runter kamen entdeckten wir dann auch endlich noch einen „normalen“ Bibliotheksteil – natürlich wieder mit vielen Arbeitsplätzen. Und mittendrin, vermutlich, damit das alles nicht zu ernst wird, eine Ecke mit Liegestühlen, iPads mit Kopfhörern, Tourplakaten drumrum und dem kompletten Back-Katalog der „Gaffa“, des größten dänischen Musikmagazins.

*) Das ist „Universal Design!“ rief die Liebste begeistert und ich lernte, dass man so Gestaltung nennt, die barrierefrei ist, ohne dass die Barrierefreiheit „drangebaut“ wird, sondern die „Produkte, Geräte, Umgebungen und Systeme derart gestaltet, dass sie für so viele Menschen wie möglich ohne weitere Anpassung oder Spezialisierung nutzbar sind“ (Wikipedia) Hier ein anderes Beispiel.

(Ich mache ja immer noch die Teile kursiv, die mich diese Stadt lieben lassen und dieses wunderbare Kinder- und Familienfreundliche, natürlich barrierefreie Konzept, in dem man sich wohlwühlen und aufhalten kann und nicht leise sein muss oder vor Ehrfurcht vor der Literatur erstarren soll, das hätte ich eigentlich komplett kursiv setzen müssen. Es sind so viele liebevolle Detais, es haut mich nur um.)

Abends beschlossen wir dann noch, uns mal einen anderen Strand als den vorm Hotel anzusehen und ich bin im Alltag ja eher so getrieben und unruhig aber da war Friede. Da haben wir dann zwei Stunden auf dem Steg gesessen und auf die Wellen geschaut. Das war gut.

20.7.2019 – Aros, Pause, Essen

Aros ist zum einen der alte Name der Stadt und zum anderen ein Kunstmuseum mitten in der Stadt. Auch hier wieder: Mutige Architektur und beeindruckende Ausstellungen. Außerdem obendrauf der Rainbow-Walk, der von vielen Seiten der Stadt aus gesehen das Pnorama bestimmt.
Wir waren letztes Jahr und auch im Februar schon da und haben diesmal nur die aktuelle Sonderausstellung Art & Porn sowie das bis jetzt noch ungesehene Kellergeschoss mit Installationen angeschaut.
Erstere war vor allem interessant weil ich im Urlaub „Untenrum frei“ von Margarete Stokowski las und ich gerade meinen Blick auf die Ausstellungsstücke, die während der sog. sexuellen Revolution entstanden waren, mit dem Gelesenen ständig abglichen.
Lustig fand ich: Vom Treppenhaus bis zum Eingang in die Abteilung fanden sich nicht weniger als fünf Hinweise, dass die Ausstellung für „children not suitable“ ist. An der Tür stand in ca 1m großen Buchstaben „Porn“. Im ersten Raum wurde man von einer Videowand mit einem Mosaik aus tausenden 10x10cm großen Pornofilm-Szenen begrüßt (ich habe mich da mal in die Projektion reingetellt, fürs Bild hier im Blog das ganze aber ein bisschen geblurred). Und im zweiten Raum standen einige … äh … Gestelle für Happenings, die man – so man denn mag – aus dem BDSM-Bereich kennen könnte.
Und wir erlebten mehrfach, dass es lustig plaudernde Familien mit Kindern bis in diesen zweiten Raum schafften; erst dort erschraken die Erwachsenen dann und drehten hektisch, die Kinder mit sich ziehend, auf dem Absatz rum.
Wie gesagt: Es gab vorher durchaus sichtbare Zeichen und ich weiß nicht, ob die alle halbblind waren oder ihren Kindern einfach erstmal ’ne Menge zutrauten.

Die Installationen haben einfach Spaß gemacht, vor allem ein paar Räume mit gegenüber liegenden Spiegeln (ich bin simpel, ich mag sowas) und ein Raum mit einer Lichtinstallation, die irgendwie den Raum unendlich erweiterte ohne dass wir begriffen, wo jetzt wirklich Raum und wo nur Licht war. Schwer zu beschreiben aber sehr beeindruckend.
So wie auch immer wieder der Rainbow-Walk auf dem Dach.

Nachmittags je nach Vorliebe Einkaufsbummel oder Lesen mit Blick aufs Kattegat. Ichmöchte gerne immer ein Zimmer haben, wo ich das Meer höre, wenn ich das Fenster aufmache.

Abends dann – wieder mal auf Empfehlung – dann ein Besuch in der Street Food Halle. Viel zu Essen, viele Auswahl, gutes Essen, viele Menschen. Wirklich viele Menschen.

Liebes 30-jähriges ich: Du wirst 2019 in einem Hotel sitzen und das Hotel wird ein WLAN haben, mit dem Du selbstverständlich Fernsehen flüssig streamen kannst. Und Du wirst zu Hause einen Internetanschluss haben der schnell genug ist, dass dieser Stream erst durch dein VPN zu Hause läuft. Es wird alles besser.

Morgen geht’s weiter.

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