Bei Maximilian – der da noch drüber nachdenken möchte (oder muss?) – stieß ich auf einen Artikel darüber, wie schwer es für Eltern ist, täglich mit ihren Kindern Hausaufgaben zu machen. Der streift erst kurz mögliche Gründe …:
Dazu kommt eine Schulkultur, in der inzwischen einfach davon ausgegangen wird, dass wir Eltern uns kümmern. Immer mehr Schulstoff in weniger Jahren und zu wenig Lehrer – da werden Eltern zum verlängerten Arm der Schule.
Und dann viel trauriges vor allem darüber wie die ständige Arbeit das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern natürlich total versaut:
Es gab oft Streit beim Lernen und Geschrei. Man gefährdet den Familienfrieden, vermasselt sich das Verhältnis zu seinen Kindern […]
Wir Eltern sollten aufhören, uns gegenseitig kirre zu machen mit dem höher, schneller, weiter und immer noch ein bisschen elitärer. Damit drehen wir mit an der Spirale, unter der wir alle leiden.
Wer annähernd so alt ist wie ich und keine Kinder hat wird vermutlich auch denken: „Das gab’s ja früher auch nicht“. Bei uns wurde höchstens mal kontrolliert, ob die Hausaufgaben gemacht wurden, aber nicht was. Und erst Recht nicht zusammen und wenn wir etwas nicht verstanden hatten, dann sollten wir halt am nächsten Tag nachfragen.
Aber warum der Wahn?
Schularten jenseits des Gymnasiums wurden entwertet […]
(alle): rundschau-online.de: „Wir müssen noch Mathe machen“ Wie Eltern zu Hilfslehrern werden und dabei verzweifeln
viele von uns Müttern und Vätern [mussten] einiges auf sich nehmen […], um dahin zu kommen, wo sie heute sind.
Sie sind vielleicht Abteilungsleiter oder Webdesigner oder Ingenieur – und haben eben keine Höfe, Handwerksbetriebe oder Unternehmen zu vererben, sondern Bildung.
Da ich ja nun immerhin mal Lehramt studiert habe und über Bande auch heute noch dieses ganze Schulsystem und alle seine Freuden und Leiden mitbekomme, habe ich das mit großem Interesse gelesen.
Gleichzeitig plingten mir beim Lesen ständig auch kleine Geschichten in den Kopf, die sich irgendwie an das Gelesene andocken, irgendwie einfügen wollten:
- die „lustigen“ Geschichten in den ersten Wochen einer neuen ersten Klasse, wenn alle ständig dahinter her sein müssen dass alle Kinder da sind, weil die halbe Klasse nicht im Ansatz eine Idee davon hat, dass sie wirklich da bleiben müssen
- … und auch morgen und übermorgen wieder kommen müssen
- … und das alles etwas schwierig ist, weil die Autorität einer Lehrerin den Kindern nichts bedeutet
- … oder die Kinder baff erstaut sind, dass ihnen mal jemand ein „Nein“ sagt und das dann auch „Nein“ bedeutet.
- die Kinder die offensichtlich noch nie im Leben darauf warten mussten, dass jemand etwas anderes zu Ende macht, bevor er sich ihnen zuwendet
- die Kinder, die einfach nicht wissen, dass man Dinge nicht zerstört, wenn sie im Weg sind, die nicht wissen, dass man andere nicht schubst, schlägt.
- die Tage, wo die Liebste später kommt, weil sie mit einem Kind noch den Tornister aufräumen musste
Ich will die Liste gar nicht bewerten – auch wenn sie natürlich ehrlich gesagt eine ist, die meinen Werten widerspricht. Versuche ich aber die Sichtweise zu ändern, dann kommt da eben eine Generation Kinder in die Schule, die schon vor der Schule starke kleine Persönlichkeiten sind, die nicht automatisch an jede Regel und jede Autorität glauben. Beide Perspektiven gehen.
Es soll aber überhaupt nicht um eine Wertung gehen – denn wenn man auf die Wertung und auf Schuldzuweisungen verzichtet kann man erst mal ganz neutral feststellen: Die Schule, wie sie einmal war, ist nicht auf solche Aufgaben eingestellt. Die braucht – und so sehr ich an offene Unterrichtsformen glaube, die die Kinder in Selbstverantwortung lernen lässt – ein gewisses Maß an gemeinsamen Regeln. Und braucht Kinder, die zumindest wissen, dass es gelegentlich Regeln für ein Miteinander gibt.
Aber beides – sowohl die Verlagerung von Lernzeit an die Eltern als auch die Verlagerung von Erziehungsaufgaben an die Schule – ist erstmal einfach nur eine Veränderung.
(Und eigentlich auch eine logische: Es gibt halt morgens nur eine bestimmte Zahl von Stunden in der Schule und wenn da die Aufgaben mehr werden, dann fliegt halt vom bisherigen Inhalt raus. Man kann ja auch volle Wassergläser nicht weiter füllen, ohne dass was raus fließt.)
Anke Willers findet das anstrengend und nicht gut für den Familienfrieden – das ist logisch und verständlich.
Die meisten Lehrerinnen die ich kenne, finden das anstrengend und würden auch lieber MatheDeutschSachkunde machen als grundsätzliche Erziehnungsaufgaben zu lösen.
Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich sehe da einen Zusammenhang – painted in red letters on the wall. Übrigens wieder mal keinen, der sich mit Schuldzuweisungen lösen lässt.
Um noch schnell einen Bogen auf die Tagebuchblog-Ebene zu bekommen. Hier haben heute die Schulferien angefangen und wir feiern das hart.
Und – apropos „feiern“ – heute Abend feiern alle, die beim Großen Dinggang (Sie erinnern sich?) dabei waren noch einmal zusammen. Ich bin gespannt – ich schrieb ja schon einmal darüber wie seltsam es ist, nach einer Inszenierung später wieder aufeinander zu treffen.
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