Das Wochenende war hauptsächlich gefüllt mit einer ebenso eigenartigen wie anstrengenden Stimmung. Die erste Woche meiner Sommerferien ist rum, der Ausflug nach München war zwar im Ergebnis wunderschön, aber auch sehr anstrengend. Vorher, währenddessen und nachher auch. Aus Gründen, die viel mit einer na-Gott-Sei-Dank-ist-das-vorbei-Pandemie und meiner Arbeitsfähigkeit zu tun haben, muss ich in der zweiten Woche „schon ein bisschen etwas“ fürs Büro tun und naja, das torpediert dieses Entspannungsdings überraschend nachhaltig.
Wir waren am See, wir waren im Kino*, wir waren im Ikea und haben einen Bilderrahmen für ein Foto geholt, das unsere Freundinnen-Wand sehr schmücken wird; wir haben oft kleine Lego-Figuren herumlaufen lassen und weiter TNG gebinged, wir tranken Kaffee – und trotzdem blieb da viel Unruhe im Hinterkopf.
*) Im Kino sahen wir den aktuellen Aufguss von „Indiana Jones“ und ich sags mal ganz höflich – so ca ab der fünften Minute fühlte ich mich persönlich beleidigt.
Heute morgen dann eine erste Runde am Schreibtisch und die Liebste, die mich body-doubelte meinte, ich hätte die erste Viertelstunde nur in wechselnden Abständen „Fuck“ gesagt. Wie das halt so ist, wenn gleich zu beginn alles schiefgeht, was so schief gehen kann. Es ging dann aufwärts und vielleicht klappt das mit der Work-Holiday-Balance doch in dieser Woche.
Abends dann ein bisschen schlechte Nachrichten aus dem Freundeskreis; insgesamt ist da noch ’ne Menge Luft nach oben für diese Ferien.
Aber ich brachte Ihnen ein bisschen …
Zeugs
Schon mal Solastalgie gehört? Oder sogar gefühlt? Ich stieß auf den Begriff und konnte mich da sehr gut drin wieder finden:
Solastalgie ist der Schmerz über die Trostlosigkeit, die wir empfinden, wenn wir merken, dass die Natur, die uns von Kindheit an begleitet hat, nicht mehr da ist, krank ist und sich auch nicht mehr regenerieren kann.
Eckart von Hirschhausen im Podcast „Peter und der Wald“ 10/2022, zitiert im Artikel
Solastalgie – Wenn Umweltveränderungen die Seele belasten von Ute Kranz auf bravebird.de
und weiter:
[…] bringt gleichermaßen multiple Herausforderungen und damit auch eine seelische Belastung mit sich: Ohnmacht, Trauer um Verluste, Isolation, Zukunftsängste, Schuldgefühle und schlechtes Gewissen
Thematisch direkt dabei: Die Zukunftsangst. Rebecca Kelber von den Krautreportern hat aufgeschrieben, „Was Mut macht, wenn die nächste Katastrophe verkündet wird“:
Immer wieder fürchteten sich Millionen Menschen vor einem Unglück, das dann doch ausblieb. Ich habe mir fünf solcher Szenarien angesehen – und wie sie helfen können, mit Zukunftsangst umzugehen
Rebecca Kelber auf krautreporter.de:
Was Mut macht, wenn die nächste Katastrophe verkündet wird
Besonders lebhaft sind meine eigenen Erinnerungen an den Y2K-Bug Ende 1999. Während mein Freundeskreis 1999 von Prince rauf und runterhörte und die megagroße Silvesterfeier vorbereitete, rief hin und wieder jemand an und bat mich vorbei zu kommen – ich hätte doch sicher da etwas vorbereitet für seinen Computer. Ja, hatte ich – auf einer Diskette, by the way.
Ab Anfang Januar kumpelte mich dann jeder an, es sei ja wohl doch alles nicht so schlimm gewesen, also auf seinem Computer liefe ja alles wie gewohnt. „Ja, ich hab ja auch den Fix eingespielt“, erinnerte ich. Irritierter Blick: „Ach ja.“
Das war faszinierend.
Zurück zum Kino, da läuft ja gerade „Oppenheimer“. Keine Ahnung, wie das bei Ihnen ist, aber ich hab in der Oberstufe „In der Sache J. Robert Oppenheimer“ gelesen und wir haben damals viel über Moral gesprochen. So wie ich die Inhaltszusammenfassung in der Wikipedia lese, gehts da wohl zuerst um die Biografie Oppenheimers – wie sehr man sich weiter gehende Gedanken selbst machen muss oder dazu angeregt wird, steht da nicht. Aber darüber hinaus stieß ich jetzt auf einen kleinen Thread auf Instagram, in dem ich mal wieder auf eine Geschichte hinter der Geschichte aufmerksam gemacht wurde. Tja, Geschichte, sogar die bei der man sich mal moralische Gedanken machen kann wird halt erstmal von Weißen geschrieben:
[The test area] was inhabited by Hispanos. They were given 24 hr to leave. Their farms bulldozed.
soledadobrien auf Instagram
For something completely different: Wenn Sie auf mastodon unterwegs sind, haben Sie beim Posten eines Bildes vermutlich schon einmal die Möglichkeit gesehen, beschreibende Text zum Bild einzufügen. Auf twitter ging das afair auch, in den meisten CMS auch und meiner Erfahrung nach interessiert das recht wenige Menschen. Nein, ich denke ehrlich gesagt auch zu selten daran, obwohl ich schon vor 25 Jahren mit blinden Menschen über den Sinn sprach.
Das RRZE, ein IT-Dienstleister hat für sein Blog mit sechs blinden und sehbehinderten Menschen gesprochen, wie für sie der perfekte Beschreibungstext aussieht:
Wie beschreibt man das Foto eines Menschen so, dass es andere sich gut vorstellen können? Was gilt es bei Diagrammen oder Organigrammen zu beachten? Welche Details sind in der Bildbeschreibung von Technik-Fotos sinnvoll? Wie kann man Screenshots von Benutzeroberflächen prägnant in Worte fassen?
Elisabeth Kolb auf www.rrze.fau.de:
Der perfekte „Alt-Text“: Wir haben sechs blinde und sehbehinderte Menschen gefragt, welche Bildbeschreibungen ihnen wirklich etwas bringen
Hoffentlich wird der Urlaub noch etwas entspannter. Auf jeden Fall, danke für das Foto vom Marktplatz in Soest.
Immer gern :)