Eigentlich kein unhübsches Datum, oder?
Gegen eins wachte ich mit solidem Herzstolpern und -rasen auf und blieb bis halb fünf oder so wach. Und auch, wenn ich Panikattacken ja nun bestens kenne, ist das nicht die schönste Möglichkeit, die Nacht zu verbringen.
Und vor allem habe ich etwas Sorge, dass das was ich hier seit ein paar Tagen als „ich bin echt mürbe“ beschreibe, so langsam ein Ausmaß annimmt, das mehr Folgen für mich hat als halt nur wirklich genervt zu sein. Zum Beispiel eben nachts mit Panikattacken aufzuwachen. Was mich evtl noch mürber machen könnte. Was vielleicht zu noch schlechterem Schlaf usw usw – Sie verstehen schon.
Morgen gehts zur Seelenmassage; zum Glück.
So gegen halb vier bekam ich eine DM und ich dachte: Ach guck, andere schlafen auch nicht.
Macht aber auch nichts besser, im Gegenteil – jetzt denke ich darüber nach, warum er denn auch nicht schlafen kann.
Vormittags verbrachten die Liebste und ich in meinem Büro; sie musste etwas bearbeiten, was mit der Creative Suite ca siebzehnmal schneller ging als mit anderen Werkzeugen. Also saß sie an meinem Rechner und ich hörte ihr beim Lernen der Grundfunktionen des Adobe Illustrators zu.
Nicht überraschend aber trotzdem immer wieder sehr lustig unterhaltsam bemerkenswert: Wenn man (ich) seinen Rechner individuell eingerichtet hat und dann jemand anders (sie) diesen Rechner benutzt, dann kann sie zB die Maus nicht benutzen ohne relativ andauernd zu fluchen. (Meine Maus ist so eingestellt, dass ich mit einer feinen Bewegung zweier Finger die 1,20m Bildschirmbreite queren kann. Was einen Menschen, die mit dem Touchpad ihres Laptops arbeitet dazu bringt, ständig den Sichtkontakt zum Mauszeiger zu verlieren. Oder die Dinge zu verlieren, die gerade am Mauszeiger hängen.)
Und das erzähle ich nicht, weil die Liebste irgendwie besonders doof ist, sondern weil schon dies eines von vielen, vielen, vielen Dingen ist, die wir als Heavy User ständig vergessen – zB wenn wir fordern, dass jemand anders sich doch bitte mal eben in sechs Wochen digitalisieren soll.
Dazu mal ein Beispiel aus der nicht so digitalen Welt: Ich hörte letztens von einer iPad-Schulung, die sich die ersten 45 Minuten um die korrekte Handhabung des Homebuttons drehte. Sich darum drehen musste, weil es so viele Rückfragen der Teilnehmenden gab. Und jetzt stellen wir uns vor, so jemand kommt nach der Schulung nach Hause, stolz, sich jetzt auch etwas auf einem iPad auszukennen und zu Hause hat der Sohn ein iPad ohne Button. Der kriegt das nicht mal an.
Vielleicht hat unsere Generation – hineingeworfen in die beschränkten Möglichkeiten des C64, Windows 3.1 oder auch noch des internetlosen Windows 95 und dann mitgewachsen – wirklich Glück.
Frau Fragmente sieht’s ähnlich und findet logischerweise die schöneren Worte:
Ich hatte mit meinem Geburtsjahr ziemlich Glück, denn als ich zu jung für das Internet war, gab es noch keines, und als es dann da war, war ich gerade im Studium und hatte viel Zeit, die ich im Computerpool der Uni vertrödelt habe. Neulich, bei der Suche nach den Unterlagen der Rentenversicherung, habe ich einen Schein für Internetbrowsing auf dem Mac gefunden, von 1998 oder so.
… und weiter …
Auch irgendwie dankbar, dass ich nicht mehr jung und ausgehhungrig mitten in einer Pandemie bin, oder alt und pflegebedürftig. Und auch nicht mitten in einem Weltkrieg geboren, wie meine Mutter.
(beide: fragmente: 21. November 2020)
Meditiert. Geschlafen. Rumgelungert. Draußen war’s eh ziemlich Bah.
Diesen Artikel der Krautreporter über „Somewheres“ und „Anywheres“ gelesen. Zurückgeschaut und festgestellt, dass ich nach einigen Jahren des Anywhere-Seins dann mit Mitte zwanzig in dieser Stadt hängengeblieben bin und vielleicht doch ein Somewhere geworden bin.
Und versucht, realistisch darauf zu schauen, ob ich noch einmal wieder ein anywhere werden kann. Oder wenigstens woanders noch einmal ein neues somewhere finden kann.
Außerdem Christian de Vries’ Gedanken darüber, was unsere Demokratie jetzt braucht gelesen; dabei oft genickt und eigentlich nur einmal wirklich anderer Meinung gewesen.
Hier bin ich noch – surprise! – voll dabei:
Meiner Einschätzung nach erleben wir jetzt in der Notsituation das Ergebnis einer langjährig verfehlten Bildungspolitik. Langjährig meint in diesem Fall Jahrzehnte. Nicht nur, was die grundsätzliche Ausstattung unserer Schulen angeht, sondern auch, was das Thema Digitalisierung angeht. Wenn ich sehe, mit welchen Methoden der frühen 90er Jahre des letzten Jahrtausends noch immer gearbeitet wird, muss man sich nicht wundern, das hier einiges wirklich schief läuft. Dies gilt grundsätzlich auch für die Wertschätzung von Bildung.
… dann aber …
Ehrlich gesagt, möchte ich kein Genöle der angesprochenen Berufsgruppe [der Lehrerinnen] hinsichtlich der aktuellen Überforderung und allen Nöten hören oder lesen. […] Seid kreativ, öffnet euch, lernt (!), und handelt, jeder in seinem Rahmen.
… und ich glaube – sorry, Christian – , das geht nicht. Lehrerinnen scheinen zwar, wenn wir ihnen begegnen, immer so frei in dem was sie tun – aber sie hängen eben in einem System. Und zwar an letzter, unterster Stelle. Und wenn das System Eigeninitiative so abstraft, wie zB gestern noch im Leserbrief eines Lehrers beschrieben, dann ist ein Aufruf zu Eigeninitiative meiner hmbl Meinung nach nicht das Mittel der Wahl.
Ich habe zwar nicht den Hauch einer Idee, wie man verstaubten Kultusministerien (die es wichtiger finden, ihre Länderhoheit zu behalten als mit der Kanzlerin auch nur überhaupt über die Schulen zu sprechen) entstauben könnte.
Aber Lehrerinnen zuzurufen, sie sollten sich doch einfach mal bewegen, halte ich für nahezu genauso wirklichkeitsnah, wie Pflegepersonal zu sagen, sie wollten sich doch mal ein bisschen was einfallen lassen, dann passe das schon alles.
Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.
Da bleibe ich mal dabei: Doch, das geht, vielleicht auch nur in vielen, vielen kleinen Einzelschritten; das Ziel muss stimmen. Wer Demokratie lehrt, muss sich in dem eigenen System mit den zur Verfügung stehenden Mitteln für das Einsetzen, was wirklich notwendig ist. Und, dessen bin ich mir sicher, das Kreativität und Ideen vieles möglich machen. Dass es nicht leicht ist, weiß ich. Es muss aber mal wieder jemand anfangen.
: Wer Demokratie lehrt, muss sich in dem eigenen System
: mit den zur Verfügung stehenden Mitteln für das Einsetzen,
: was wirklich notwendig ist.
Ja, da bin ich dabei.
Aber das funktioniert nur, wenn diese Eigeninitiative nicht verboten wird, sondern nur, wenn es den Raum dafür gibt. Und das muss mindestens gleichzeitig passieren, sonst ist das – wie Du es nennst „Genöle“ – kein solches, sondern dringend notwendiges Hinweisen auf die bestehenden Beschränkungen.
Und wenn zB Lehrerinnen abgemahnt werden, nachdem sie im März schnell digitale Infrastruktur eingerichtet hatten, weil die den Datenschützern nicht genehm war – dann verstehe ich, wenn man sich in die zweite Reihe zurückzieht und erstmal „nölt“.
Ich merke gerade, es ist das Wort nölen. Nölen ist so ein Wort, mit dem ich Kritik – ob brechtigt oder nicht – von vorneherein abkanzelt. das ist so wie „Greta, schrei’ doch nicht so“