22.1.2021 – huch?

Wissen Sie, ich habe immer die Nacht am liebsten von allen Tageszeiten gemocht. Die Nacht ist ruhiger, überlegter, tiefsinniger. In der Nacht ist Platz für Gedanken, die sonst sofort zerrissen werden von Nachrichten, Telefon oder der nächsten E-Mail.

(Wenn Sie wollen, finden Sie hier den Soundtrack für das, was ich meine.)

Nun war es aber auch so, dass mein Tagesrhythmus mir seit Jahren gegen halb zehn abends klar machte, es wäre jetzt mal Schluss und wenn ich mich dann noch eine Stunde wach hielt, wars eigentlich schon doof.
In den letzten Monaten diesen ewigen März hatte ich resigniert. Ging ich eben um neun ins Bett, was solls.

Seit ein paar Tagen aber warf mich das Universum so mit Arbeit voll, dass ich keine Mittagspause mehr machen konnte; dafür fiel ich dann so gegen sechs einfach an der Stelle, an der ich gerade saß, um und schlief ein – zum Glück gibts in #deraktuellensituation ja nicht allzu viele Stellen, wo das passieren konnte. Von sieben bis zehn war ich dann wieder wach, fühlte mich wie eine frisch überfahrene Kröte und meine Kommunikationsmöglichkeiten erstreckten sich auf „Hm.“, „Hrm?“ und „Hrrm!“.

Aber so gegen zehn wurde ich wieder wach und verbrachte viele glückliche Stunden im ruhigen Haus und das war sehr, sehr schön und irgendwas ist ja schließlich immer und man muss ja nehmen was kommt.

Der Coronatest vom Dienstag war negativ, die Grippesymptome lasen das Ergebnis auf dem App-Bildschirm auch und beschlossen, dass sie dann auch keinen Grund mehr hätten in meinen Knochen zu verweilen und verzogen sich so langsam über die Tage.

Dafür landeten wie gesagt einiges an Arbeit und ein paar interessante und schöne Anfragen hier auf dem Schreibtisch und auf einmal ist es jetzt irgendwie Freitag Abend.

Und heute Morgen telefonierte ich über eine Stunde über die Frage, ob im CMS einer Website Seiten wohl Unterseiten haben dürften oder ob wir besser ein Ordnersystem etablieren wollten. Ich liebe es, mich so tief in ein Problem hinein zu arbeiten, mir vorzustellen, wie die Userin wohl später die Seiten bearbeiten wird und was die stringenteste Fortführung der bisherigen Benutzerführung ist. Leider verlässt mich der Kollege, mit dem das möglich ist.

Heute erfahren, dass das Jahr 2021 bisher jede Woche einen Bekannten getötet hat. Ich bin wirklich müde.

Wenn Sie mal den grundsätzlichen Unterschied zwischen einem Selbstständigen und nicht-Selbstständigen hätten sehen wollen, dann hätten Sie heute Morgen hier im Haus sein müssen.
Wir waren im Stromausfall aufgewacht und als ich das begriff, begann mein Kopf zu rattern: Wann wird der Strom wieder da sein? Verschieben sich jetzt Termine? Kann ich was wichtiges mit Laptop und Tethern erledigen? Wie lange wird es mich kosten, die Server wieder anzumachen und zu kontrollieren? Sind die BackUps noch durchgelaufen? Reicht der Handy-Akku noch lange genug?
Als die Liebste begriff, dass der Strom weg war, setzte sie sich aufs Sofa und las im Internet und nöckerte etwas, weil ihr der Kaffee fehlte.

Am Dienstagabend stieß ich auf Twitter auf eine Stellenanzeige, die mich neugierig machte, Selbstständigkeit hin oder her. Gut, die Anzeige war im Tweet nicht selbst verlinkt, aber man konnte die Website aufrufen und sich dann schnell zu den Stellenanzeigen durchsuchen: Das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg sucht eine:n Referent/-in (m/w/d) für schulische Medienbildung. Spannend, nicht wahr?
Leider zeigt ein zweiter Blick gleich wieder einen Blick auf das große Dilemma:
„Vorausgesetzt wird eine Lehrbefähigung für das Lehramt an einer allgemeinbildenden oder beruflichen Schule, Mehrjährige Unterrichtspraxis, Fundierte Kenntnisse im Umgang mit digitalen Medien im Unterricht, Überblick über den aktuellen Forschungsstand im Bereich der Bildung in der digitalen Welt […] mit Teamfähigkeit und Kenntnissen im Bereich des Jugendmedienschutzes (von Vorteil)

… oder, in anderen Worten …

eine ausgebildete Lehrkraft, die sich in ihrer Freizeit aus persönlichem Interesse und unbezahlt eine zweite und am besten noch eine dritte „fundierte“ Fachkenntnis draufgeschafft hat.
Das Dienstgebäude lockt mit guten Parkmöglichkeiten und bewerben kann man sich eh nur auf dem Dienstweg.

Abgesehen davon, dass Menschen mit einer digitalen Ausbildung oder Berufserfahrung ja eh nicht erwünscht sind, glaube ich persönlich kaum, dass man heute so digitale Menschen anlocken kann. Das ist so schade.
Und: Ich glaube einfach nicht, dass das Schulsystem sich ohne Impulse von außerhalb des Systems digitalisieren lässt, aber was weiß ich schon.

Unseren täglichen Link zum „Homeschooling“ gib uns heute:

Dieser Artikel richtet sich in erster Linie an Eltern und soll aus der Sicht eines Lehrers, der seit vielen Jahren digitale Medien im Unterricht einbezieht, erläutern, warum sich der „Videounterricht“ nicht als Maßstab für gelingendes Distanzlernen eignet. Dabei geht es nicht darum, jemanden zu beschuldigen oder einen Vorwurf zu formulieren, sondern eine für mich wichtige Perspektive zu erläutern.

Bob Blume: ELTERN: Warum es nicht (nur) um Videounterricht geht

In dem Zusammenhang eine kleine Textaufgabe für die, die sich beschweren, dass die Klassenlehrerin nicht jeden Tag anruft:
Eine Grundschulklasse hat 30 Schülerinnen und Schüler. Die Lehrerin spricht, wenn sie in der aktuellen Situation anruft, ca 20 Minuten mit Eltern und Kind.

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.

6 Kommentare

  1. Deine Textaufgabe illustriert aber auch schön den grundsätzlichen Unterschied von weiter oben: 20×30 Minuten sind für einen Selbstausbeu-, äh, -ständigen doch noch kein voller Arbeitstag ;)

    Und über die fette USV neben dem Serverchen habe ich mich schon mehr als einmal gefreut. Hilft natürlich je nach Konstellation auch nur fürs lokale Weiterarbeiten, ist aber besser als nichts.

    Last not least: Schönes Testergebnis!

    1. Es ging mir auch weniger um die Summe der Stunden als darum, dass ich nicht die Tweets lesen möchte, wenn die Lehrerin vor acht oder anch fünf angerufen hat. Was zwingend notwenig würde, wenn man vielleicht auch nochmal pullern muss oder – wie frevelhaft – was zu essen braucht.

      Um eine USV streiche ich blöderweise schon lange ohne Kaufabschluss drumrum; ich sollte das mal beenden, das Drumrumstreichen. Was empfiehlst Du denn?

  2. Stimmt, da ist was dran mit den Kernzeiten und dass mans als Lehrer:in gewissen Eltern wohl nie recht machen kann …

    Mit der USV bin ich kein Experte, ich hab mir vom hiesigen Fachhändler eine APC empfehlen lassen, die den Server mit diversen Laufwerken und die Fritzbox versorgt und so dimensioniert ist, dass ich genug Zeit habe, alles im LAN geordnet runterzufahren. Wenn die Notstromversorgung anspringt, macht sie genug Alarm, um von überall im Haus gehört zu werden, auch wenn man sonst noch nichts von Stromausfall mitbekommt. Das hat bisher gut geklappt.

  3. Glückwunsch zum negativen Ergebnis! Ich bin am Dienstag ,,dran“!

    Sich wie eine frisch überfahrene Kröte zu fühlen, ist doch überhaupt nicht so schlecht! Ich fühle mich zur Zeit so wie ein platt gefahrener Frosch, der einen Sommer auf dem heißen Asphalt gelegen hat …

Kommentare sind geschlossen.

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