Dieser Artikel wurde zuerst am 16.11.2012 veröffentlicht im jawl, meinem alten Blog. Das jawl ist geschlossen aber diesen Artikel wollte ich gern behalten und habe ihn deswegen in ein Archiv alter Artikel aufgenommen.
Anne schreibt: Herr Buddenbohm schreibt nicht nur über seinen Hamburger Stadtteil, sondern hat auch ganz viele andere Leute dazu gebracht, über ihren Hamburger Stadtteil zu schreiben. Ich finde, das sollte nicht auf Hamburg beschränkt sein und deswegen schreibe ich jetzt über meine Essener Stadtteil und hoffe, dass ich damit nicht allein bleibe.
Und ich habe ja nun auch meine paar Jahre im Ruhrgebiet gelebt.
Nach einem kurzen Gastspiel hinterm Bahnhof wurde es dann also Dortmund Hombruch. Ich hatte mir das nicht ausgesucht, es ergab sich einfach so. Hombruch liegt im Süden der B1, liegt ziemlich weit draußen – aber es liegt nahe der Universität; eigentlich geht sogar das Unigelände direkt über in Barop und Barop geht über in Hombruch, man weiß das oft gar nicht so genau. Auch Brünninghausen liegt direkt daneben, dahinter kommt der Rombergpark und wenn man Hombruch nach Süden verlässt, ist man in wenigen Minuten quasi auf dem Land – so etwas gibt es ja auch nur mitten im Pott.
Aber trotzdem ist Hombruch anders, denn Hombruch versucht viel mehr, selbstständig zu sein als viele andere der kleinen Orte die irgendwie zu dem großen Dortmund gehören. Es gibt eine kleine Fußgängerzone, die sich wirklich im Zentrum des Ortes befindet, es gibt auch einen kleinen Platz vor der Kirche in der Mitte dieser Fußgängerzone und an zwei Tagen war dort damals Markt.
An dem Platz befand sich damals auch ein Kabaret, wenn ich mich richtig erinnere, dann war es das Cabarat Queue, es scheint aber in den letzten 15 Jahren umgezogen zu sein.
Aber vielleicht ist das auch gut, denn es war immer ein Fremdkörper, da oben an dem friedlichen Marktplatz in dem gutbürgerlichen Hombruch.
Denn obwohl die Uni nicht weit ist, fallen Studenten hier eher auf. Hier stehen in Tannenstraße, Froschloch und Kiebitzweg die Mehrfamilienhäuser, in denen noch ehrlich gearbeitet wird. Vor dem Haus oder im Garagenhof stehen Opel Rekord und Ford Sierra.
Zwischen zwei kleinen Rasenflächen führt der Waschbetonweg am Mülltonnenständer vorbei zur Haustür, dahinter riecht es nach Zitrusreiniger und die Hausordnung hängt in einer Klarsichthülle über den Briefkästen.
Ein halber Quadratmeter vor den Wohnungstür gehört zum Hoheitsbereich der Mieter und wird gestaltet; bei mir im Haus stehen dort tagsüber die Hauspuschen und nachts die Straßenschuhe. Mein unregelmäßiger, halb studentischer, halb jobbender Tagesablauf passt hier nicht gut hin.
Der Vormieter hatte mir empfohlen, am besten in Richtung der Türspione zu grüßen, das wäre besser für das Klima im Haus – und ich habe festgestellt, dass es auch wirklich so ist.
Ich nehme an, dass ich Glück habe, dass ich zwar wild aussehe aber dafür recht ruhig bin, während der andere junge Mann mit dem ich mir das Dachgeschoß teile zwar harmlos aussieht, aber seine Pizzakartons lieber aus dem Fenster in den Garten entsogt, als seinen Müll herunter zu tragen.
Der Hass der anderen Hausbewohner konzentriert sich also auf ihn; ich bin der nette junge Mann und seit ich die Türen grüße werde ich in Ruhe gelassen.
Für mich ist es perfekt; ich bin schnell auf der Autobahn und damit schnell bei der Arbeit und wenn ich gelegentlich doch zur Uni fahre, dann ist auch das nicht weit. Es gibt einen kleinen Steh-Italiener der gute Lasagne macht Ein richtiges italienisches Restaurant würde sich hier wahrscheinlich nicht halten. Die Videothek ist nicht weit und eine Tanke für den späten Hunger, wenn ich abends nach dem Arbeiten nach Hause komme liegt auch auf dem Weg.
Mehr Infrastruktur gibt es abseits der Fußgängerzone nicht, mehr brauche ich auch nicht.
Natürlich habe ich zuerst gedacht, ich ginge dann mal ins Kabaret; natürlich habe ich gedacht, ich kaufe auf dem Wochenmarkt ein, aber mein Tagesablauf führt mich eben öfter in die Tanke. Und nie ins Kabaret.
Aber ich habe meine Ruhe und mehr will ich in diesen Jahren, die ich dort lebe auch gar nicht.
Ich mag mein Leben nicht besonders in dieser Zeit – meine Unikarriere ist nicht die beste Zeit meines Lebens – aber ich mag immerhin, wo es ist.
Das alles ist jetzt 15 Jahre her und ich denke gerade, dass ich vielleicht einmal wieder nach Hombruch fahren sollte. Eine Viertelstunde die Fußgängerzone hoch und wieder herunter spazieren und sehen, was der berühmte Strukturwandel aus dem Örtchen gemacht hat.
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