23.3.2024 – the doors of perception are wide open

Um das vielleicht nochmal kurz nachzureichen, ich fürchte, ich war da gestern nicht klar genug: Ich finde die KSK eine sehr, sehr prima Idee. Ich finde es auch ziemlich prima, dass Firmen, die prinzipiell künstlerische Arbeit in Anspruch nehmen, dafür einen „Arbeitgeberanteil“ für Künstlerinnen zahlen, der dann in einen großen Solidartopf kommt.
Mein Problem mit der KSK-Abgabe ist also kein grundsätzliches, sondern eher jeweils ein anekdotenhaftes. Und zwar immer in dem Moment, wenn meine Kundinnen davon erfahren.
Diese Abgabe ist gesetzlich seit guten 40 Jahren geregelt, ich bin nicht mal in der KSK, ich bin kein Steuerberater oder Buchhalter – also sehe ich es nicht als meine Aufgabe meinen Kundinnen zu erklären, dass es sie gibt. Ich erkläre ja auch nicht, dass sie die von mir aufgeführte Umsatzsteuer wiederum in ihre Umsatzsteuervoranmeldung aufnehmen sollten oder dass sie Steuern zahlen, wenn sie – unter anderem durch meine Arbeit – am Ende mit ihrer eigenen Dienstleistung Geld verdienen.
Im Gegensatz zu Einkommens- oder Umsatzsteuer, ist diese Abgabe aber total unbekannt und wenn dann die KSK bei einer Kundin anfragt, dann fühlt die sich gern mal von mir betrogen – so als ob ich jetzt hinten rum, neben dem Angebot her noch ein bisschen extra Kohle absahnen wollte. In der dann folgenden Unterhaltung bin ich oft in einer Situation, in der ich mich für etwas verteidigen muss, mit dem ich nichts zu tun, keine Verantwortung dafür oder persönlichen Nutzen davon habe.
Das wiederum – also so ein Solidarprinzip – ist unserer Gesellschaft nur so mittel populär und ich daher dann in einer schlechten Position, ein Reframing einzuleiten; bei den Kundinnen bleibt nämlich emotional oft nur hängen „Wir musste für Herrn Fischer nochmal Geld bezahlen“.
Das dann mit einem frohen „Aber ist das nicht toll, dass dieses Geld prekär lebenden Künstlerinnen ihre Arbeit oft überhaupt erst möglich macht?“ zu kontern, klappt meist nicht so gut.

Ehrlich gesagt gibt es auch noch das zweite Problem, dass die KSK mich erst wegen meines Jobs wegen meines Gewerbescheins nicht rein ließ, aber das ist eine andere Geschichte die mehr mit persönlichem beleidigt-sein zu tun hat und die ich versuche, da rauszuhalten.

Außerdem klingelte in dem Moment, als ich das hier tippte, der Paketbote und brachte ein Überraschungspäckchen mit dem Worten „… und hoffe, damit eine Freude zu machen“ auf dem beiliegenden Zettelchen. Da kann man ja gar nicht mehr beleidigt sein. Ja! Ja natürlich, eine große Freude!

Die doors habe ich mit ca 17 kennen gelernt. Bis kurz vorher war ich knappe 2 Jahre halb-ernsthafter Metalhead gewesen und in meinem Kopf gab es eine feste Verbindung zwischen „ehrlich“, „rebellisch“ und „hart&heavy“ beim Thema Musik. Bedenken Sie: Es war die Zeit von Bros und Modern Talking, Kylie Minogues erster, noch sehr uncooler Inkarnation und Rick Astley, als er noch kein Meme, sondern ein ernsthaftes kleines good-vibes-only-Scheißerchen aus dem Schoß von Stock, Aitken und Waterman (nein, das war nichts gutes) war. Es bleib quasi nur Metallica und Maiden (ja, ich bin so alt, dass ich Metallica vor Master of Puppets kannte)
Dann hatte mir ein Freund nacheinander The Police, Peter Gabriel, die frühen Chicago und Steely Dan, überhaupt den Blues und ersten Jazz gezeigt und meinen musikalischen Kosmos sehr erweitert. Nur die Rebellion war irgendwie abhanden gekommen und als er dann mit „eine der skandalösesten Bands“ der 60er ankam, da war ich voller Vorfreude.
Nichts hätte mich mehr enttäuschen können als der (na gut: etwas beschleunigte) Samba-Beat von „Break on through to the other side“. Da konnte in der ersten Runde auch nichts mehr retten, dass der Typ recht fix ziemlich rumschrie.
Ich habe aber dann fix begriffen, wie diese vier das mit den Skandalen und der Rebellion hinbekommen hatten und dass Jim mit seiner Art den Menschen noch 20 Jahre nach seinem Tod Angst machte. Zu Weihnachten hatte ich mir „Die verlorenen Schriften. Wildnis“ von Jim Morrison gewünscht – ein Buch mit Texten und Gedichten von Jim. „Ich bin mir nicht sicher, ob Sie DAS wirklich haben oder sogar verschenken wollen“, hatte die Kleinstadtbuchhändlerin meiner Mutter beim Abholen gesagt und die konnte es natürlich nicht lassen, auch mir das mit auf den Weg zu geben – um klarzustellen, dass sie meinen sozialen und moralischen Abstieg sehr wohl sah und nicht gut hieß.

Kleingeistern Angst machen fand ich immer gut und ich kniete mich voll rein. Eventuell trug ich sogar eine Zeitlang lange Haare, knallenge Lederhosen mit diesen silbernen Scheiben* in der Schnürung und weiße Leinenhemden. Mein Gott, wir taten das alle.

*) ich hab vergessen, wie die heißen

The opening of the trunk
– Moment of inner freedom
when the mind is opened & the
infinite universe revealed
& the soul is left to wander
dazed & confus’d searching
here & there for teachers & friends.

(Jim Morrison)

Inzwischen sind es mehr als 50 Jahre, dass Jim ging und ich finde, musikalisch kann man die doors immer noch sehr gut haben. Und ein bisschen mehr von Jims radikal dionysischem Lebensentwurf täte uns allen heute eh bestimmt mal ganz gut.

Äh, was wollte ich sagen, ich glaube, ich glitt kurz ab … Ach ja: ich habe mich wirklich sehr gefreut.


Gleich fahren wir ins Kino und schauen Stop Making Sense. Tun Sie das ruhig auch mal, wenn der Film in ein Kino in Ihrer Nähe oder in einen Streamingdienst Ihrer Wahl kommt. Ich habe ihn hier auf der Festplatte (aber Kino ist halt geiler), und vor ein paar Monaten, als die Liebste schon schlafen gehen wollte, scrollte ich durch meine Mediathek, sah das Cover, beschloss: Och jo. Und startete den Film.
Sie blieb neben mir stehen, guckte hin, erstarrte, stand, guckte. Ich grinste. Nach dem ersten Song guckte sie mich groß an und fragte: „Was ist das?“ Ich: „Große Kunst“ Sie: „Ja, DAS sehe ich, Du Dödel. Rück mal“ und setzte sich wieder.
Echt. Gucken Sie sich das ruhig mal an. Große Kunst aus einer Zeit als die Lösung für „geileres Konzert“ nicht automatisch „mehr Choreo und mehr Feuerwerk“ hieß, sondern auch mal „mehr Konzept, mehr Kunst“ sein durfte.

Vi ses!

Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!

22.3.2024 – It’s the end of the world as we know it (and we feel fine)

Wenn Sie a) nicht in NRW leben, b) keine Kinder im schulpflichtigen Alter haben oder c) keine Lehrerin sind, dann ist das für Sie vielleicht ein Freitag wie alle anderen – aber für uns war es Ferienanfang und ich bin nahezu überrascht, wie gut sich das anfühlt. Obwohl ich nächste Woche nicht mal Urlaub habe.

Die Nase sitzt immer noch zu und neben dem direkten Unwohlsein darob beginne ich, mir Sorgen um einen Zahnarzt-Termin am Montag zu machen, zu dem ich – ich paraphrasiere – nur kommen soll, wenn ich körperlich normal fit bin und um Himmels Willen eine vollkommen freie Nase* habe. Ich mag Zahnärzte wirklich nicht, aber was ich inzwischen echt noch weniger mag, ist, mich gedanklich auf einen Termin vorzubereiten und ihn dann absagen zu müssen. So wie in dieser Behandlungsreihe jetzt schon dreimal geschehen. Fork, fork, fork.

*) Die Folgen einer nicht freien Nase wären sehr Slapstik-reif, aber im echten Leben nicht so lustig: Sitzt die Nase zu, geht das Lachgas nicht in mich, sondern in den Raum und betäubt als erstes die Menschen, die dicht vor dem Mund arbeiten. Genau: Nur im Kino irgendwie ganz lustig, die Vorstellung.

Deswegen am Schreibtisch heute nur Kleinkram, aber der beinhaltete immerhin zwei abgeschlossene Projekte – das fühlt sich ja auch gut an. Eine Mail wollte noch geschrieben sein, eine, in der ich mich bemühte, einen Satz aus meinem Kleingedruckten freundlich rüber zu bringen: „Bestehen Zweifel an der Qualität der gelieferten Daten werde ich das sofort mitteilen
Eine Datenschutzerklärung ging zum Check zum Anwalt, ein Telefonat klärte, dass ich zwar nicht in der KSK sein darf, die KSK für meine Dienstleistungen aber trotzdem gerne auch Geld von der Kundin haben möchte. Das ist immer etwas schwer zu vermitteln, weil es gängigen Prinzipien so wenig entspricht. Und kaum dokumentiert ist. Und selbst Steuerberaterinnen selten informiert sind.
Ein weiteres Telefonat mit einem Freund, dem auch gerade der Shit aus allen Richtungen um die Ohren fliegt – so gründlich, dass ihn der Arzt erstmal aus dem Verkehr gezogen hat. Schwächeanfall. Fork, fork, fork. Zu viele solcher Geschichten im Moment.

Parallel hörte ich einen Podcast über ADHS im Erwachsenenalter – also jedenfalls, wenn ich im Raum war und nicht Post reinholte, fix das Bett machte, lustige Videos schaute, … hahaha. Ich werde mir das Thema mal ansehen, fürchte ich. Keine Sorge, nicht weil es ein Modethema ist – treue Leserinnen wissen, dass ich eine tiefsitzende Abscheu gegenüber Modethemen habe und um Hypes einen großen Bogen mache.

Mittags kam die Liebste mit Brötchen und wir feierten Wochenend- und Ferien-Beginn. Dann steckte ich das Batmobil nach der Fahrt nach Köln mal wieder an den Strom, schrieb noch ein paar Rechnungen und glitt langsam aus der Arbeitsstimmung raus.

Dann Ferienanfangs-Sushi – was mich sehr froh machte. Wir haben übrigens heute endlich die perfekte Bestellmenge gefunden: Groß genug, um wirklich, wirklich gesättigt zu sein, aber noch klein genug, dass kein drittes Paar Stäbchen dabei war.

Und dann war da noch was, was ich schon lange sagen wollte, was der sehr geschätzte Ralph Segert aber jetzt viel besser, als ich es je könnte, auf den Punkt gebracht hat:

Gutes Webdesign ist eine Kunst und immer maßgeschneidert. Gutes Webdesign hat das Ziel, mit technisch modernstem Code eine Website nicht nur optisch ansprechend und mit hohem Wiedererkennungseffekt zu gestalten, sondern auch barrierefrei, zukunftssicher und mit effizienter Performance
[…]
Ich begreife Webdesign als kreativen, konzeptionellen Prozess, in dem ich zusammen mit dem Kunden ein Erscheinungsbild entwerfe, das seinen Markenkern und seine Markenindentität stärkt und seine Ansprüche und Ziele spiegelt. Im Mittelpunkt steht die Freiheit der Ideen, die nicht durch technische Einschränkungen behindert wird und zugleich nie den Blick auf Benutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit verliert. Individuelles Design geht dabei Hand in Hand mit individueller Webentwicklung. Was dabei herauskommt, rechtfertigt auch einen höheren Preis, der sich perspektivisch als sinnvolle Investition herausstellen kann.

Ralph Segert:
Konzeptionelles Webdesign ohne Page Builder wie Elementor, DIVI und Co

21.3.2024 – Brexit-Folgen, die / Corona-Folgen, die (ungeahnt)

Abende wie gestern, die klingen gerne noch ein paar Tage in mir nach. Das beinhaltet zwar unruhige Nächte, weil ich auch in den Träumen noch daran denke, aber insgesamt liebe ich dieses vibrierende Gefühl sehr. Alles richtig gemacht, damals, als Tina bei Ina in der kleinen Kneipe war und ich Interesse entwickelte.
Aber wie sagte Markus Kavka mal so schön? (Sinngemäß) „Man sucht sich seine Lieblingsband nicht aus, die Lieblingsband sucht einen aus

(Lustigerweise beinhaltet das auch, dass ich noch englisch denke und mich vor eins-zu-eins-Kontakten immer einmal erinnern muss)


Sie wissen es bestimmt: Ich bin nicht der größte Fan dieses Kaffs hier und des Lebens im Kaff im allgemeinen auch nicht. Aber gelegentlich hat eine da ja auch Vorteile:

(DingDong) *rennrunter*
Durch die Glastür sehe ich den DHL-Mann und winke durch den Flur – normalerweise winkt er dann auch und geht. Diesmal nicht, ich mache auf.

  • Wenn ich stehen bleibe, will ich was, Herr Fischer
  • Dacht ich mir. Was gibts denn?
  • Seit die Engländer nicht mehr mit der EU spielen wollen, kostet online-Shoppen bei denen nochmal Zoll; ich krieg Geld von Ihnen: 13,30 €
  • Karte?
  • Hahahaha Hahahahahaha Haahhahahahaa Hahaha. Äh. Oh, DER war wirklich richtig gut. Nein.
  • Hm, ich hab kein Bargeld hier.
  • Gar nix?
  • Gar nix.
  • Ach .com, hier, Ihr Päckchen, ich komm morgen wieder. Dann haben Sie’s aber bitte bar da.
  • Auf dem Tisch lagen dann wartend 23,30 und es war beabsichtigt, dass er nicht wechseln konnte.

Es ist nicht alles schlecht.

Und ich hab endlich neuen Stoff, Hashtag Vinyllovers


Es ergibt sich ein Rückzahlungsbetrag von 1500,- €“, schreibt mir die Steuerberaterin, die mir den Abschlussbescheid zu den Coronahilfen schickt. Passive Sprachkonstrukte, so eine schöne Sache. „Es ergibt sich …“, wir wissen auch nicht woher, es hat sich halt so ergeben, als wäre die vom Himmel gefallen.
Ziehe ich noch die Kosten für die Steuerberaterin ab, so ergibt meine Schätzung, dass Corona mir ein halbes Jahr Verdienstausfall wegen Long-Covid gebracht hat, außerdem hat es mich niedere vierstellige Summen gekostet und mir erst Vertrauen in den Staat gegeben und dann wieder genommen.
Außerdem erlebte ich einen lustigen Anruf von jemandem, der behauptete von der Lufthansa zu kommen und mir – in vollkommener Unkenntnis meiner Realitäten – seine IT vermieten wollte. Für M4MVSCovid, Sie erinnern sich – wir haben das im kleinen Team realisiert.
Natürlich gut getimed, kurz nachdem die Hilfen für die Lufthansa durch gewunken waren.

Ich wüsste sehr, sehr gerne, ob die heute auch einen Abschlussbescheid bekommen haben, in dem sich ein Rückzahlungsbetrag von – warten Sie, ich versuche mal fix Umsätze zu recherchieren umd das auszurechnen – rund zweieinhalb Millionen ergeben hat.

Hätte ich meinen Antrag damals zwei Tage eher abgeschickt, dann wäre das Ergebnis finanziell ein anderes, hätte ich gegen die Unsicherheit während der Antragstellung geklagt, dann vermutlich auch.

Ergänzung: TIL Die Lufthansa hat die Staatshilfen bereits 2021 zurückgezahlt. Danke an die Hinweisgeberinnen!

20.3.2024 – Happy place

Die Tage versuppen in einer Suche nach mehr haltgebender Struktur ebenso wie der Suche nach dem nächsten Taschentuch, denn überraschenderweise hat mich der Schnubben, den die Liebste am letzten Wochenende als Mitbringsel aus der Schule gebracht hatte, auch aufgesucht.

Die Rückmeldung bekommen, das Kleingedruckte in meinen Angebote wäre aber unterhaltsam zu lesen, wenn man sich bei jedem Absatz überlege, was für eine Geschichte denn zu diesem Teil geführt habe. Persönlich natürlich sehr aufmerksam, in der Sache aber eher traurig – denn natürlich hat zB der Absatz „ich bevorzuge die Datenübergabe per E-Mail oder Cloud-Lösung. CDs oder Sticks übernehme ich nur nur nach Absprache. Schicken Sie mir nie Originale“ vor allem eine Geschichte dahinter, in der ich ein (zum Glück: externes, billiges) CD-Laufwerk gewaltsam öffnen musste, weil der billig-Brand des Fotografen im billig-Laufwerk einfach hängen blieb und die CD aber die einzig existierende war. Die Diskussion mit der Kundin, wer von uns beiden denn jetzt verantwortungslos mit der CD umgegangen war, ließ sich nicht abschließend klären.
Auch die Liste der Dateitypen, in denen ich Daten übernehme ist kein Zufall, sondern die Folge von wirklich vielen Text- und Bildformaten, die vor allem bei Computerbild-Lesern (absichtlich nicht gegendert) verbreitet sind.

Aktuell könnte ich ergänzen: „Was Sie mit ihrem Webhosting-Paket machen ist Ihre eigene Verantwortung; ich bin nicht für BackUps Ihrer Daten zuständig und wenn Sie es kündigen und damit alles löschen, bin ich nicht Schuld.“ Allein: Ich finde keinen hybsch formell formulierten Satz dafür.

Aber apropos „gendern“: Im Moment bin ich ja mal wieder in einer Phase, in der ich mich nicht gut anekdotisch aufregen kann. Dass die Ministerpräsidentin* „gendern“ gesetzlich verbieten lässt, ist eine ebenso logische Folge, wie der Aufschrei, wenn man die letzten Helden wahrer Männlichkeit für eines der drei Spiele, die sie bestreiten werden, in ein rosa Trikot steckt.

Aber ich kann nicht mehr über die einzelne Geschichte erschrocken sein, denn jede dieser Geschichten ist eine logische Folge eines Zustandes, den wir so langsam kennen könnten: Gnadenlose Irritation bei denen, die die letzten Jahrzehnte und -hunderte die Deutungshoheit hatten über den Verlust derselben – gefolgt von dem Versuch, durch Macht- und vielleicht auch gewaltvolles Ausspielen der noch vorhandenen Autorität dagegen anzugehen.

Nein, ich will sie nicht ernst nehmen, ich will auch kein Verständnis haben und ihnen nicht zuhören, so lange sie nicht reden, sondern blöken wollen – aber so langsam sollten wir doch mal in einen Zustand kommen, in dem wir nicht über das Trikot als Symptom streiten, sondern über die Haltung der Blökenden dahinter.
Oder uns darüber freuen, dass das Trikot den besten Verkaufsstart ever hingelegt hat, was den Nebenschauplatz aufmacht, dass die Farbwahl natürlich keine Haltung, sondern vielleicht ein Marketing-Coup war, der ja auch funktioniert hat: Worüber getritten wird, das wird auch gekauft.

*) Sie sind natürlich mit gemeint, Herr S.

Entschuldigen Sie, es rantete ungeplant so mit mir los.


Am frühen Abend fuhren wir nach Köln, um Tina auf ihrer aktuellen Tour wenigstens einmal zu sehen – nachdem wir Amsterdam ja canceln mussten. Jetzt ist das Theater am Tanzbrunnen zwar architektonisch nicht mein Lieblingsort, aber egal. Wir trafen dort zuerst mal auf Freunde und auf ein paar Menschen aus meiner Facebook-Fan-Community was ja eh schon mal ein sehr schöner Anfang war. An der Kasse gabs dann statt der üblichen Tickets für uns einen kleinen Zettel mit unseren Platznummern und einem „wartet, ich mal Euch noch ein Herzchen drauf“, das fand ich auch sehr, sehr sweet …

… und um acht kamen Tina und Helgi auf die Bühne. Sie hatten sich – statt eines „normalen“ Konzerts – überlegt, dass sie dieses Mal nicht wie auf Touren üblich das aktuelle Album und die größten Hits spielen würden, sondern statt dessen eine Art musikalische Reise durch ihre gemeinsame Zeit unternehmen wollten – denn beide sind Menschen, bei denen man in den Liedern gut hören kann, was sie gerade tun und was ihnen wiederfahren ist. So lässt sich eigentlich jede Station ihrer Liebe in Liedern wieder finden – vom ersten Aufeinandertreffen und dann von er-liebt sie-aber-sie-nicht-ihn über sie-liebt-ihn-aber-er-nicht-sie zu haben-wirs-dann-doch-endlich-auf-die-Kette-bekommen. Sie erzählten ausführlich, wie sie – musikalisch immer aneinander gebunden – durch all das geschliddert waren und ich bekam schon sechzehn Jahre später ein Gefühl bestätigt, was ich bei meinem ersten Konzert 2008 hatte: Da ist einer verliebt und der andere nicht, hatte ich damals gedacht und wir rekonstruierten, dass es exakt so gewesen war. Damals, vor Zeiten, in einem für uns alle anderen Leben.

Ich habe wirklich schon viele Konzerte der beiden gesehen, aber das war einer der intensivsten, schönsten Abende ever.

Bitte entschuldigen Sie das schlechte Foto, ich habe im vollen Bewusstsein nicht auf die Worte der großartigen Anette Göttlicher gehört und am Handy bereits gezoomt. Selbst schuld.

Bei der Hinfahrt hatten wir uns bereits ein Parkhaus gesucht, aber der Tanzbrunnen wollte es anders und so fuhren wir mitten ins Gelände rein und parkten da. Also genau da unter den Schirmen, wo wir schon die Helden und Sting, Paddy und Katzenjammer und so viele andere gesehen, gehört und betanzt hatten.
Das war beim Einparken schon seltsam, entfaltete seinen ganzen Reiz aber erst richtig, als wir – eine gute Stunde nach allen anderen – auf den Parkplatz kamen und dort, da wo sonst Menschen feiern, nur mitten drin ein einsames Batmobil stand.
Ich muss wohl nochmal hin.

Ich hatte gestern Abend aus Gründen außerdem noch Geschenke von anderen Menschen zu überbringen gehabt; außerdem gab es noch eine Geschichte mit Autogrammwünsche, die auch höchstens seit Oktober hier herumliegt und gestern sollte Ort und Zeit sein, das alles mal abzuhaken. Sagen wir es so: Die Geschenke sind immerhin an Ort und Stelle und mitten auf der Autobahn auf dem Heimweg überfiel mich dann der große Lachflash darüber, wie verpeilt ich eigentlich sein kann.

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.

Medienkonsum I & II 2024

In ewiger Schuld
Miniserie mit 8 Folgen, auf netflix geguckt. Die ehemalige Soldatin Maya sieht auf den Aufnahmen ihrer Überwachungskamera ihren toten Mann mit der gemeinsamen Tochter spielen. Das klang nach Mystery entwickelte sich aber schnell zu einem spannenden Krimi rund um die sehr posh-e Famile des Ehemannes, einige weitere Tote, ein bisschen PTBS bei Maya, ein bisschen feine-Leute-lösen-Probleme-auf-Ihre-Art und eine Nebenstory um einen kranken Polizisten und vielleicht war das manchmal ein bisschen zu viel, aber verkehrt war das alles auch nicht. Vor allem, als das Ende die Fäden dann schön und gegen alle Erwartungen zusammenführte.
★☆

The Greatest Night in Pop
Doku, auf netflix geguckt. Im Januar 1985, direkt im Anschluss an die AMA trafen in einem Studio einige der größten Stars der damaligen Musikszene aufeinander und sangen „We are the world“ ein, die USA-Version von „Do they know it’s XMas?“, „Nackt im Wind“ und anderen Liedern, die im Nachklang dessen entstanden, dass ein nicht mehr so erfolgreicher Punk eine Doku über verhungernde Kinder in Äthiopien gesehen hatte. Aus heutiger Sicht kann man daran einiges ein bisschen seltsam finden, aber Charity war noch nicht so hinterfragt, Kolonialisierungsgeschichte war kein Thema und es gab noch die Mega-Megastars, die so Millionen Dollar generieren konnten. Die Doku erzählt die Geschichte des Songs und der einen Nacht, in der er aufgenommen wurde. Und bei allem Seltsam-Finden ist das schon eine beeindruckende Geschichte über eine unglaubliche Organisation, ebenso fragile wie überhöhte Künstlerseelchen und manchen überraschenden Blick auf manche, die damals so wichtig waren, wie man es sich heute kaum noch vorstellen kann.
★★★★★

Lover, Stalker, Killer
Pseudo-Doku, auf netflix geguckt. Bin mir etwas uneins, da ich eigentlich jede Form von True-Crime-Formaten sehr ablehne. Andererseits mag ich nicht-crime-Dokus sehr und der erzählte Fall selbst ist ziemlich spannend. Außerdem ist die Doku sehr auch Sicht des Opfers gedreht, was ich bei allem, was ich bisher gesehen oder gehört habe arg vermisste.
Am Ende bleibt aber: Ich bleibe bei meiner Ablehung. Wer das Format mag: Ja, das ist ein interessanter Film.
(ohne Wertung)

Im Schatten der Angst
Thriller, auf netflix geguckt. Eine Psychologin soll einen Täter einschätzen und gerät dabei ihrem Patienten etwas zu nahe bis sich das ganze zu einem spannenden Finale zuspitzt. Ich gucke eher selten deutschsprachige Krimis oder Triller weil mich meist die Eindimensionalität und/oder der Humor stören.
Das hier war richtig gut. Weder pseudo-klamaukig, noch flach, noch zu sehr von der durchaus vorhandenen Hintergrundgeschichte der Protagonistin überfrachtet. Spannend, gut.
★★★★★

Sexuell verfügbar
Miniserie, in der ARD-Mediathek geguckt. Miki Walter wird beschuldigt, einen Mann mit einem StrapOn vergewaltigt zu haben. Zwischen dem Abend an dem das passiert sein soll und der Verhandlung implodiert ihr Leben komplett: Ihr Ex-Mann will die Kinder, die fliegen von der guten Privatschule, zu Hause zieht ihr sexsüchtiger Vater ein und die Öffentlichkeit hat sie eh bereits vorverurteilt – sie geht durch die Hölle, durch die Frauen gehen, die sich nicht angepasst verhalten und sich mit reichen Männern anlegen. In dem Chaos erscheinen dann auch noch ihr Lilo Wanders, Lady Bitch Ray und Ines Aioli und versuchen, Ihr Rat zu geben. Das alles ist bunt und chaotisch, manchmal derb und explizit und bricht viele Seh- und Erzählgewohnheiten. Abwechselnd hat man Mitleid mit ihr oder facepalmed vor sich hin, weil sie sich so wenig kooperativ zeigt. Denn genau darum geht es ihr: Nicht mehr bequem sein.
Oder: Konservatives bigottes Weltbild gegen gelebte feministische Freiheit.
Das hat an diversen Stellen wenig Spaß gemacht, denn wenn man in den letzten Jahren nicht blind durch die Welt gelaufen ist, weiß man zu viel über tiefe Wahrheiten in diesem bunten Chaos.
Ich fand das sehr großartig.
★★★★★

Sie sagt, er sagt
Film, in der ZDF-Mediathek geguckt. Quasi ein Kammerspiel: Gezeigt wird eine Gerichtsverhandlung. Eine bekannte Fernsehmoderatorin und ein bekannter Industrieller hatten jahrelang eine Affäre. Nach dem Ende hat er sie beim letzten Aufeinandertreffen vergewaltigt, sagt sie. Stimmt nicht, sagt er. Der Film hält sich – so habe ich den Eindruck – klar an die Regeln einer Gerichtsverhandlung und schafft das Kunststück, dass ich nach jeder neuen Aussage meine Einschätzung darüber, wer die Wahrheit sagt, änderte.
Sehr bedrückend, sehr gut.
★★★★★
(Ergänzung, Dank eines Tipps von Lena auf Mastodon: Ein Richter hat ein, zwei Worte zum Ablauf des Prozesses gefunden und da gibts weniger Sterne, was ich durchaus schade finde, denn der Film macht ja einen besseren Eindruck)

Eine pornographische Beziehung
Film (2000), auf prime geguckt. Im Gegensatz zum Titel gar kein pornographischer Film, sondern ein perfektes Beispiel für einen französischen Film von vor 20 Jahren, eine behutsame Geschichte eines Paares, die sich erst verabredet zum Sex treffen, dann beginnen, sich zu lieben aber nicht wirklich zueinander finden.
Bis auf wenige Momente bleibt der Film nur bei den beiden, zeigt sie bei und rund um ihre Treffen und in einem Rückblick, denn als Rahmengeschichte erzählen beide die gemeinsame Geschichte einem unbeteiligten Dritten – wenn auch beide sich unterschiedlich erinnern.
Leise, zart und wie gesagt sehr französisch.
★☆

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