Rückblick: 5.7.2022 (Aarhus 7/2022)

Deutlich zu früh wachten wir beide auf – was aber den Vorteil hatte, dass wir sehr entspannt mit Blick aufs Wasser langsam richtig wach werden und lange rumgammeln konnten – und dann war es immer noch gerade mal neun.

Wir starteten mit einem Gang durch das Viertel, in dem wir jetzt wohnen und am Hafenbecken entlang; und das bedeutete: Heute war erst mal Architekturtag. Die Insel auf der wir sind, war früher Teil des Hafens und ist dann ab 2008 umgebaut und zum Wohnviertel gemacht worden. Für die Häuser wurden internationale Architekten in Wettbewerben ausgesucht und so steht hier eine Augenweide neben der anderen. Oder auch nicht, das ist natürlich Geschmacksache; ich selbst bin mir teilweise nicht mal sicher* aber für die Idee und den Mut gibts auf jeden Fall volle Punktzahl.

Das hier ist der Ausblick von unserem Haus, 8. Stock in den Innenhof und Richtung Stadt rüber.

Zwischen den Häusern tun sich ständig neue Blicke und Perspektiven auf (und das ist doch etwas, was Architektur tun sollte. Oder?)

*) Nachtrag (oder Vorausschau, wie Sie wollen; ich komme mit den Zeitformen in diesen vorgeschriebenen Rückblicken etwas durcheinander): Später sind wir nochmal mehr zwischen den Häusern unterwegs gewesen. Hat man einen Balkon zum Meer ist das natürlich alles sehr super da. Hat man den nicht, guckt man vielleicht auch einfach nur vor das nächste Haus und hat morgens ein halbe Stunde Sonne und … hmmm, ich habe Zweifel.

Und nein, das ist nicht alles nur gentrifiziert hochpreisiges Wohnen; es gibt auch kleine Wohneinheiten, soweit ich weiß auch sozialen Wohnungsbau, Shops, Cafés, man trifft Menschen jeden Alters und irgendwo steht ein ganzes Mehrgenerationengebäude, das von Kleinkindbetreuung bis zur betreuten Alterspflege die gesamte Lebensspanne abdeckt.

Zum Hafen rüber kommt zuerst das Bassin 7 – hier gibt es zwei Wakeboardbahnen, ein Freibad und eine lange Reihe von Streetfood-Buden …

… dann kommen ein paar neue Bürogebäude (davor lag gerade zufällig die Dannebrog, das Schiff der dänischen Königsfamilie) und alte Hafengebäude…

… und dann das DOKK1, die neue Bibliothek der Stadt. Ich habe ja schon einmal drüber geschwärmt, wie weit weg von deutschen Büchereien dieser Bau ist, aber diesmal erlebten wir, wie die große Tubular Bell erklang. Also: Wie im Krankenhaus Aarhus ein Mensch geboren wurde. Das war ein ziemlich schöner Moment, sich vorzustellen, dass ein paar Kilometer weiter zwei sehr, sehr frischgebackene Eltern gerade vor Freude auf diesen Knopf gedrückt hatten.

(Blick aus dem DOKK1)

Das hätte also alles sehr schön sein können, aber weil das ja hier nicht nur das Fachblog für differenzierte Blicke auf die Welt und Webworker-Alltag, sondern auch das mit dem ungeschönten Blick auf Angsterkrankungen und PTBS ist, muss ich ergänzen: Zu sagen, es strenge mich an, wäre untertrieben. Die Umstellung auf eine andere Umgebung – so sehr ich sie auch liebe – kostet zumindest heute noch deutlich mehr Energie als alles Schöne reinbrachte und wenn ich nicht so viel in meinen montäglichen Seelenmassage-Sitzungen gelernt hätte, wäre ich längst wieder gefahren.

Nachmittags – VPN und Internet und aller Technik, die wir so lieben sei Dank – TourDeFrance geguckt, jaja, late to the party und erst am Spätnachmittag nochmal aus dem Haus. Erst in der Stadt geparkt, etwas Wiedersehen mit der Innenstadt gefeiert, gemerkt, dass wir uns langsam etwas auskennen. (Kennen Sie das, wenn man erst ein paar Ecken in eine Sadt kennt und sich dann langsam die Verbindungslinien erschließen kann? Da sind wir gerade. Heute zum Beispiel haben wir begriffen, dass der Kanal, an dem wir gern essen der gleiche Kanal ist, über den wir drüber müssen um ins Parkhaus zu kommen und schon war die Innenstadt 500m kleiner und ach, lassen Sie uns einfach hier zurück.
Jedenfalls: Sandwiches geholt und mit denen nochmal raus zum Strand. Diesmal kein Regen, diesmal Abendessen auf einem Steg in der Ostsee. Und viel von diesem Dings – Frieden, ja genau, der wars.

In der ganzen Stadt laufen Menschen mit lustigen Matrosenmützen rum und zufällig ergab sich beim Chips-Kauf für die Abendgestaltung die Möglichkeit, jemanden zu fragen. Ich paraphrasiere: „Das sind die Abifeiern und deswegen habe ich hier auch gerade den ganzen Einkaufswagen voller Alkohol. Bei uns ist nämlich gleich auch eine der Parties.“ Ja, das mit dem extrem vielen Alkohol war uns auch kurz davor aufgefallen.

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