22./23.7.2022 – Stammkneipe / Kunst

Gestern das Büro wieder komplett arbeitsfähig gemacht und begonnen, den Berg abzuarbeiten, der sich überraschenderweise gebildet hatte. Zwischendurch immer mal wieder ein paar Meter weiß gestrichen – ich glaube, so kann ich diesen Raum besiegen.

Abends Coronopoly mit Dreiviertel der besten Gang der Stadt – ersteres ist natürlich ein Wortspiel aus Monoploy und Corona – das wussten Sie selbst – und es bezieht sich darauf, dass wir diese gemeinsamen Zoom-Abende recht früh im ersten Lockdown ersonnen haben. Zweiteres ist natürlich ein abgewandeltes Casper-Zitat.
Wir saßen also zusammen, drei Menschen, die sich on- und teils auch offline schon so ewig kennen und irgendwann mittendrin begriff ich etwas: Früher, also damals, als wir uns kennen lernten, da hatte dieses Social-Media-Zeugs die Gabe, dass man Freundschaften darüber leben konnte. Die kleinen Stausmeldungen auf zB Facebook hielten uns über den Alltag der anderen auf dem Laufenden und wenn wir aufeinander trafen entfiel all dieses „und, was hast Du im letzten Jahr so gemacht?“-Reden.
Dafür ist SocialMedia definitiv kaputt, die ganze Gang hat sich in gewisser Weise zurückgezogen obwohl wir alle zu den ersten Tausend gehörten – und ich fühlte gestern Abend plötzlich nicht die Freundschaft aber die Entfernungen größer werden. Als würde die Stammkneipe geschlossen.
Ein bisschen traurig eingeschlafen.


Heute haben wir Kunst geguckt. Also: Wir hatten Lust, einen Ausflug zu machen, wollten mal wieder etwas anderes sehen und bis nach Kassel und damit zur Documenta 15 ist es nur etwas mehr als eine Stunde Fahrt. Rein wollten wir nirgends aber ein bisschen rumspazieren und die Installationen und Dinge draußen ansehen – das war der Plan. Wir waren nicht besonders vorbereitet, wir hatten keinen Anspruch und ich habe nur sehr zufällige Bilder gemacht, aber es war ein sehr schöner Tag.

Gleich drei der sechs Bilder: Sehr beeindruckend und bedrückend war die Installation „Return To Sender“, die einen winzigen Ausschnitt aus dem Müll, den wir so produzieren, zeigt – und was damit passiert. Überraschenderweise ist auch unser Umgang mit Müll – also: Recyceltem(!) Müll, wie wir ja stolz betonen würden – rassistisch und ach, ach …
Überhaupt – und ich hatte das schon vor einiger Zeit beim Hören von Cosmo, also von Musik aus nicht anglo-amerikanischem Kontext bemerkt: Kunst ist eigentlich überall viel politischer als hier.
Existenziell politisch.
Nur im Westen kann man sich noch „Tage wie diese“ wünschen oder mit einer Puffmutter eine wohlkalkulierten Skandal landen.
Durchaus auch beschämt nach Hause gefahren.

Darüber hinaus trafen wir sehr viele Menschen, die so aussahen wie der VHS-Kurs „Kunstgeschichte II, VHS Castrop-Rauxel“ – will sagen: Menschen im besten Boomer-Alter in praktischen Sandalen und mit viel lauter Meinung, die jeweils gruppenweise peinlich waren und mich etwas an die Kreuzfahrer aus Dänemark erinnerten.
Überhaupt Dänemark: Mittendrin las ich ein Schild und musste sehr lachen über soviel verquaste Sprache.

Dieser Ausschnitt soll übrigen sagen, dass die Installation Menschen erinnern soll, dass das Ufer der Fulda ein schönen Ort ist. Hauptsache Passiv-Konstruktionen!

Und ich dachte an das geliebte Land im Norden, das unter anderem so viel schöner kommuniziert.
Ach, ach. Still got the blues.

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21.7.2022 – it escalated quickly

Irgendwie ist das etwas eskaliert. Zu Beginn stand „ein bisschen im Büro aufräumen“ und dann wollte ich arbeiten – das war die letzten Tage schon etwas zu kurz gekommen, weil weder die Rechner noch ich befanden, dass die Temperaturen im Büro noch in unserem Toleranzbereich lagen. Ich hatte das mit einem roten Kopf, die Server mit roten Warnmeldungen quittiert.

Aber dann fand ich, dass ich vielleicht die Schränke nicht mehr mochte die mein damaliger Firmenkompagnon gekauft hatte, bevor wir seine und meine Selbstständigkeit im Jahr 2000 fusionierten. Also kurz zu Ikea, es kamen ein paar Kallax ins Haus und eigentlich hatte ich mich an diesem Rot auch etwas satt gesehen und brauchte dringend ein Blau.
Vollkommen überraachenderweise kamen dann auch schon die Menschen, die die alten Schränke gern haben wollten und den alten Fernseher auch und das Röhrenradio auch und niemand hat diesmal betrügen wollen.
Blau auf rot zu streichen ist übrigens etwas mühevoll und puh, da war was los an diesem Tag.

how it started, how it looks now

Morgen werden die Kallaxe dann aufgebaut und dann muss ich bloss noch dieses Dachgeschoss mit seinen tausend Ecken und Kanten weiß streichen aber dann kann ich zumindest wieder arbeiten.

Außerdem: Als ich damals – ganz, ganz treue Leserinnen des alten Blogs werden sich erinnern – in das Dorf zog und eingeschult wurde, da gab es einen Jungen, der wohnte in einem Vorort des Dorfs; ja, so etwas gab es. Eigentlich war es kein Ort, es waren zwei Bauernhöfe, die etwas weiter draußen lagen und ein grünes Ortsschild spendiert bekommen hatten. Schon damals zeichnete er gern und von uns allen am besten und nach der Grundschule verlor ich ihn aus den Augen.
Und entdeckte ihn fünfunddreißig Jahre später im Internet wieder. Er zeichnet immer noch und immer noch besser als viele und letztens zeigte er auf Instagram ein paar Seiten seines Skizzenbuchs und ich war sehr begeistert. Jetzt war der Bassist in der Post und ich bin sehr, sehr froh darüber.

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18.7.2022 — Darlington County

Das war dann also der Tag, an dem ich nach ewiger Zeit mal wieder die Lieblingsschwester im Geiste gesehen hätte. Also, wenn ich mehr sähe*. Nun denn, wir telefonierten** immerhin viereinhalb Stunden.

Davor war ich kurz bei der Post. Liebe Boomer, wenn ihr nicht ständig also solche beschimpft werden wollt, benehmt Euch vielleicht nicht ständig wie welche. Nicht wie die Frau, die natürlich im Laden an mir vorbei rannte, weil ich halt nicht fett im Weg stand, sondern anderen Menschen Platz ließ. Nicht wie der Mann, der die Frau hinter dem Schalter anpöbelte, weil er seine Pakete gerne in Folie einpacken möchte und DHL solche Pakete nicht transportiert; nein, es hilft auch nicht, gezählte fünfmal „ja aber ich finde das so schön“ zu sagen. Als ich rauskam: Vier freie Parkplätze und zwei Autos, die neben den Parkplätzen auf der Sperrfläche direkt vor der Ladentür standen. Raten Sie, wer’s war, es ist nicht schwer.

Außerdem:

… ein bisschen im Büro rumgeräumt, das wird schön.

… tatsächlich ganz ohne Betrugsversuche etwas auf ebay-Kleinanzeigen verkauft.

… mir Sorgen um eine Influencerin im Krankenhaus gemacht; sogar um eine, die ich sonst nur zum Staunen darüber, dass man mit so etwas Erfolg haben kann, ansehe. Das Internet ist ein seltsamer Ort – so vong Nähe und Distanz her.
Um eine Katze getrauert, die ich auch nur aus dem Internet kenne. Ein beeindruckend seltsamer Ort dies ist, liebe Padawanesinnen.

… mich daran erfreut, dass Tina auf facebook Tinas Writing Room eröffnet hat – einen Ort, wo wir sie jetzt in den nächsten Monaten beim Schreiben des nächsten Albums begleiten dürfen. Oder sogar ein bisschen mitmachen.

… mich an Vanessas*** letzten Newsletter erfreut. Als Selbstständiger stand da zwar eigentlich(!) nichts neues drin, aber genau das ist ja eines von Vanessas großen Talenten: Dinge gut zusammenfassen. In diesem Fall die Fragen, die man sich stellen sollte, wenn man einen Auftrag bekommt.

The Dry geguckt. Joah, not bad.
The Protégé – Made for Revenge geguckt. Halt so ein lonely Rachefeldzugs-Film, aber gut gemacht.

*) Wird aber.
**) Falls Sie das mit dem Telefonieren übrigens gar nicht nachvollziehen können und daran wiederum eigentlich etwas ändern möchten, gehen Sie doch mal zu Saskia auf Instagram, die hat da ein paar gute Ideen
***) Transparenzdings: ich arbeite (supergern) für Vanessa, aber nicht, indem ich hier für sie Werbung mache. Das geschieht unbeauftragt aber aus Überzeugung immer, wenn’s passt.

17.7.2022 – on my way

Ein wenig Besserung. Tour de France geguckt – also, die linke Seite, hahaha – und immerhin zwischendurch kurz einmal rausgekonnt: Kurz mit Lydia getroffen und besprochen, was ich bei ihrem Wohnzimmerkonzert tun werde – nämlich den lokalen Tourmanager spielen. Die Künstlerin in Empfang nehmen und so. Ick freu mich drauf.

Aber hauptsächlich schon immer noch genervt; vor allem weil ich ein Date, ein echtes Date, so mit Treffen und umarmen und gemeinsam frühstücken mit der Schwester im Herzen absagen musste. Es wäre unser erstes seit 2019 gewesen, wenn ich nichts vergesse. Aber Autofahren ist schon ein echtes Abenteuer, da setz ich mich nicht zwei Stunden auf die Autobahn. Hmpf.

Aber immerhin hab ich mal wieder ein bisschen …

Zeugs

Gut, wir wissen ja alle, dass Corona vorbei ist … / Gut, wir wissen ja alle, dass Corona nicht vorbei ist … (suchen Sie sich halt was aus), aber ich fand diese beiden Artikel schon ganz interessant

Was ich gestern 9.7.22 in Göttingen in der Uni von einem der Göttinger Forscher über Corona gelernt habe:
[…]
Es wird vermutlich nicht mehr wie „vor Corona“ werden. So wie es nicht mehr „vor Klimakatastrophe“ werden wird. Passt euch an. Nehmt das ernst.

Ein Thread von Der Sven auf twitter.

Long Covid bedeutet für viele Menschen vor allem eines: ganz viele Fragezeichen. Zeit für einen Überblick. Was wir bisher über die Langzeitfolgen einer Sars-CoV-2-Infektion wissen. Und was nicht.

Ronja Beck, Cornelia Eisenach (Text) und Trampoline (Illustration) auf republik.ch:
So, Long Covid

Wie gut wie – also: Die Gesellschaft – mit Corona klarkommt hat der Kinderok mal zusammen gefasst:

Ich wage trotzdem eine Bilanz. Aus reiner Praxissicht haben wir, wie viele andere auch, die härtesten zwoeinhalb Jahre hinter uns, die ich bisher erlebt habe. Nicht, dass die Kinder schwer erkrankten, das hat sich bis auf sehr wenige Ausnahmen nicht bewahrheitet, und wir bangen um jeden Säugling, der coronapositiv getestet wird. Aber das Gesamtgefüge einer Kinder- und Jugendarztpraxis scheint auf den Kopf gestellt.

Kinderdok auf kinderdok.blog:
Keine Corona-Bilanz (Mein Corona-Senf XIII)

Kommen wir nach all dem Ungemach noch zu etwas erfreulichem: Lehrerinnen geht es gut. Wir haben das alle geahnt und der Preisgekrönte Schul-Blogger Bob Blume gibt es endlich zu:

Früher, wenn ich nach einem anstrengenden 4-Stunden-Tag nach Hause kam und nach einem ein- bis zweistündigen Powernap durch meine Instagram-Kommentare scrollte, war ich manchmal so böse über das Unwissen einiger Hennings, dass ich die Aufregung noch den ganzen Tag verspürte, während ich nach harter Arbeit am Hochbeet versuchte, meine Meditationsübungen im Garten zu genießen. Das hat sich geändert. Denn auch wenn ich ab dem heutigen Tage als Nestbeschmutzer gelten werde, ist es endlich Zeit zuzugeben: Ja, Lehrerinnen und Lehrer haben ständig Freizeit! Und jammern tun wir nur, damit die Gesellschaft uns noch viel lieber hat als ohnehin schon. Eine Beichte.

Bob Blume auf bobblume.de:
DISKUSSION: Lehrer haben frei und jammern? Stimmt!

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