26.7.2023 – breakfast, no Tiffanys

Der Tag ist einfach erzählt: Wir waren mit einer Freundin zum Frühstück verabredet und dann war’s auch schon Nachmittag. Eventuell bedurfte es eines Nickerchens und dann hab ich die Geigen in der zweiten Strophe noch ein wenig lauter gemacht – ich hatte erwähnt, dass ich mal wieder an einem Remix-Wettbewerb teilnehme?

Aber da war noch was offen:

Sie fragen, Christian antwortet

Können Sie drei tolle, heute noch im Internet auffindbaren/lesbaren Tagebuchblogs empfehlen, die (schon länger) nicht mehr geführt werden (warum auch immer) und vorstellen, warum sie auch heute noch lesenswert sind?

(aus dem Fragen-Doc)

Als erstes fällt mir da Pia ein. Die hat zwar gelegentlich in den letzten Monaten nochmal was geschrieben, aber nicht im Ansatz so viel, dass es dem Namen Daily Pia gerecht würde. Pia hat ähnlich früh begonnen wie ich und ich glaube, wenn man das mal alles zurück lesen würde, dann hätte man schon eine sehr runde Geschichte der deutschen Blogosphäre vor sich. Außerdem hat Pia es über all die Jahre geschafft wie kaum jemand anders, sich gleichzeitig immer wieder neu in den verschiedenen Wellen, die das Web 2.0 so durchmachte neu zu erfinden, dabei aber immer sie selbst zu bleiben.
Vor fast genau 16 Jahren (Alter!) hab ich während eines Urlaubs mal ihr Blog gehütet und auch das kann man noch finden.

Der zweite Name, der mir in den Sinn kommt ist das Nuf, also Patricia. Auch da kann man bis 2004 zurück blättern und was da als typisches Tagebuchblog begann, hat eine Entwicklung mitgemacht, die ich oft beobachtet habe und hier perfekt wie selten sonst dokumentiert finde: Patricia wurde immer politischer, immer feministischer und am Ende wurde Mental Load ihr Thema, aus dem dann auch ihr Buch entstand.
Ich nehme an, wenn man das Blog nachlesen würde (muss ich ja nicht, ich war dabei), läse man eine sehr interessante Doku über die Politisierung eines Menschen.

Dann habe ich schon beginnen müssen, in den Tiefen meines Feedreaders zu kramen, denn viele alte Blogs haben irgendwann einmal die Archive geleert; außerdem waren ja Blogs gefordert, die es sich noch zu lesen lohnt – und da suche ich nach mehr Gründen als „hat immer toll geschrieben“. Was ich übrigens einen vollkommen ausreichenden Grund finde, ein Blog zu lesen. Falls Sie sich selbst hier also vermissen: Keine Sorge.
Aber Svens Blog scheint noch ziemlich vollständig zu sein und ausgesucht habe ich ihn als drittes, weil er ein gutes Beispiel für etwas ist, was neben dem typischen Tagebuchschreiben die frühen Blogs oft ausmachte: Die Spezialisierung auf ein bestimmtes Thema. Sven hatte sich auf einen Vergleich von Hamburg und Berlin spezialisiert, nachdem er von der einen in die andere Stadt gezogen war.

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.

25.7.2023 – Urlaubstag, ein

Nach dem Aufwachen erst ein bisschen an den Schreibtisch gesetzt – das klappte sowohl von der Motivation als auch von der Effektivität her prima – und mittags dann los gefahren nach Köln.
Denn Sie wissen das: Wir lieben Museen und in Köln gibts da ja eins der besten.
Nach fast drei sehr glücklichen Stunden – Kunst macht uns wirklich froh! – noch rüber zum Bahnhof, ich wollte mal wieder ein bisschen Streetfotografie aus dem Handgelenk probieren.

Die Liebste – durchaus oft mit höherem Verstand gesegnet als ich – hatte dann am frühen Abend einen Tisch in einem äthiopischen Restaurant reserviert. Nach Museum und Bahnhof hatten wir noch etwas Wartezeit, die sich aber gut im Museumscafé rum bringen ließ und danach gab’s wunderbares Essen.

Das war ein ziemlich perfekter Urlaubstag.

In Gedanken waren wir viel bei Freunden, die gerade eine unschöne Zeit durchmachen und mit denen wir am Montag noch gesprochen hatten. Natürlich ist deren Geschichte deren Geschichte und gehört hier nicht hin, aber eines ist auf jeden Fall eine Essenz sowohl dieser traurigen Ereignisse und auch unserer langen Unterhaltungen: Sprechen Sie miteinander darüber, wie es Ihnen so geht. Echt, auch wenn’s schwerfällt und/oder Sie halt nicht so daran gewöhnt sind.

Ich hab da noch eine Frage offen:

Sie fragen, Christian antwortet

Wegen Verweisen auf Krautereporter usw.: Wieso sollte man sich tagesaktuell über die Nachrichtenlage informieren? Genügt auch eine Wochenzeitung? Wer fasst die aktuelle Nachrichtenlage (ohne Bezahlschranke?) am besten zusammen bzw. was nützen Sie für einen schnellen täglichen Überblick?

(aus dem Wunsch-Doc)

Ich stolperte erstmal über das Verb „sollte“ und war drauf und dran zu sagen, dass natürlich niemand etwas soll. Aber nun, wo die Frage ein paar Tage abgelagert ist, denke ich: Wir leben in Zeiten in denen unsere Welt im großen und kleinen bröckelt. Viele dieser Auflösungserscheinungen führe ich darauf zurück, dass Menschen zu wenig Bock hatten sich zu informieren und den Schaumschlägern von der „es gibt für alles eine einfache Lösung“-Fraktion auf den Leim gegangen sind und gehen.
Also doch: Ja, jede sollte sich informieren. Wir leben hier zusammen in einer Solidargemeinschaft mit anderen Menschen und teilen uns mit ihnen Stadt, Land und den Planeten – und nein, eine Nummer kleiner gehts heute nicht mehr, jedenfalls nicht wenn meine Entscheidung zu einer Urlaubsreise etwas damit zu tun hat, ob pazifische Inseln überschwemmt werden und meine Entscheidung für eine Hose das Leben einer Näherin in Bangladesh beeinflusst.
Unser Zusammenleben gibt uns Rechte und auch Pflichten und auch wenn zweiteres im Moment etwas unpopulär geworden ist, halte ich es für die Mindestpflicht, sich zu informieren.

Ob Sie das stündlich, täglich oder einmal in der Woche tun, das bleibt jeder selbst überlassen; und ein bisschen verstehe ich die Frage auch nicht. Ich fühle mich als Teil dieses Ökosystems, egal ob als Teil des kleinen Zweiersystems hier im Haus oder als Teil des ganz Großen und daher möchte ich doch wissen, was geht?! Nachrichtenkonsum ist für mich nicht ein ToDo, das ich in regelmäßigen Abständen abhaken muss – es ist ein Teil meines Lebens, der für mich wichtig ist, um Entscheidungen treffen zu können. Daher kann ich die Frage, wie oft „reicht“ für mich nur so beantworten: Es reicht, wenn ich die Themen die auf mich stoßen, so weit verstehe, dass ich sie in den Gesamtzusammenhang einordnen kann.

Mein persönlicher Mix setzt sich aus der Krautreporter-Morgenpost, regelmäßigem Radio-Hören, einer gut kuratierten Twitter (haha, nein) Mastodon-Timeline, passenden Blogs, Magazinen, Zeitungen (mit und ohne Bezahlen) bzw. einem gut gefüllten RSS-Reader und nicht-reflexhaftem Abschalten des Fernsehers zusammen. Die Zusammensetzung und Gewichtung ist vollkommen variabel. Sorry, ich habe keinen „schnellen Überblick“, sondern immer Augen und Ohren offen.

Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!

22.-24.7.2023

Das Wochenende war hauptsächlich gefüllt mit einer ebenso eigenartigen wie anstrengenden Stimmung. Die erste Woche meiner Sommerferien ist rum, der Ausflug nach München war zwar im Ergebnis wunderschön, aber auch sehr anstrengend. Vorher, währenddessen und nachher auch. Aus Gründen, die viel mit einer na-Gott-Sei-Dank-ist-das-vorbei-Pandemie und meiner Arbeitsfähigkeit zu tun haben, muss ich in der zweiten Woche „schon ein bisschen etwas“ fürs Büro tun und naja, das torpediert dieses Entspannungsdings überraschend nachhaltig.
Wir waren am See, wir waren im Kino*, wir waren im Ikea und haben einen Bilderrahmen für ein Foto geholt, das unsere Freundinnen-Wand sehr schmücken wird; wir haben oft kleine Lego-Figuren herumlaufen lassen und weiter TNG gebinged, wir tranken Kaffee – und trotzdem blieb da viel Unruhe im Hinterkopf.

*) Im Kino sahen wir den aktuellen Aufguss von „Indiana Jones“ und ich sags mal ganz höflich – so ca ab der fünften Minute fühlte ich mich persönlich beleidigt.

Heute morgen dann eine erste Runde am Schreibtisch und die Liebste, die mich body-doubelte meinte, ich hätte die erste Viertelstunde nur in wechselnden Abständen „Fuck“ gesagt. Wie das halt so ist, wenn gleich zu beginn alles schiefgeht, was so schief gehen kann. Es ging dann aufwärts und vielleicht klappt das mit der Work-Holiday-Balance doch in dieser Woche.

Abends dann ein bisschen schlechte Nachrichten aus dem Freundeskreis; insgesamt ist da noch ’ne Menge Luft nach oben für diese Ferien.

Aber ich brachte Ihnen ein bisschen …

Zeugs

Schon mal Solastalgie gehört? Oder sogar gefühlt? Ich stieß auf den Begriff und konnte mich da sehr gut drin wieder finden:

Solastalgie ist der Schmerz über die Trostlosigkeit, die wir empfinden, wenn wir merken, dass die Natur, die uns von Kindheit an begleitet hat, nicht mehr da ist, krank ist und sich auch nicht mehr regenerieren kann.

Eckart von Hirschhausen im Podcast „Peter und der Wald“ 10/2022, zitiert im Artikel
Solastalgie – Wenn Umweltveränderungen die Seele belasten von Ute Kranz auf bravebird.de

und weiter:

[…] bringt gleichermaßen multiple Herausforderungen und damit auch eine seelische Belastung mit sich: Ohnmacht, Trauer um Verluste, Isolation, Zukunftsängste, Schuldgefühle und schlechtes Gewissen


Thematisch direkt dabei: Die Zukunftsangst. Rebecca Kelber von den Krautreportern hat aufgeschrieben, „Was Mut macht, wenn die nächste Katastrophe verkündet wird“:

Immer wieder fürchteten sich Millionen Menschen vor einem Unglück, das dann doch ausblieb. Ich habe mir fünf solcher Szenarien angesehen – und wie sie helfen können, mit Zukunftsangst umzugehen

Rebecca Kelber auf krautreporter.de:
Was Mut macht, wenn die nächste Katastrophe verkündet wird

Besonders lebhaft sind meine eigenen Erinnerungen an den Y2K-Bug Ende 1999. Während mein Freundeskreis 1999 von Prince rauf und runterhörte und die megagroße Silvesterfeier vorbereitete, rief hin und wieder jemand an und bat mich vorbei zu kommen – ich hätte doch sicher da etwas vorbereitet für seinen Computer. Ja, hatte ich – auf einer Diskette, by the way.
Ab Anfang Januar kumpelte mich dann jeder an, es sei ja wohl doch alles nicht so schlimm gewesen, also auf seinem Computer liefe ja alles wie gewohnt. „Ja, ich hab ja auch den Fix eingespielt“, erinnerte ich. Irritierter Blick: „Ach ja.“
Das war faszinierend.


Zurück zum Kino, da läuft ja gerade „Oppenheimer“. Keine Ahnung, wie das bei Ihnen ist, aber ich hab in der Oberstufe „In der Sache J. Robert Oppenheimer“ gelesen und wir haben damals viel über Moral gesprochen. So wie ich die Inhaltszusammenfassung in der Wikipedia lese, gehts da wohl zuerst um die Biografie Oppenheimers – wie sehr man sich weiter gehende Gedanken selbst machen muss oder dazu angeregt wird, steht da nicht. Aber darüber hinaus stieß ich jetzt auf einen kleinen Thread auf Instagram, in dem ich mal wieder auf eine Geschichte hinter der Geschichte aufmerksam gemacht wurde. Tja, Geschichte, sogar die bei der man sich mal moralische Gedanken machen kann wird halt erstmal von Weißen geschrieben:

[The test area] was inhabited by Hispanos. They were given 24 hr to leave. Their farms bulldozed.

soledadobrien auf Instagram

For something completely different: Wenn Sie auf mastodon unterwegs sind, haben Sie beim Posten eines Bildes vermutlich schon einmal die Möglichkeit gesehen, beschreibende Text zum Bild einzufügen. Auf twitter ging das afair auch, in den meisten CMS auch und meiner Erfahrung nach interessiert das recht wenige Menschen. Nein, ich denke ehrlich gesagt auch zu selten daran, obwohl ich schon vor 25 Jahren mit blinden Menschen über den Sinn sprach.
Das RRZE, ein IT-Dienstleister hat für sein Blog mit sechs blinden und sehbehinderten Menschen gesprochen, wie für sie der perfekte Beschreibungstext aussieht:

Wie beschreibt man das Foto eines Menschen so, dass es andere sich gut vorstellen können? Was gilt es bei Diagrammen oder Organigrammen zu beachten? Welche Details sind in der Bildbeschreibung von Technik-Fotos sinnvoll? Wie kann man Screenshots von Benutzeroberflächen prägnant in Worte fassen?

Elisabeth Kolb auf www.rrze.fau.de:
Der perfekte „Alt-Text“: Wir haben sechs blinde und sehbehinderte Menschen gefragt, welche Bildbeschreibungen ihnen wirklich etwas bringen

21.7.2023 – Ich würde keinem Club angehören wollen, der mich als Mitglied aufnimmt.*

*) Groucho Marx

Der erste Urlaubstag, nachdem die Reise ja ein Zufallsprodukt und keine Urlaubsreise war. „Lass uns doch Franz Marc besuchen“, schlug die Liebste vor und wir machten uns auf den Weg nach Essen ins Museum Folkwang. Nicht wirklich, um die beiden dort hängenden Bilder von Marc nochmal zu sehen, sondern irgendwie vor allem, weil ich am Dienstag, beim Betreten des ersten Saals nach 2 Minuten feststellte, wie sehr sie mir beim Museumsbesuch fehlte. Wir tun das so gern zusammen, diese Museumsbesuche, dass mir schlicht die zweite Hälfte zum Reden, Anschauen, Verstehen, Austauschen komplett fehlte.
Im Folkwang haben sie vor nicht langer Zeit alles neu gehängt, außerdem gehen wir sonst andersherum durch und so entdeckten wir heute jede Menge Bilder, die ich noch nie (richtig?) bemerkt hatte und: Alter, das hat sich mal gelohnt. Wir waren zwar heute in vollkommen unterschiedlicher Stimmung – immer wenn sie „ist das böse, ich will weiter“ feststellte, rief ich begeistert „Apokalypse, Tod, Hitler“ und ließ mich in besonders düstere Bilder hinein ziehen – aber das hat ja auch was Interessantes.
Außerdem liebe ich die Architektur da so sehr!

Wussten Sie, dass das Folkwang und der HiFiKlubben in Essen nur ca. 5 Minuten voneinander entfernt sind? Ich auch bis heute nicht. Aber wo wir ja quasi da waren und ich der Liebsten nach dem letzten Besuch so vorgeschwärmt hatte, mussten wir da natürlich noch kurz vorbei schauen. Also: rein schauen. Und wenn man schon reinschaut auch was mitnehmen. *hust*
Ich bin gern Klubben-Mitglied.

Auf dem Hinweg hatte ich kurz bei Frau Doktor angehalten, weil ich ein Rezept brauchte. Bei ihr an der Anmeldung hängt ein neuer Zettel zwischen den beiden Plätzen der MTAs – sinngemäß: „Liebe Patientinnen, unsere MTAs machen hier einen anspruchsvollen Job und sie machen ihn freundlich und gut. Bitte behandeln Sie sie dementsprechend respektvoll und freundlich. Wenn Sie meinen, dass Sie es besser können, dann bewerben Sie sich gerne. (Unterschriften der drei Ärztinnen)“ Abgesehen davon, was für eine großartige Geste ich es finde, sich so hinter die Angestellten zu stellen, schossen mir die Tränen in die Augen, weil es ja offensichtlich nötig ist, so einen Zettel aufzuhängen. Ich sprach die MTA dann darauf an und bat sie, allen Kolleginnen auszurichten, dass ich mich noch nie in den letzten 50 Jahren in einer Arztpraxis so sicher und gut aufgehoben und so freundlich behandelt gefühlt habe wie bei Ihnen (was exakt Null übertrieben ist) und eventuell hatten wir dann beide etwas feuchte Augen.

Well played, Ihr Nörgler und Querdenker, Ihr Pöbler und Besserwisser. Ey, was ein Scheiß, ey.

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
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17.-20.7.2023 – wo die wilden Kerle wohnen

Montag:
Ein Tag auf der Autobahn. Es ist wenig zu berichten, außer dass das Batmobil wirklich ein wirklich gutes Reisemobil ist, dass die hier beschriebenen Entspannungseffekte beim Reisen immer noch so eintreten und: Dass ich es beeindruckend finde, auf der Autobahn nach Bayern reinzukommen und zu sehen, wie die Straßen da ausgebaut sind. Holzverkleidete Schallschutzwände, Alter. Selten weniger als sechs Spuren. Da sieht man, wo die Prioritäten liegen.*

*) Andererseits: Die Stadt ist mit Wahlplakaten voll und die CSU prahlt damit, dass Bayern Nummer eins bei den erneuerbaren Energien ist. Heuchler.

Nach acht Stunden Fahrt – nur mit einem kurzen Zwischenstop um die Liebste bei der Verwandtschaft abzusetzen – saß ich im MotelOne in München und atmete mal durch. Ja. Ich in München. So hab ich auch geguckt.

Dienstag:
Schlecht geschlafen (Hotelbett halt), früh aufgewacht. Fenster auf, jetzt wo es noch kühl ist. Als erstes zieht sanfter Cannabis-Geruch durchs Zimmer. Ach ja, in der Tiefgarage stehen viele niederländische Kennzeichen.
Textliches Highlight des Tages: „ein multifunktionaler Event-Cluster von Weltruf“. Aha. ich fahre trotzdem für einen kleinen Morgenspaziergang in den Olympiapark, an den habe ich Kindheitserinnerungen und ich möchte die auffrischen.
Irgendwann im letzten Jahr habe ich eine Doku über die Olympischen Spiele 1972 gehört – gestartet als die heiteren Spiele und allen im Gedächtnis geblieben als die Spiele, die von einer palästinensischen Terrorgruppe unterbrochen wurden. Selbst an diesem Morgen, wo hektisch und laut für irgendein Event aufgebaut wird, kann man auf dem Gelände die Idee von damals spüren. Ich setze mich auf eine Bank und kann mir gut vorstellen, wie damals die Sportlerinnen und Besucherinnen über das Gelände strömten.

Dann aber zu den eigentlichen Grund, der mich die Liebste begleiten und dann nach München weiter fahren ließ: das Franz Marc Museum, ca 1 Stunde südlich der Stadt. Erkenntnis eins: ich bin wirklich noch deutlich blöder als ich dachte und habe echt gestaunt, dass ich von München aus ja schon die Alpen sehe. Dann, dass ich schon in echt hügeliges Gelände komme. Dann dass ich am Fuß der ersten richtigen Berge stehe. Tja.

Aber zu Franz Marc. Wenn Sie schon ein wenig länger da sind, dann erinnern Sie sich vielleicht, dass ich den sehr liebe. Ich hatte mal versucht, das rüber zu bringen.
Kennen Sie das? Da ist etwas, was Sie zuverlässig tief berührt und wenn Sie versuchen, es zu wiederholen, dann setzt plötzlich der erhoffte Kick nicht ein? Ich brauchte ein halbe Etage, während der ich mir viele tolle Bilder ansah, Skizzenbücher dafür bewunderte, wie viel Kraft schon schwarzweiße Bleistiftskizzen hatten, endlich lernte, warum ich Marc mag und Macke nicht so sehr und das war alles prima und toll und auf einmal stand ich dann vor einem Bild und das umging alle Vernunft, alle kognitiven Ebenen und traf direkt ins Herz. Nur für diesen Moment hat die Fahrt gelohnt.

Anschließend fuhr ich aus Versehen noch auf einen dieser richtigen Berge – ok, da oben ists schon recht beeindruckend. Aber trotzdem: Im Zweifelsfall immer: Meer.

Nachmittags Pause im Hotel, denn abends hatten ich mich mit Frau Mellcolm verabredet. Über den Daumen seit zehn Jahren sind wir befreundet und heute haben wir uns das erste Mal getroffen und uns gefreut wie kleine Honigkuchenpferde – etwas was vielleicht nur diese Internetmenschen verstehen. Aber das kann mir ja egal sein, ich fuhr jedenfalls spät und selig grinsend über einen schönen Abend spät wieder ins Hotel. Nur dafür hätte sich die Fahrt gelohnt.

Foto: mellcolm

Mittwoch:
Einen meiner ältesten Freunde habe ich kennen gelernt, als ich noch eine Agentur hatte und er noch ein Praktikum machen musste. Und wir beide noch a full bunch of hair, wie Peter Gabriel einmal so schön über Tony Levin und sich sagte. All das ist lange her und vor ca anderthalb Jahren ist er dann blöderweise so weit weg gezogen, dass wir uns nicht mehr einfach so zwischendurch mal besuchen konnten. Aber immerhin so nah an München, das ich wenigstens jetzt mal auf einen verlängerten Kaffee hinfahren konnte. Und das war auch sehr schön – Freundschaften, die 20 Jahre überleben, die wollen ja auch gelegentlich mal gepflegt werden. Nur dafür hätte sich die Fahrt gelohnt.

Auf dem Weg brauchte ich Strom und landete an einem TruckStop, der gerade erwachte. Und ich liebe so etwas. Alte „Auf Achse“-Romantik oder so, aber ich konnte da die halbe Ladezeit zugucken. Na gut, und die andere Hälfte mich daran erfreuen, dass das Batmobil mit dem letzten Update einen YouTube-Player bekommen hat.

Nachmittags fuhr ich das erste Mal in die Stadt selbst, denn dort war ich mit Anette verabredet. Auch wir kannten uns bisher nur online, aber fanden auch schon länger „wenn Du mal in der Stadt bist, trinken wir mal was zusammen“. Was wir in einem Biergarten taten. Und eine Stadtführung bekam ich. Und lecker gegessen haben wir. Und am Ende standen dreimal so viele Schritte auf dem Schrittzähler wie sonst und die Touri-Attraktionen sind durch und wir haben uns verabredet, dann beim nächsten mal deeper in einzelne Viertel einzutauchen. Und (ja, die Wiederholungen sind Absicht) vor allem bin ich wieder mal sehr froh, diese Internetmenschen zu kennen, denen man dann auch mal begegnen kann und tolle Abende verbringen kann. Nur für dieses Erlebnis hätte sich … Sie wissen schon.

Donnerstag:
Früh aufgestanden, früh ausgecheckt, früh zum Frühstück zur Verwandtschaft der Liebsten gefahren und dann ab auf die Autobahn. In der Mitte ging das GPS verloren und wir mussten die Restkilometer auf Basis von Autobahnschildern berechnen. Wie so Neandertaler. Dafür das noch mal wieder tun zu müssen, hätte diese Fahrt echt nicht sein müssen.

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.

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