Sie kennen das ja inzwischen: Irgendein Sonntag, irgendein See, irgendein Schiffchen und wir beiden grinsen blöd vom Sonnendeck. Heute Baldeney-See, glatte zehn von zehn, gern wieder. Damit’s überhaupt was zu lesen gibt, hab ich den Medienkonsum der letzten Wochen verbloggt.
Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll? Schreiben Sie’s auf!
Freundinnen. Für immer. In der ARD-Mediathek gesehen. Beitrag aus der ARD-Reihe „Menschen hautnah“ über eine Gruppe junger Frauen, die seit vielen Jahren befreundet sind und seit vielen Jahren immer mal wieder mit der Kamera begleitet wurde. Klingt sehr unspektakulär und bekommt seine Bedeutung dadurch, dass eine der Frauen behindert ist und ihr Lebensweg dadurch mehr von anderen gelenkt wird, als man es bei jungen Frauen so gewohnt ist. Das ist keine Doku über Inklusion, das ist eine Geschichte über Freundinnen, von denen eine zufällig eine anderen Genmix abbekommen hat – und daran zu merken, wie unser aller Zusammenleben sein könnte, dürfte, sollte – das ist an vielen Stellen herzzerreissend schön. Und hält einem diverse Spiegel vor. Gut, das. ★★★★★
Liebes Kind Auf netflix geguckt. Sechsteilige Miniserie über eine junge Frau, die aus einer offensichtlich jahrelangen Gefangenschaft entkommt und deren Fall in einer Mischung aus polizeilicher Aufklärungsarbeit und Rückblenden immer klarer wird. Alter, das war intenser Psychoscheiß (ja, das ist ein Fachbegriff). Mich hat gefreut, dass die Geschichte angenehm ein bisschen an den üblichen Spannungstricks vorbei erzählt wird und dabei keinen Millimeter weniger spannend oder weniger psycho wird. Außerdem: Alle, aber wirklich ausnahmslos alle Männer-Figuren sind vollkommen spooky und ständig verdächtig. Hätte ich den halben Stern als Zeichen gefunden, gäbs einen halben Stern Abzug für das Ende, was nur gut, aber nicht so herausragend ist. ★★★★★
The I Land 7 Folgen, auf netflix geguckt. Zehn Menschen wachen am Strand einer Insel auf und wissen nicht, wer sie sind und warum und wo – leichte LOST-Vibes stellten sich ein, als die ersten gruppendynamischen Prozesse beginnen. Dann wird alles etwas wirr, vielleicht befinden sich alle in einer Simulation, vielleicht gibt es Gründe, die in den bisherigen Leben der Gestrandeten liegen und ich habe eine dunkle Ahnung, dass es dann darum gehen sollte, die einzelnen Personen psychologisch zu beleuchten aber irgendwie ist alles nicht gut genug erzählt; es fehlt der Flow, es fehlt an Tiefe. Und dann kriegts nochmal den Bogen zu einer spannenden letzten Folge – überraschend und mich ob der Bewertung ratlos zurücklassend. ★★★☆☆
All or Nothing: Die Nationalmannschaft in Katar 4 Folgen, auf prime geguckt. Ja, wieder eine Sport-Doku – aber diesmal eine über ein Ereignis, was ja eher nicht so gut ausging. Sagen wir es so: Ich bekomme in meinem Beruf ja oft genug einen Blick hinter die Kulissen und sehe dann dort viel zu oft, dass auch dort wieder mal nicht mal mit Wasser gekocht wird, sondern auch nur alles mit altem Gaffa zusammen gehalten wird. Diese Doku ist – ob freiwillig oder nicht – dicht genug dran, dass man auch hier das Gaffa auffasern sieht. Ich bin jetzt echt nicht der achtzigmillionste Fußballtrainer in diesem Land, aber ich habe genug Pädagogik studiert, um zu wissen, wie man Menschen demotiviert. Well done, Trainer. ★★★★☆
Lang und tief geschlafen, frohgemut aufgewacht. Ein bisschen in die Gegend geguckt, ein bisschen gearbeitet und ab mittags hatte sich der Mann angekündigt, der uns unseren Holzvorrat auffüllen sollte.
Genau eine Stunde hat es uns gekostet, die Einfahrt wieder freizuräumen und ich halte das für eine sehr akzeptable Zeit. Und das ichs ohne wirkliche Probleme die Kraft hatte, für mehr als akzeptabel.
Nachdem wir uns – erschreckend spät im Leben – endlich davon gelöst hatten, dass die Abendbeschäftigung vor dem Bildschirm um 20:15 Uhr beginnt, haben wir uns für halb sieben Pizza geholt und jetzt schauen wir Tod auf dem Nil.
Wir haben es schon irgendwie verdient
Sie haben sich doch auch schon über die Deckel gefreut, die jetzt an den Plastikflaschen so dranhängen, dass sie einem das Gesicht zerkratzen? Der Grund, warum sie da hängen ist einfach und uns allen klar – Müllvermeidung, steht ja auch auf auf den Flaschen. Und? Habe Sie auch begonnen nachzudenken, was der Unterschied zwischen 500g Plastik in zweien oder 500g Plastik in einem Stück ausmacht? Wenig, richtig. Zählt man aber Plastikstücke und nicht Gewicht, dann …– aber nein, natürlich, das würde niemand tun.
Zeugs
Falls Sie irgendwie die Idee hatten, es gäbe in zivilisierten Gesellschaften eine Grenze des Ekelhaften, dann haben Sie entweder nicht Recht oder unsere neuen Nazis sind eben nicht Teil der zivilisierten Gesellschaft. Reichsbürger eröffnen derweil jüdische Gemeinden und ich tendiere weiterhin zu zweiterem.
Ach .com, wir haben jetzt eh schlchte Laune, da können wir auch noch schnell nachlesen, was für Gründe Menschen haben, die die AFD wählen. Das Missverständnis, dass sie es tun, obwohl die AFD die AFD ist und AFD-Dinge will hatten wir ja hoffentlich hinter uns gelassen? Aber Nostalgie scheint es auch nicht zu sein:
Was treibt Menschen an, die AfD zu wählen – wo die Partei kaum durch inhaltliche Konzepte auffällt, sondern vor allem durch interne Zerstrittenheit und destruktives Auftreten?
Zunächst hatte ich als Motive Ängste vor Abstieg oder Deklassierung erwartet. Doch letztlich hat das keine Rolle gespielt. Genauso wenig wie die nostalgischen Sehnsüchte nach einer verklärten Vergangenheit. Mit Zuordnungen wie „Ewiggestrige“ würde man die AfD-WählerInnen nur verharmlosen. Das zentrale Charakteristikum meiner InterviewpartnerInnen ist eine nihilistische Wut. Sie entzündet sich an einem Unvermögen, sich eine Zukunft vorzustellen. Die Zukunftsvorstellungen meiner InterviewpartnerInnen umfassen keine konkreten politischen Visionen oder Utopien, sondern sind äußerst bilderarm. Sie sind eigentlich nur definiert durch eine sehr abstrakte Negation des Status quo.
Geschlafen, wohlgelaunt aufgestanden, gearbeitet. Prima. Nach drei Stunden quasi umgefallen wie zu schlimmsten Long-Covid-Zeiten. Der Körper fühlte sich an wie nach einem Wochenende und einem Marathon und das ließ sich weder durch Koffein noch Bewegung noch Schlaf richten. „Akzeptanz, Herr Fischer?!“ — „Akzeptanz ist etwas schwer, wenn meine Frau derweil alleine den Haushalt und unser ganzes Leben stemmt und ich auf der Couch liege“ — „Ja, das verstehe ich“ — (Stille) Zu oft geführt, diesen Dialog.
Weiter gehts nach dem Bild – heute vor zwei Jahren aufgenommen. Heute vor einem Jahr war also auch schon nix los.
Zeugs
Formschub schreibt übers Reisen, übers wo-sein, zu-Gastsein und über sich-zuhause-fühlen. Ich bin zwar deutlich weniger rumgekommen, schrieb ja letztens schon mal darüber, ob die Sehnsucht nach Dänemark vielleicht Heimweh ist und habe das sehr gern gelesen:
In Skandinavien und insbesondere in Schweden ist das etwas anders. Wenn ich hier bin, habe ich das Gefühl, ich sei bereits vor meinem allerersten Besuch schon einmal hier gewesen und auch, als wäre ich den Menschen hier auf seltsame Weise verbunden. Wenn ich alleine durch den Wald gehe, ist es zwar still, aber ich höre die Bäume und Felsen flüstern »willkommen zurück!«. Der Wind, durch die Bäume streicht oder das Rauschen eines kleinen Waldbaches sagen mir »da bist du ja wieder!«. Ich fühle mich nicht wie in einem fremden Land, sondern wie in einem Ur-Zuhause, wandere nicht als Beschauer umher, sondern bin an einem Ort angekommen, der sich anfühlt, als gehörte ich dorthin. Es fühlt sich an wie ein Einrasten, als spürte ich ein »Klick« und fügte mich an einem Platz ein, der genau der richtige für mich ist. Mich würde interessieren, ob das nur mir so geht oder ob auch andere an manchen Orten, egal ob im Ausland oder in »ihrem« Inland, ein ähnliches Gefühl oder vergleichbare Unterschiede bei der Wahrnehmung ihrer Reiseziele haben.
Um die Frage zu beantworten: Ja, bei mir ist das In Dänemark sehr genau so: Ich fühle mich, als sollte ich da sein. Ich bin dort ein anderer Mensch, sagt die Liebste manchmal und ich selbst blicke dort auf mich und merke: Ich bin dort der Mensch, den ich kannte, bevor mir das Leben passierte. Als wäre von der Landschaft über die Orte, die Architektur, den Stil, das Design bis zu Menschen dort, das der Ort wo ich herkomme.
Aber apropos „Dänemark“: Dort gibt es ein Gesetz, das es erlaubt, Autofahrerinnen das Auto abzunehmen, wenn sie nicht nur zu schnell, sondern wahnsinnig zu schnell erwischt werden. Ich finde das ganz vernünftig und muss ehrlich gesagt etwas grinsen, dass es jetzt deutsche Touris erwischt hat. Aber 107 statt 50 ist ja auch ’ne Ansage. Auf Instagram die Geschichte dazu.
Aber apropos „Auto“: Wir leben ja alle in dem großen Ambiguitätstoleranz-Experiment zwischen dem Wissen, dass uns unsere Telefone zu Tode ausspionieren und wir sie aber irgendwie brauchen. Aber keine Sorge, Telefone sind out. Heute spioniert man mit dem Auto:
Während wir uns Sorgen darüber zu machen, dass unsere vernetzten Türklingeln und Smartwatches uns ausspionieren könnten, ist die Automobilindustrie still, leise und im großen Stil ins Datengeschäft eingestiegen. Wie? Indem sie ihre Fahrzeuge zu datenhungrigen Überwachungsapparaten gemacht hat, die dank modernstem Chichi und Schnickschnack nie da gewesene Möglichkeiten haben, Sie zu beobachten, Ihnen zuzuhören und Informationen darüber zu sammeln, was Sie in Ihrem Auto tun und wohin Sie unterwegs sind. […] Nissan ist auf dem vorletzten Platz gelandet, weil das Unternehmen Daten aus den bedenklichsten Kategorien sammelt, die uns je untergekommen sind. Es lohnt sich, den kompletten Bericht zu lesen, daher nur so viel: Ihre „sexuelle Aktivität“ gehört dazu. Um Nissan in nichts nachzustehen, erwähnt auch Kia in seiner Datenschutzerklärung, dass das Unternehmen Daten über Ihr „Sexualleben“ sammeln kann. Oh, und sechs Autohersteller geben an, dass sie Ihre „genetischen Informationen“ oder „genetischen Merkmale“ erfassen können.
An dem elften September – jaja, ich gehe etwas nach – war ich in unserer Agentur und wollte früh nach Hause. Quasi im Losgehen sagte jemand „Da ist ein Flugzeug ins WTC geflogen“ und das Bild in meinem Kopf war das einer Cesna, die von den Winden über New York weg geblasen worden war und ich bedauerte kurz dieses Unglück – da waren doch bestimmt Menschen verletzt worden. Dann fuhr ich nach Hause, dort begriff ich. Wir saßen vor Fernsehen und SPON, die ihre Seiten auf reinen Textbetrieb umgestellt hatten, um Daten zu sparen. Aber nachmittags war eine Ratssitzung, da musste die Liebste hin und auf dem Weg sprach ein Freund gehässig „Da sehen die Amis mal, wie sich das anfühlt“ Es war mir danach nicht mehr möglich, ihn als Freund anzusehen. Natürlich wissen auch Sie, was sie an diesem Nachmittag getan haben. Öffnet man aber die Büchse der Pandora, die Welt nicht nur aus der sogenannten westeuropäischen Sicht zu sehen, dann – Überraschung! – gibt es andere Länder, deren Geschichte mit ähnlich einschneidenden Ereignissen verknüpft sind. Oder der elfte September ist dort nicht der Tag, an dem „wir“ angegriffen wurden, sondern an dem „wir“ alle zu Terroristen gemacht wurden.
Im September 2001 war ich zehn Jahre alt und besuchte wie jeden Tag nach der Schule meine Freundin Lejla. Wir hörten ihre Mutter im Flur des Plattenbaus mit einem Nachbarn reden: In New York seien viele Menschen gestorben, sagte sie. Also ging ich nach Hause, um den Fernseher anzuschalten und die Nachrichten zu sehen. Vorbei an Minenfeldern, blutroten Bombenkratern, an im Angriffskrieg zerstörten Gebäuden. Der Anblick war für mich normal. Doch normal war an diesem Anblick nichts. Die Stadt, in der ich aufwuchs, heißt Sarajevo. In diesen Straßen wurden meine Nachbarn vergewaltigt, gefoltert und ermordet, nur weil sie bosnische Muslime waren. Ich dachte damals, wir hätten bereits das Maximum an Hass und Gewalt überlebt, es könne ab jetzt immer nur besser werden. Naives Kind.
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Wissen Sie, Frau Doktor, im April hatte ich Hörsturz-Symptome, die dann kein Hörsturz waren. Ich habe seit Monaten quasi dauerhaft Schmerzen im Kiefergelenk und immer wieder im Ohr und jetzt die Gesichtslähmung. Ich würde sehr gern mal komplett abchecken lassen, was da in meiner rechten Gesichtshälfte los ist. — Ach so, Herr Fischer, Sie sehen das ganzheitlich. Hm-mm. Na gut, ich schau mal ins Ohr. Hm, da seh ich nix. — Ich dachte auch vielleicht an ein CT? — Was sagt denn der HNO? — Der sagt, ich müsse geglegentlich mal Druckausgleich machen. — Na, dann machen Sie das doch. — Mache ich ja, aber … — Na sehen Sie. — Aber es ändert ja nichts. — Ach so? Ach ja. Na dann. — Also ein CT? — Das halte ich nicht für nötig. — Aber was ist denn da in meiner Gesichtshälfte los? — Das weiß ich nicht, Herr Fischer. — Also ein CT?! — Ich denke nicht. Fragen Sie doch mal den HNO.
Ich bin etwas müde.
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