Weil ich eh hauptsächlich kränklich auf der Couch herum gesessen habe, möchte ich kurz bei Maximilian anlegen, der durch seine Stadt läuft und beobachtet, wie die Menschen damit umgehen, dass sie selbst an allen Ecken und Enden fehlen.
Maximilian hat wie immer ja vollkommen Recht: Es fehlt überall wer und eigentlich ist für mich nur noch interessant, wie die einzelnen damit umgehen. Meine Hausarztpraxis lebt zB nach dem Motto „Wie man in die Praxis hienin ruft, so schallt es hinaus“. Da ich generell versuche, zu Dienstleistern erst einmal so freundlich es eben geht zu sein, habe ich das lange nicht mitbekommen und hielt einfach alle da für extrem freundlich. Als sie aber letztens mit beeindruckender Gründlichkeit zu zweit den Typen zusammen falteten, der an diesem Schild mit der Bitte um Privatsphäre und Abstand einfach vorbei marschierte – weil – Achtung! – da seiner Meinung nach nicht freundlich genug um eben diesen Abstand gebeten wurde, da begriff ich. Naja, mir ists egal.
Beim Neurologen greift man hingegen zur bewährten Kommunikationsmethode „wenn alle doof zu uns sind, dann rotten wir uns zusammen und bemitleiden uns und sind doof zu allen“
Das erste Mal hatte die Hausärztin gemeint, es sei dringend. Hatte das auch auf die Überweisung geschrieben und mich in das Nofall-Termin-System geschickt. Leider hatte sie auf dem Schein etwas falsch formuliert und ich durfte zwar ins Sprechzimmer, aber nur um mir 20 Minuten lang anzuhören, warum ich jetzt heute nicht dran käme.
Nachdem ich dann zwei Wochen lang versucht hatte anzurufen, rechnete ich aus, dass hinfahren schneller gehen müsste. Fuhr die halbe Stunde hin, ging rein, es war leer, ich bekam einen Termin und fuhr wieder. Allerdings nicht, ohne mir ungefragt anhören zu müssen, dass sie ja nicht ans Telefon gehen könne! Allein heute Morgen waren es 450 Anrufe auf dem AB*; da gingen sie einfach gar nicht mehr dran.
Als ich dann zum Termin da war, war die offene Sprechstunde seit zwei Minuten beendet. Dann klingelte es; schemenhaft konnte man eine UPS-Uniform durch die Milchglastür erahnen. Interessierte die MFA aber nicht, sie nutzte das Klingeln für ein Wartezimmer-Publikums-laut vorgetragenes Gejammer, dass SCHON WIEDER jemand außerhalb der Zeiten klingele – ob denn NIEMAND MEHR in der Lage wäre ein Praxisschild zu lesen; außerdem waren ja heute schon wieder 450 Anrufe auf dem AB.
Der UPS-Mann sah und hörte das und uns durch die Scheibe, klingelte wieder, klopfte auch, rief „Ihr Paket!“ Logisch.
„Welch Unverschämtheit, außerhalb der Sprechstunde die Bestellungen zu bringen“ rief sie zur Kollegin nach hinten und ließ ihn dann doch ein. Machte ihn zur Sau, er sie auch, er schmiss das Paket mitten in den Weg auf den Boden, sie motzte darüber und ging. Das Paket blieb liegen.
So sehr ich das irgendwie verstehen kann, so sehr halte ich die Idee meiner Hausarztpraxis für nachhaltiger. So insgesamt gesehen.
*) Dieser AB wird dann über den Tag immer mal wieder in Zimmerlautsärke abgehört. Datenschutz, Schmatenschutz – wenn ich da noch ein bis zwei Stunden warte, kenne ich alle Patienten und ihre Diagnosen und Medikationen.
Die Liebste hat etwas entdeckt, was sich Lasagnesuppe nennt und nichts, aber auch gar nichts kann daran falsch sein. Vi ses!
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