Dieser Artikel wurde zuerst am 15.11.2015 veröffentlicht im jawl, meinem alten Blog. Das jawl ist geschlossen aber diesen Artikel wollte ich gern behalten und habe ihn deswegen in ein Archiv alter Artikel aufgenommen.
Ich mache jetzt mal was ganz seltsames – ich schreib mal wieder übers Fernsehen.
Eigentlich sind wir ja auch soweit im Streaming-statt-TV-Modus, dass wir letztens feststellten, dass sich unser Receiver offensichtlich aufgehängt hatte – und wir am eingeblendeten Datum sahen, dass er da seit drei Wochen hing. Aber hin und wieder gibts da Dinge die wir schauen.
Wie konnte es dazu kommen? Vor circa einem Jahr musste ich Sonntags abends immer früh ins Bett. Das Wochenende reichte nie aus, um mich von der Woche zu resetten und ich ging früh schlafen. Also nee: Ich ging früh ins Bett. Schlafen klappte nicht. Also Zappen. Außerdem ist die Frau ja bekennende Tatort-Guckerin und ich nicht so – das passte schon.
Beim Zappen also entdeckte ich eine Kochshow (gähn) bei VOX (gähn). Mit Ruth „Big Brother“ Moschner. (aha)
Nach ein paar Wochen merkte ich, dass ich da jetzt schon zum vierten oder fünften Mal hängengeblieben war. Die Sendung war chaotisch, anarchistisch, die gekochten Gerichte spielten kaum eine Rolle und Ruth und der Koch hatten sehr viel, meist deutlich zweideutigen Spaß miteinander, so dass die eingeladenen B-, C- und D-Promis keine störende Rolle spielten.
Ich erzählte der Frau davon und bin bis heute traurig, dass ich DEN Blick nicht fotografisch festalten konnte. Eine Kochshow?? Naja, irgendwie.
Die Staffel war zu Ende und ich vergaß das Ganze.
Dann bekam ich mit, dass die nächste Staffel starten sollte. Aus irgendeinem Grund hatte ich durch das Mitgucken einiger Tatorte genügend Good-Will-Punkten gesammelt, so dass sie einwilligte.
Wir hatten unfassbar viel Spaß.
Das Konzept ist simpel. Auf einer großen Bühne stehen zwei Küchen und drei Promis kochen im Wettkampf gegen Steffen Hensler drei Gänge (Vorspeise, Hauptgang, Dessert). Welche Gerichte, bestimmen die Gäste; Herr Hensler erfährt erst in der Sendung was er jetzt kochen muss. Ein Profikoch coacht die Promis und hilft beim Anrichten, damit man nicht sofort sieht, was vom Profi kommt. Eine Jury mit Fein- oder Vielschmeckern bewertet, wer besser gekocht hat. Dazwischen gibts kleine Spielchen, damit die Küchen aufgeräumt werden können und die Promis bessere Chancen haben. Alles also recht simpel.
Warum ich trotzdem es mag: Ruth Moschner verdient unfassbaren Respekt. Ich fand Moderation ja immer so eine „kann sonst nix, will aber vor die Kamera“-Tätigkeit, aber fast drei Stunden lang dieses Chaos zu beherrschen – das verdient Respekt. Sie ist immer am richtigen Ort, plaudert locker mal hier mal da, lenkt dabei unauffällig perfekt die nötigen Abläufe, man merkt, dass sie so Dinge wie das rechtssichere Wiederholen der Regeln immer unauffällig einbettet ohne dass irgendwas steif wirkt – und hat bei all dem sichtlich die ganze Zeit total Spaß.
Noch was? Ja, Herr Hensler beeindruckt mich. Sehr. Im stillen Küchelein Rezepte auszuarbeiten – das kann ich mir vorstellen, dass man so etwas kann. Aber ein Gericht genannt bekommen in dem ein paar Zutaten vorkommen müsssen und dann eine befristete, eher kurze Zeit zum Kochen zu haben und damit regelmäßig Dinge zu kreieren, die die Jury in Begeisterungsstürme ausbrechen lässt – Respekt. Wirklich Respekt.
Und die Gäste sind meist ok. Trotz B- oder C-Prominenz. Haben ja auch was zu tun und kommen manchmal nicht mal dazu, Ruths lockere Plauderei zu beantworten. Egal, dann geht sie halt wieder. (Erwähnte ich die unfassbar gute Moderation?)
Die Sendung ist beste Samstagsabend-Unterhaltung am Sonntag – und die letzten drei Minuten jedes Gerichtes wird es so hektisch, dass Familie Fischer danach vollkommen gegrillt im Bett liegt und hellwach an die Decke starrt.
Ja genau, von einer Kochshow. Im weitesten Sinne.
Außerdem kann ich zwei neue Wörter: Schlonzig. Und Röstaromen.