Hackerangriff?

Vorgestern hab ich was verpasst. Irgendwann abends erfuhr ich nebenbei, dass Online und Offline wegen eines „Hackerangriffs“ quasi übergekocht waren. Vielleicht war es also gut, dass ich nicht dabei war; vor allem, als ich dann versuchte, mich ein wenig zu informieren. Zum Glück stieß ich schnell auf einen besonnenen Artikel, denn – Spoiler – es war wohl gar kein Hackerangriff.

Aber das ist natürlich zu kompliziert und Medien sprechen weiter von „Hackern“, der Hashtag kursiert auch weiter und mich – denn ich mache ja was mit Computern – fragen Menschen nach einer Einschätzung.

Und die lautet in Kurzform: Verdammte Hacke, lernt endlich Eure Computer zu benutzen.

Und in lang: Lest Euch mal durch Clients from hell. Da gibts immer wieder mal Artikel die lustig sind, weil Kunden glauben, Computer (und die Menschen, die beruflich dran sitzen) seien allmächtig. Mensche, die mit mir sprechen glauben das ebenfalls oft.
Ich muss Euch was sagen, was Euch nicht gefallen wird:
a) Wir sind nicht allmächtig.
b) Wir sind allmächtig.

Ich erklärs mal:
Wir sind nicht allmächtig: Wir können in Photoshop nicht das Gesicht einer Person in ein Foto zaubern, wenn die Person sich weggedreht hat. Wir können nicht in ein Satellitenbild von Google hineinzoomen und schauen, wer bei Euch im Garten sitzt. Und wir Euch können nicht mal eben einen Studentenausweis drucken. Wir können nicht in dem Zeitraum „eine Firewall hacken“, den es braucht „oh, eine Firewall – bin drin!“ zu sagen.
Wir benutzen nur ein paar Programme und wir sind keine Hacker, sondern Grafiker oder Programmierer und das alles ist Hollywood-Kacke und wenn Ihr glaubt, das alles geht, dann zeigt das vor allem, dass Ihr nicht den Hauch einer Ahnung habt.

Wir sind allmächtig: Wir professionelle Anwender können es nicht, aber wer es möchte kann vermutlich in weit über neunzig Prozent der weltweit laufenden Rechner-Systeme einbrechen. Das ist harte Arbeit, die meist lange Vorbereitungszeiten und einen hohen Grad an krimineller Energie braucht.

Aber: In weitaus mehr der privaten Rechner kommt man rein. Viel einfacher. Und wisst Ihr warum das so einfach ist?
Weil ihr Euch nicht kümmert. Weil man Euch vorgaukelt, man müsse sich nicht kümmern. Weil Ihr als Passwort 12345 oder qwertz oder ficken oder den Namen Eurer Kinder benutzt und weil das immer noch geht. Weil Ihr keine Updates macht. Weil Ihr den bequemsten und nicht den sichersten Messenger benutzt und keine Mails verschlüsselt. Weil Ihr jeden lustigen Film aus jeder dummen Messenger-Gruppe anguckt und sofort an alle anderen weiter schickt und jedes dämliche Quiz bei Facebook anklickt. Weil Euch $5 im Monat für einen Passwortmanager zu teuer sind. Weil Ihr nach 25 Jahren immer noch nicht begriffen habt, was An, CC und BCC bedeuten.
Weil. Ihr. Euch. Nicht. Kümmert.

Und auch weil man Euch vorgegaukelt wird, dafür seien Computer da und so könne man sie benutzen.

Ihr habt Angst vor Hackern, aber kein Problem damit, in jedem Raum ein Mikrofon zu haben, das Eure Gespräche mit hört – weil es ja so supi bequem ist, „Alexa, spiel Helene Fischer“ zu sagen, statt das Telefon aus der Tasche zu nehmen und dreimal zu tippen.

Wisst Ihr, wie man als Fremder ins W-LAN einer größeren Firma kommt? Man kauft sich einen Business-Anzug, hängt in der Büro-Küche rum und fragt: „Sorry, heut’ ist mein erster Tag – wie war noch das Passwort? Ich will nicht schon wieder die IT anrufen …“

Man kann sich vor „Hackern“ nicht schützen, in dem man Software installiert. Man kann sich nur schützen, in dem man versteht, was man tut; in dem man versteht, was Computer sind und tun und in dem man sich entsprechend verhält.

97% der Menschen die mich fragen wollen das übrigens alles nicht hören, stecken ihren Kopf in den Sand und fragen mich beim nächsten „Hack“ der es in die Medien schafft exakt das selbe wieder.

Wisst Ihr was: Wenn Ihr das privat so handhabt, dann ist mir das vollkommen wumpe. Schade um Eure Urlaubsbilder, aber es ist mir wirklich vollkommen wumpe.
Schlimmer: Falls Ihr aber zum Beispiel ein Politiker seid, dann verdammt noch mal: Schafft Euch mal Ahnung drauf. Falls Ihr ein Telekomunikationsanbieter seid: Schafft Verschlüsselungsstrukturen. Lasst keine unsicheren Passwörter zu. Falls Ihr ein Firmenchef sein: Glaubt der IT. Die machen das nicht zum Spaß.

Verdammte Hacke, lernt endlich Eure Computer zu benutzen.

(Danke fürs Artikelbild!)

7 Kommentare

  1. Amen. aber das Üble: es besteht nicht nur kein Interesse, sondern auch bodenlose Faulheit und Bequemlichkeit. zu den hundertdrölfzig Apps noch einen sicheren Messenger zu installieren geht nicht. Begründung: “da ist ja keiner“ oder “da erreiche ich ja meine Leute nicht“. Kein Witz. Dass ein weiterer Messenger den Watzäpp weder deinstalliert noch unbrauchbar macht, ist zu vielen offensichtlich unverständlich.

  2. Und jetzt bekommst Du noch einen drüber, weil Userblaming ist ja so Scheisse, schuld sind die bösen Konzerne und der Staat…

    Na ja, wie so oft, die Wahrheit liegt dazwischen… Will ich ein mündiger Bürger sein, dann muss ich mich auch kümmern und nicht immer mit dem Finger auf Andere zeigen!

    1. @Thomas: Klar ist Userblaming scheisse – und das ist ja auch keine diffenzierte Betrachtung der Situation sondern ein Rant.
      Wen ich allerdings wirklich blame: Menschen die mich fragen, aber die die Antwort nicht hören wollen und weiter machen wie bisher, obwohl sie es besser wüssten.

      Natürlich liegt die Wahrheit in der Mitte. Ich schreib da vermutlich auch noch ein Follow Up …

  3. Ja. Aber.

    Wir können nicht erwarten, dass Menschen, denen zeitlebens vorgegaukelt wird, der Computer sei kindereinfach zu bedienen und nehme ihnen die Arbeit und das Denken ab, willens sind, die Arbeit und das Denken, die er ihnen andererseits neu bereitet, einfach so hinzunehmen. Betriebssysteme, Auto-Updates etc. entmündigen uns ein ganzes Stück weit, jetzt sollen wir andererseits zum mündigen User werden? Ja, social engineering ist immer noch die vielversprechendste Pforte für die Einbrecher, und Passwortmanager sind superpraktisch. Jedenfalls so lange sie nicht geknackt werden, und je enger ihre Integration mit Betriebssystemen und Browsern verzahnt wird, desto wahrscheinlicher ist ein Leck. Und was dann?

    Ich bin sehr dafür, gesunden Menschenverstand walten zu lassen, aber ich bin es auch langsam müde, dass die Verantwortung für alles, was Politik, Industrie und Werbung so anrichten, voll und ganz dem Verbraucher übereignet wird – ob es nun um Plastiktüten, Feinstaub, Fleischkonsum oder eben Computersicherheit geht. Das ist mir zu einfach und zu billig.

    Ich würde mir niemals freiwillig dieses “Internet of Shit”-Gedöns wie Alexa ins Haus holen, habe Siri deaktiviert und hasse Google seit jeher mit Inbrunst. Aber jedes Mobiltelefon ist ein Transmitter, abhörbar und fernsteuerbar. Ich kann die Kamera mit Tesa abkleben, aber das Mikrofon deaktivieren? Da muss ich mich auf die Schieberegler des Betriebssystems verlassen. Wie paranoid will ich leben?

    Und wie lange habe ich noch die Wahl, wenn es um Haustechnik geht? Als Mieterin schon gleich gar nicht, als Eigentümerin nur so lange, wie die Lobbyisten den ahnungslosen Politikern nicht vorgaukeln, dass ihr Produkt Energie spart oder Voraussetzung für eine Versicherungspolice sein muss oder, oder, oder. Was ist mit meinen Gesundheitsdaten? Mein Foto klebt seit fünf Jahren zwangsweise auf der Karte meiner Versicherung, aber das ist nichts gegen die Zukunft, in der ich gezwungen sein werde, ein Fitnessarmband zu tragen, dessen Daten darüber entscheiden, wie hoch meine Beiträge sind oder ob ich überhaupt versicherbar bin.

    Mündige User, my arse.

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