9.10.2020 – lieb gemeinte ein Punkte

Biberkacke. Da hatte ich vor ein paar Wochen ein neues NAS bestellt, dass sich hier im Haus um die BackUps aller Rechner kümmern sollte. Und leider hatte ich eher aus Gewohnheit als mit Bedacht gekauft: Halt die gleichen Festplatten wie früher auch.
Und jetzt, wo die Datenraten unterirdisch sind und die Festplattenberichte dauernd Schreib-Abbrüche anzeigen lese ich, dass der NAS-Hersteller die Festplatten inzwischen von seiner Empfehlungsliste gestrichen hat.
Means: Ich habe dann mal zwei Festplatten bestellt. Kennen Sie dieses lustige leise „Flufffff“-Geräusch, wenn Geld aus dem Fenster fliegt?

Und es ist schon lustig: Ich will gar nicht darüber nachdenken, wie viele Jahre ich ohne vernünftige BackUps gearbeitet habe, ohne auch nur im geringsten nervös zu sein – aber jetzt, wo ich seit Jahren welche habe, macht es mich furchtbar nervös, ein paar Tage keine aktuellen zu haben.
Vermutlich ist das der gleiche Gewöhnungsmechanismus im Hirn, der auch dafür sorgt, dass man ängstlich wird, wenn man zu viel Geld hat.

Am Schreibtisch streiche ich in konzentrischen Kreisen um meine eigene Website herum. Gab es nicht sogar mal ein Sprichwort darüber, dass der Schuster immer die schlechtesten Schuhe trägt? Ich tue mich auf jeden Fall auch gerade sehr schwer, meine Ideen in Pixel zu fassen um das zu vermeiden. Vielleicht tue ich mich auch schwer, meine Ideen klar zu umreißen, denke ich gerade.
Hm, wie sagte eine Freundin letztens noch? „Bei anderen bin ich da eigentlich total gut drin, aber bei mir selbst …

Ein Anruf einer Versicherung. Ich gebe ja zu, seit ich ein bisschen darüber weiß, nach welchen Techniken so Anrufrinnen geschult werden, probiere ich gern mal aus, wie sich diese Techniken unterlaufen lassen.

Ein großer Spaß war zum Beispiel damals, als ich der Frau von wlw einen Termin aufschwatzen wollte, weil sie so schlecht im Internet gefunden werden und sie diesen Termin abwehrte.

Heute mal versucht: Passiv-aggressives Schweigen.
Erfahrung heute: Steigt man nicht an den im am Whiteboard gelernten Punkten ins Gespräch ein, werden sie extrem unsicher.
Persönlich tat mir die Frau schon leid, keine Frage. Aber ich finde, man muss das System bekämpfen.

Aber im Ernst: Ich finde, diese Anrufe sind ein extrem gutes Beispiel dafür, wie Menschen es ausnutzen, dass es gewisse, von uns allen gelernte höfliche Verhaltensmuster gibt. Dass wir auf bestimmte Muster halt reagieren.
Also zum Beispiel, dass wir eine Möglichkeit nehmen wollen, wenn man uns zwei anbietet und vergessen darüber nachzudenken, ob wir überhaupt wollen.
Das resultiert in „Soll der Herr Müller dann lieber Dienstag oder Donnerstag zu ihnen kommen?
Die einzig richtige Antwort „gar nicht“ fühlt sich schon unhöflich an.

Oder dass wir einen Nebensatz, der mit „weil“ beginnt erst einmal als Begründung akzeptieren, weil ein „weil“ eben eine Begründung einleitet.
Das resultiert in „Und Herr Müller würde dann gerne einen Termin mit Ihnen machen, weil man das besser regelmäßig tut.“ und die Gegenfrage „Warum sollte man das denn?“ kann meiste schon nicht ohne Stocken beantwortet werden.

Oder dass wir meinen, wir wären eine Gefälligkeit schuldig, wenn wir etwas Nettes (materiell oder nicht) bekommen. Deswegen beginnen Gespräche so oft supernett ioder mit „Sie wurden ausgewählt“. Und auch einer Pfadfinderin, die Dir ein lustiges Lied vorgesungen hat, kaufst Du danach 20 dröge Kekse ab.

Es fühlt sich halt unhöflich an, diese Konventionen zu brechen.

Aber ich finde es eben erst einmal unhöflich, wenn jemand versucht, diese meine Stammhirn-Reflexe zu benutzen – und deswegen bin ich dann nach gängigen Maßstäben halt nicht nett, sondern versuche, die Kontrolle über das Gespräch zu bekommen. Etwas, was man sonst seltenst tut, aber was hilft, ohne neuen Handyvertrag da rauszukommen.

Mittags zu Frau Doktor gefahren. Ich brauchte zwei Rezepte und einen Rat. Oder sagen wir: Den letzten gedanklichen Stups, denn: Eigentlich hatten wir ja noch im Kalender stehen, dass wir ab nächsten Dienstag für eine Woche im geliebten Dänemark sein wollten. Im Sommer, als die Menschen noch Abstand hielten und die Zahlen niedrig waren, hatten wir ein einsames Haus irgendwo in den Dünen gebucht. Den Kofferraum voll mit Essen, mit dem Auto da hoch, niemanden treffen außer Sand, Meer und Wind – was sollte schon passieren?
Unabhängig voneinander hatten wir uns daber die Entwicklung der letzten Wochen angeschaut und – wie wir uns nachher gestanden – schon beide sehr an der Richtigkeit unserer Idee gezweifelt. Vor allem wenn die Idee so ein Herzensding erfüllt hätte, wie jetzt bei uns, dann posaunt man solche Zweifel ja nun nicht gleich raus und bei mir bedurfte es dann eines kurzen Gesprächs mit Frau Doktor. Und dann war mir sehr klar: Nein, wir fahren nicht.

Bevor Sie sagen: Ja, aber das wäre doch noch erlaubt gewesen: Ja, aktuell ja. Aber Verantwortung zu übernehmen bedeutet im Moment auch, eben nicht alles zu tun, was erlaubt ist.

Die Stimmung ist trotzdem traurig hier im Haus.
Ich werde trotzdem eine Woche das Büro zu haben und wir planen, die nächsten Schritte der Aktion „Fischers machen es sich schöner“ anzugehen. Sie wissen schon: Haptisches Arbeiten, halbwegs schnelle und herzerwärmende Ergebnisse. Selfcare at its best. Julie weiß, wie es geht.

Abends, als ich noch kurz ein paar Dinge einkaufte und mir auf dem Weg Pizza anreichen ließ, wurde ich dann ein bisschen wütend. Die ganze Stadt voll mit Dreckspack ohne Masken und ohne Abstand. Küsschen recht, Küsschen links wenn man auf die anderen trifft, dann einhaken und gemeinsam in die Kneipe und feiern und diese ignoranten Vollhonks sind Schuld, dass alles gerade in atemberaubenden Tempo schlimmer wird und Menschen sterben. Und auch, dass wir jetzt nicht fahren.
Naja, aber nach so einer anstrengenden Woche, da muss man freitags abends auch mal feiern das verstehe ich natürlich. Nicht.

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Ich hasse seltenst, aber gerade schon.

Sorry, musste raus.

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Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.

5 Kommentare

  1. Bei unerwünschten Werbeanrufen habe ich zum Glück kein Bedürfnis nach Höflichkeit. Inzwischen kenne ich da nur eine Reaktion, „ich bin nicht interessiert“ und auflegen.

    Abgesagte Urlaube sind da viel schwieriger zu überwinden. In diesen unseren Zeiten dann nochmal extra schwieriger, weil das „wir genießen es dann einfach zu Hause“ auch nicht so richtig gelingt. Aber ich bin ein großer Fan von „Fischers machen es sich schöner“, weil man dann aktiv ganz was anderes macht und nicht versucht, diesen Urlaub irgendwie zu Hause „dänisch“ zu machen. Wir haben vor vielen Jahre einmal einen Urlaub nach Costa Rica absagen müssen, weil mein Mann 5 Tage vorher einen Stent brauchte. Ich habe damals stattdessen das Esszimmer gestrichen. In den Wänden steckte danach ziemlich viel Frust, aber mir ging es besser. Schöne Zeit!

    1. Wir sind mit dem Absagen sehr klar und gut und im Reinen.
      Und gleichzeitig ist es schade – da können ja auch zwei Gefühle mal nebeneinander existieren, finde ich.

  2. Bei unerwünschten Werbeanrufen führe ich das Gespräch so, daß ich herausfinde, wie ich das Gegenüber erreichen könnte, wenn ich wollte. Dann kläre ich auf, daß dieser Anruf verboten ist, weil von mir keine Erlaubnis erteilt wurde. Mit schöner Regelmäßigkeit kommt dann das Argument, die Telefonwahl würde per Computer automatisch geregelt. Dann lasse ich wissen, daß die Firma dafür verantwortlich ist nicht Menschen zu kontaktieren, die das nicht wollen. Dann kündige ich Anzeige bei der Verbraucherzentrale an, die ich auch durchziehe. Schon sehr lange keinen dieser Anrufe mehr gehabt.

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