Unspannende Tage. Blicke ich in die Foto-App, scheint es, als hätten wir nur gegessen – aber das ist natürlich nicht wahr. Ich habe nur fotografiert, wenn wir gegessen haben – denn wenn ich am Ende des Jahres ein Fotobuch aus all den Momenten erstellen werde, dann werden wir uns an all die feinen Sachen erinnern wollen, denn oft war es Essen an schönen Orten oder mit guten Menschen.
Naja, oder einfach nach Dekaden mal wieder richtig gute Pommes; die Liebste kränkelte etwas rum und wer krank ist, die bekommt Pommes.
Aber selbst das ist nicht wahr, denn ich war mit dem alten, manuellen Weitwinkel draußen und wollte leere Landschaften fotografieren. Ich bin ziemlich unzufrieden, aber aus Transparenzgründen kommt ja auch sowas in ein Fotoblog, nicht wahr?
Sonst so: Am Freitag war Freutag, am Samstag hiefte ich mir den Staubsauger auf die Schultern und zog gegen die bei der ersten Nachtkühle begonnenen Spinnen-Invasion in den Kampf. Freude des Landlebens, meine Lieben – man muss den Anfängen wehren.
Erkenntnis: Ich will jetzt endlich auch so einen modernen Staubsauger.
Denn leider, leider hatten wir damals, als die beste Katze der Welt hier einzog, einen Sauger gekauft der weder stylisch noch modern aussah, aber dafür das Zusammenleben von Katz und Asthmatikerin erst ermöglichte. Das ist 19 Jahre her und wie das dummerweise so ist, wenn man Qualität kauft: Dann geht diese Qualität auch einfach nicht kaputt und wir hatten einfach keinen Grund, uns nach so einem stylischen neuen Dings umzusehen. Aber jetzt, jetzt sagt meine Schulter: Nicht nochmal!
Ich persönlich bezeichne diese Tage ja als die „nochmal-die-letzte-Sonne-nutzen“-Tage, denn seit Wochen und vermutlich auch noch für Wochen beginnt auf Instagram die Caption jedes Draußen-Sitz-Foto so. Darüber hinaus entdecke ich in den Beschreibungen des Wetters doch eine gewisse Idee dazu, dass dieser Klimawandel – der ja nicht das Wetter ist! – eben doch Einfluss auf eben dieses hat; und das Wetter dann wiederum Einfluss auf uns Menschen.
Heißester Tag des Jahres mit 35°C, was soll der Scheiß. Ich will 17°C und Nieselregen, Herrgott.
Herr Paul
diese endlose hitze fühlt sich verjüngend an, es erinnert so an die italienischen sommer, wo es ab ende mai einfach durchgehend heiß und hell war, ein sonnentag folgte auf den anderen, sommer ohne wenn und aber
Hotel Mama
Das Wetter ist nicht okay. Der Kreislauf, das Herz, der Blutdruck, die Müdigkeit nach der Tropennacht ohne Abkühlung, alles. Wir haben kollektiv Wetter.
Herr Budenbohm
Bah ist das abartig warm. Kenne wenig, das widerlicher ist.
Frau Novemberregen
Ich persönlich befinde mich da aktuell auf dem Weg von Hotel Mama zu Frau Novemberregen: Eigentlich vermisse ich seit ich sechzehn bin, diesen magischen letzten Sommer der Kindheit* mit seinen endlosen warmen Abenden**, aber inzwischen entwickle ich auch langsam diesen zwar recht unterhaltsam formulierbaren aber sehr ernstgemeinten Novemberregenschen Zorn.
*) Den, den Stephen King so perfekt beschrieben kann. Wenn Sie keinen Horror mögen, lesen Sie Stand by me
**) Der vermutlich etwa anderthalb Wochen dauerte. Aber damals war er endlos!
Zeugs
Was ein Glück, dass zum Ende der Woche die Runde machte, dass ein sog. Comedian in einem Podcast ein paar unterirdische ableistische Sprüche fallen gelassen hat. Ich verlinke das jetzt hier nicht, Sie wissen eh um wen es geht und wenn Sie diesen Artikel hier im Jahr 2025 lesen und es nicht mehr wissen, dann ist das auch ok.
Einzig dazu sagen möchte ich, dass es sich – bei all dem Schmerz der dabei entsteht – durchaus lohnt, diesen sog. Podcast einmal ganz anzuhören. Anderthalb Stunden Gejammer, dass man ja die Dinge, die man im nächsten Satz sagen wird – oder die, die man letztens auf der Bühne gesagt hat – ja nicht mehr sagen darf. Wer den Logikfehler entdeckt, darf ihn offensichtlich behalten, denn den dreien fällt er nicht auf.
Das alles durchbrochen von gibbeligem Gekicher, wenn der nächste Spruch die nächste Grenze verletzt.
So waren wir alle mit 14, ja, das kann passieren, wenn man Humor entdeckt und damit Grenzen brechen will.
Keiner der Anwesenden ist 14 und damit ist alles gesagt.
Aber um zu verstehen, wie diese Menschen ticken: Dazu sind die 90 Minuten Schmerz ganz gut – und nach dem Verstehen kann man beginnen, die 14-jährigen zu erziehen und die 28-jährigen einfach zu ignorieren. DAS ist das wirklich wichtige, was wir gerade lernen können. Nicht die Empörungsstürme, nicht das gute Gefühl, dass sogar der Lieblingspromi was gepostet hat, bevor er wieder Werbung für den nächsten eigenen Podcast hinterher schiebt.
Ich glitt ab. Warum ich „was ein Glück“ schrieb? Weil wir ja darüber doch gut vergessen konnten, wie die Wahlen vor einer Woche ausgegangen waren und dass wir gerade schmerzhaft gemerkt hatten, dass wir ein Problem hatten. Ich hol das Thema mal wieder nach vorne, sorry.
Diskussionen sind wichtig für eine lebhafte Demokratie – aber es gibt Grenzen. Unsere Autorin gibt Tipps für Gespräche mit der AfD-Wählerschaft.
Julemarie Vollhardt in der taz:
Gespräche mit AfD-Wählenden
… denn wir müssen uns waohl daran gewöhnen, dass es nicht mehr nur noch „die da“, sondern auch Onkel, Tante, Pekip-Gruppen-Kollegin sein können.
Zum gleichen Thema:
Der interaktive Workshop mit Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer: „Wenn die Worte fehlen – Argumentationstraining gegen Stammtischparolen und #Populismus“ heute war sehr praxisnah und informativ.
Stephan Schwering auf threads
Seine “Zehn Tipps zum Umgang mit populistischen Parolen” aus dem Seminar teile ich hier mal:
Zehn Tipps zum Umgang mit populistischen Parolen
Beide via Heibie – besten Dank dafür!
Aber wie konnte es denn überhaupt so weit kommen? Nein, das frage nicht ich mich, aber das hört man im Moment dauernd und hier gibt es eine ganz einfache Erklärung:
Gerade zermartern sich wieder Scharen von Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Politikern öffentlich das Hirn, wie es denn zum Aufstieg der extremen Rechten und nationalistischen Sozialisten in den südostdeutschen Bundesländern kommen konnte und was man dagegen tun muss. Komplexe Erklärungen und Erzählungen werden postuliert. Wahrscheinlich spielen die fast alle irgendwie eine Rolle. Aber keine stösst zum Kern des Phänomens vor.
Realitätsabzweig:
Ökonomische Verwerfungen und Lebensentwurf-Traumata aus dem Ende der DDR, Bildungsgrad, Demographie, Bevölkerungsstruktur – fast alles davon ist plausibel und logisch als Erklärung. Aber nichts davon alleine reicht aus.
Es gibt aber eine Erklärung und sie ist einfach.
Die ganz einfache Erklärung
Mutig, aber nicht unplausibel.
Und falls Sie sich zwar gern noch ein wenig in die Reihen der echt schwer-Genervten einreihen möchten, aber statt die Schuld bei „den Ausländern“ zu suchen, lieber den Zorn auf die richtigen Ziele lenken möchten?
Der Narcosedoc illustriert sehr anschaulich, wo Geld angeblich hin geht und wo es wirklich hin ging:
Die CDU, allen voran Merz und Linnemann möchten, dass ihr Euch über faule Arbeitsunwillige aufregt. Man nennt das sozialen Leistungsmissbrauch und der Schaden liegt pro Jahr bei ca. 272 Millionen Euro.
Narkosedoc
Nehmen wir mal an, diese 272 Mio. Euro wären ein roter Punkt.
Alleine der Schaden, der …
Und auch Nathan regt sich über zwei aktuelle Zahlen auf:
als ob die menschen, die die arbeit schlussendlich verrichten, irgendetwas für fehler des managements, der politik oder meinetwegen auch des marktes können. sie haben keinen einfluss darauf und trotzdem sind es die, die neben der gesellschaft die folgen zu spüren bekommen. das kann’s doch nich sein
Nathan:
Dividende
In meinem Kopf dreht sich auch wie eine Gebetsmühle der Satz: „Regen wir uns doch mal über die richtigen auf“ Aber vermutlich ist der heute schon linksradikal.
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