Während die Liebste ihren ersten Ferientag feierte und so wichtige Dinge überlegte, wie, in welcher Reihenfolge erster und zweiter Kaffee und das korrekt ausgeführte Einfangen der ersten Sonnenstrahlen auf der Terrasse denn am effektivsten umzusetzen wären, kopierte ich Texte aus einem Word-Dokument in eine Website und das war ungefähr so aufregend wie es sich liest, jaja.
Unterbrochen wurde das nur von einer Fahrt zu Frau Zahndoktor, die nochmal guckte, zufrieden schien, noch ein bisschen Höhe wegnahm – vermutlich ein bis zwei Mikrometer – und mir damit wieder ein gerades Schließen des Kiefers erlaubte. Anschließend erläuterte sie, welche weiteren Schritte jetzt noch möglich sind, wie medizinisch sinnvoll welche Varianten sind und was mich das alles kosten würde. (Uff)
Und auch, nach welchen Prinzipien Krankenkassen etwas dazugeben – schon diese Formulierung! Ich finde es einfach widerlich, wie dort mit kleinen, willkürlichen Regeln viel Geld gespart wird und vermutlich fände ich es noch viel widerlicher, wenn ich die garantiert durchweg Patienten-positiv formulierten Begründungen lesen würde.
Behalten wir diese Zwei-Klassen-Systematik doch gleich mal für den als Internet-Beifang getarnten Rant am Ende dieses kleinen Artikels im Hinterkopf.
Dann wieder copy & paste, etwas Vorbereitung für einen etwas heiklen Termin morgen, ein Eis in der Stadt und dann setzten wir uns zusammen und planten die erste Runde eines Aufenthalts in einer kleinen Stadt, der uns die gemeinsame Urlaubszeit in (nur noch) acht(!) Tagen versüßen wird.
Guter Abschluss eines durchweg belanglosen Tages.
Zeugs
Wenn Sie aufmerksam und/oder schon länger hier mitlesen, dann wissen Sie, dass ich Zeit meines Lebens auf die Menschen hier im Land schaue und nicht verstehe, warum jemand ernsthaft das Wort „entnazifiziert“ benutzen kann oder warum alle immer so tun, als gäbe es keine Nazis mehr in Deutschland. Daraus folgt ein maßlos resignierter Blick auf das Meme des „Rechtsrucks“ und ein noch resignierterer Blick auf den hoch professionellen Umgang der Gesellschaft („das sind »die anderen« und wir wissen gar nicht woher die kommen und wissen gar nicht, was zu tun!“). Isolde Ruhdorfer von den Krautreportern schreibt in ihrem letzten Newsletter ähnliches und erweitert um den hochwichtigen Aspekt, dass dieses Framing uns alle hilflos hält:
Es gibt keinen Rechtsruck. Das zeigen nicht nur die Ergebnisse der Frankreich-Wahlen, sondern ein Blick auf Wahlergebnisse weltweit. Provokante These, ich weiß. Aber mir ist es wichtig, das einmal festzuhalten: Es macht passiv und hilflos, immerzu von einem Rechtsruck zu sprechen.
Isolde Ruhdorfer im Newsletter
[…]
Ich will damit natürlich nicht Rechtspopulismus und -extremismus verharmlosen. […] es ist irreführend, immerzu von einem „Rechtsruck“ zu sprechen. […] kommt aus dem Nichts ein „Ruck“ nach Rechts, wie eine Naturgewalt, eine plötzliche Radikalisierung der Gesellschaft. Das stimmt so einfach nicht. Schon lange vor der AfD gab es Rechtsextremismus in Deutschland. […] Doch Menschen mit rechtsextremen Gedankengut gibt es schon immer, sie materialisieren sich nicht aus dem Nichts. Auch deshalb mag ich den Ausdruck „Rechtsruck“ nicht. Er verschleiert, wie stark rechtsextreme Denkweisen in den Köpfen verwurzelt sind […]
Es gibt keinen Rechtsruck
Schwer zu glauben? Die taz hatte dazu eine interessante Statistik:
70 Prozent der befragten AfD-Wähler:innen sagten in einer Umfrage zu den Wahlen am vergangenen Sonntag, sie entscheiden sich wegen der politischen Forderungen der Partei für die AfD. Genau diese Entscheidung trauen aber 70 Prozent aller Befragten in der gleichen Umfrage – also auch Wähler:innen anderer Parteien – den AfD-Wähler:innen nicht zu.
Diese 70 Prozent glauben, Menschen wählen die AfD aus Protest statt aus Überzeugung. Rechtsextreme können der Mehrheit in diesem Land ins Gesicht schreien, dass sie es ernst meinen, und trotzdem ignoriert diese Mehrheit es oder redet es sich bequem.
Daniel Schulz in der taz:
Verharmlosung von Rechtsextremismus: Wann ist ein Nazi ein Nazi?
Nein, es ist kein Spaß sich einzugestehen*, dass der nette Nachbar, die Zahnärztin, der Hausmeister oder die Schwiegermutter A*D vielleicht wählt und es auch so meint. Es ist bequemer zu denken „ach, das sind ja nur die Ossis, Protestwähler, Assis, reichen Schnösel auf Sylt, …, …, …“)
Liest man sich aber mal die von Umberto Eco schon vor vielen Jahren definierten Merkmale des Faschismus durch, dann kann man leicht einen roten Faden finden, der sich durch knapp die Hälfte dieser 14 Punkte zieht: Die Unterscheidung in „wir“ und „die anderen“. Wie sinnvoll es ist, darauf mit „wir und die anderen“ zu reagieren, wage ich einmal anzuzweifeln.
*) Noch viel, viel weniger Spaß macht es, sich zB seiner eigenen rassistischen Anteile bewusst zu werden, aber das soll ein andern Mal gerantet werden.
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