Aufgewacht, die Knochen sortiert, an den Schreibtisch gekrochen, ein ToDo wegerledigt, ein House-Stückchen, was die Tage begonnen ward, um ein paar Klaviertöne ergänzt, zur Liebsten, die – Wochenend-Luxus! – in der Sonne beinahe so langsam aufwachte wie gestern die Schildkröten am Teich, hinunter gegangen und ein außerhäusiges Frühstück vorgeschlagen.
Ein gutes außerhäusiges Frühstück gehört zu den things, that make me go „hm“, wobei „hm“ hier ein wohliges, langgezogenes „Hm“ ist, so eines, wie man es sich bei einer Katze vorstellt, wenn sie auf dem Bett liegt und sich wie einen Flitzebogen nach hinten streckt. Ich habe übrigens zuerst „… wenn sie auf dem Bett liebt …“ getippt und das ist eigentlich ein sehr perfekter Vertipper, wenn es um eine Katze auf einem Bett geht.
Dabei beobachtet, wie fünf junge Menschen an der schon abgesperrten Public-Viewing-Area die entsprechenden Banner anbringen wollten. Sobald die Chefin gerade keine direkte Anweisung gegeben hatte, war das Handy in der Hand und ich konnte über fast eine halbe Stunde hochgradig amüsiert zusehen, wie diese vollkommene Teilnahms- und Antriebslosigkeit sowie ein paar leichte Böen, die unter die achtlos auf den Boden gelegten Banner wehten, zu viele perfekte Slapstik-Situationen hervor brachten. „Thorben, Dein Banner fliegt weg!“ — „Moment“ (scroll, scroll, scroll) — „HALT DAS BANNER FEST!!“ — „Schrei doch nicht so, was ist de… oh, das Banner fliegt ja weg (keine körperliche Reaktion)“ — „Sina, hältst Du Deins bitte auch fest?!!!“ — „Was festhalten?“ (scroll, scroll, scroll) — „SINA!“ — „Boah, Du bist immer SO aggro!“
Zur Strafe bereits vor Ort Migräne bekommen und den Rest des Tages hauptsächlich im Dunkeln verbracht.
Mich dort liegend durch die letzten Wochen dieses Blogs gelesen und deutlich echte Inhalte vermisst. Über die Anteile außerhalb des Blogs der letzten Wochen nachgedacht und ebenso deutlich echte Inhalte vermisst. Ein bisschen von meiner latent schlechten Laune verstanden.
Ein bisschen Internet gelesen. Beim Haltungsturnen diesen Text über Medien gelesen …
… im Laufe dieser Woche rutschte ich in etwas wie eine Verstimmung, die mich erschöpft, traurig und resigniert werden ließ. […] Als ich dann vorgestern ein Interview mit Jens Spahn hörte, in dem er kackendreist log und sich nicht mal vom gut informierten Moderator irritieren ließ, wurde mir bewusst, was mir nicht gut tut. Als ich dann gestern die Berichterstattung über die demokratiefeindlichen Einlassungen eines schon seit den 80ern notorisch rechten Berufsverbandes von Lehrer*innen hörte, wurde mir klar, dass mich diese Sendung eher dümmer als schlauer macht.
[…] Mich macht das irgendwie trotzdem wahnsinnig traurig
… diesen Artikel von Arne Semsrott über Medien und – Zufall! Wieder Jens Spahn! – gelesen …
Es gibt noch eine andere Möglichkeit zu erkennen, wie falsch Spahns Forderungen und die Meldung dazu sind. Lassen Sie uns dazu ein Gedankenexperiment machen. Vergessen Sie kurz, was Sie gerade über die Meldung und Jens Spahn gelesen haben, und stellen Sie sich vor, das ZDF hätte die Forderung eines AfD-Politikers vermeldet: „Höcke für ,Gewalt‘ bei irregulärer Migration“. Und im Untertitel: „Björn Höcke (AfD) hat Bundeskanzler Scholz (SPD) und dessen Migrationspolitik kritisiert. Er fordert ein hartes Vorgehen gegen irreguläre Migration.“ Wie fühlt sich das an? Welche Bilder haben Sie spontan im Kopf? Spüren Sie Abscheu, wenn Sie lesen, dass ein Faschist wie Björn Höcke Gewalt gegen Unschuldige auf der Flucht einsetzen will? Und Empörung darüber, dass das vom ZDF einfach kontextlos vermeldet wird? Gut. Dann sollten wir das bei Jens Spahn auch nicht akzeptieren.
… und dann auch noch Michael Seemanns thematisch ebenso breit angebundenen wie pointiert analysierten Rückblick auf die re:publica mit seinem sehr persönlichen Ende gelesen …
Zieht Eure Taschentücher aus der Mangel, heute trauern wir um die digitale Öffentlichkeit. […] Es gab ein paar wenige Leute, die meine Sorgen teilten und machmal saßen wir zusammen, um uns über unsere Sprachlosigkeit gegenüber dieser Verdrängungsleistung auszutauschen, die uns umgab. Mit jedem Tag bekam ich mehr das Gefühl auf einer Verdrängungskonferenz zu sein und es fiel mir schwerer, überhaupt hinzufahren. Ich weiß nicht, wie es weitergeht und ob ich nochmal auf eine re:publica gehe oder wie sie aussehen müsste, damit ich das tue. Aber eines weiß ich ganz sicher: jemand müsste mal caren.
… und dann hatte ich den Rest der latent schlechten Laune verstanden. Ich erinnere mich daran, wie ich im Jahr 2000 auf der Straße stand und gegen einen Beschluss des (absolute Mehrheits-schwarzen) Rats dieser Stadt ein Bürgerbegehren in die Öffentlichkeit trug – wobei schon der Fakt an sich von vielen als Majestätsbeleidigung verstanden wurde. Wie ich drei Monate Unterschriften sammelte, Info-Veranstaltungen aus dem Boden stampfte, ein breites Bündnis gegen eine Reihe absolut dämlicher Kürzungen im Sozialbereich aufstellte, quasi jeden Tag Leserbriefe schrieb, dauernd bei Zeitungen, Anwälten, Fraktionssitzungen oder auch im Lokalradio war.
Und ich vermisse diese Energie. Es ist mir nämlich nicht gegeben, über Ungerechtigkeiten und Missstände hinweg zu sehen, es verzweifelt mich zutiefst, es macht mich unglücklich, ich will dann etwas tun – und zwar mehr, als Ihnen hier dauernd meine weltverbessernden Linktipps um die Ohren zu hauen. Aber gerade an Tagen wie diesen fühle ich mich hauptsächlich alt und krank und müde und seit Wochen schon wieder geht meine gesamte Energie dafür drauf, zwischen ganz dringendem Pixelschieben hier und ganz dringendem SEO da wenigstens noch meine Physiotermine unterzubringen. Und das ist als Lebenskonzept schon falsch genug. Davon, dass ich zurück auf die Strasse will, mal ganz abgesehen.
Auch things, that make me go „hm“ – aber dieses Hm ist resigniert und müde und maßlos von mir selbst enttäuscht.
Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!
Alle bisherigen Antworten finden Sie übrigens hier.
normalerweise sind die möglichen antworten auf eine unhaltbare situation ja akzeptieren oder bekämpfen. wenn dies beides nicht möglich ist, muss es einen ja zerreißen. normalerweise würde ich jetzt viel kraft wünschen, aber eigentlich fehlen mir die worte.