7.5.2023 – alles gut?

Freitag Abend spät hatte uns noch jemand – sinnbildlich gesprochen – einen großen Haufen Scheiße (sorry, anders kann ich es nicht sagen) vor die Tür geworfen. Es gab viel zu denken, viel zu reden, gedankliche und emotionale Abschiede einzuläuten und sehr viel loszulassen. Und dazwischen viel Sprachlosigkeit.
Ergo: Ich glaube, ich habe an diesem Wochenende wirklich sehr viel geschlafen. Außerdem waren wir am See und am kleinen See und sind jeweils drumrum gelaufen – das war schon gut da.
Jemand hier im Haus war außerdem sehr interessiert daran, dem englischen Kronenträger beim Krone-Kriegen zuzugucken, jemand anders wollte da mit seinen Monarchie-kritischen Bemerkungen nicht stören und hat das, wie gesagt, für viel Schlaf genutzt.
Trotzdem finde ich es bemerkenswert, wie unkritisch das auch viele Menschen in meinem Umfeld einfach blind abfeiern (Sie haben bemerkt, dass ich nicht „angesehen haben“, sondern „unkritisch abfeiern“ gesagt habe? Gut.)

Und am Samstagnachmittag ist offiziell das Café Polestar eingeweiht worden.

Am Sonntag Abend wiederum hatte jemand hier im Haus eine Karte für eine Lesung von „Stucki“, jemand anders hatte da keine Lust drauf und da es aber einen Grund gab, bei der wunderbaren Smilla vorbeizufahren, verbanden wir das und hatten beide einen schönen Abend. Und ich freue mich auch nach über zwanzig online-Jahren immer noch darüber, wenn aus online- offline-Menschen werden und man einfach losplaudern kann, als kennte man sich seit Jahren. Ach ja, tut man ja. Trotzdem so schön.

„Alles gut“. Kennen Sie das? Sie führen irgendein Gespräch und mittendrin knallt Ihnen jemand „alles gut.“ um die Ohren, an einer vollkommen unpassenden Stelle irgendwie. Und das Gespräch ist beendet. Letzte Woche zum Beispiel:
Ich war angefragt, (für umsonst) Fotos von einer Gruppe Menschen zu machen. Kam zum Termin und traf auf einen Hühnerhaufen, in dem die erste Hälfte noch irgendwas anderes machte, die zweite es aber mal echt eilig und eh wenig Bock auf Fotos hatte und die dritte Hälfte schon mal mit Retuschier-Wünschen auf mich einstürmte*. Nur der Boss selbst, der sprach kaum. Er beschrieb mir kurz eine sehr vage Motiv-Idee und ich solle mal machen, ich wisse ja, worum es ginge. Äh nein, er hatte es mir nicht erzählt. Egal. Mehr sprach er nicht.
Seine Gruppe machte dann halt so vor sich hin und nach 25 Minuten befanden alle in einer sehr einigen Gruppenentscheidung, das sei ja jetzt genug.
Überraschung: Ich kam nicht mit allzu vielen Bildern wieder.
Ich hab dann daraus die brauchbaren ausgesucht, bearbeitet und in die Dropbox gelegt.
Und bekam eine deutlich angepisste Antwort vom stellvertretenden Abteilungsleiter – der hatte beim Treffen still in der Ecke gesessen: Eigentlich hätte der Chef ja die Idee vom Motiv XY gehabt und ob ich nicht noch asap ein paar Bilder von XY schicken könne?
Ich schrieb zurück, dass der Chef mir gesagt hatte, dass seine Idee AB und nicht XY gewesen war und dass ich Dank der schlechten Orga, unklarer Kommunikation überhaupt und auch einer nicht sehr hilfreich agierenden Gruppe nicht unendlich viele Bilder habe.
Alles gut“ kam zurück, das sei ja auch alles schon sehr hybsch. Und ich dachte: „Nee, nicht alles gut. Ihr habt das vergeigt und die Worte, nach denen Ihr sucht sind »Sorry, das hätten wir besser machen sollen«“
Stattdessen, als hätte ich mich entschuldigt: „alles gut“ und ich hab dann begriffen, was ich daran insgesamt so schlimm finde:
Ich höre es nur von Menschen, die die kleinste Uneinigkeit scheuen und sich dann mit „alles gut“ aus der Situation flüchten. Ob sie wissen, dass die Formulierung mal dafür da war, die Entschuldigung von jemand anderem anzunehmen? Ob sie wissen, dass sie so nicht nur jede (vielleicht auch mal nicht ganz einige) Unterhaltung boykottieren, sondern sich im Moment des Kommunikations-Abbruchs auch noch fix im Status über die andere stellen? Oder ob das vielleicht genau die Absicht ist?

*) Aber natürlich ist es VIEL einfacher für mich, die unpassenden Schuhe wegzuretuscheieren als für ihn, andere Schuhe anzuziehen. Ironie off.

Zeugs

Wir brauchen endlich ein Fach „Medienkompetenz“ an der Schule! „Digitales“ muss Platz an der Schule bekommen – wir brauchen ein neues Fach! Das ist alles zu lebensfremd, was in der Schule beigebracht wird – wir brauchen ein Fach „Lebenspraxis“!
Sie kennen diese Sprüche – meist kurz nach Pisa-Studien oder kurz vor Wahlen werden sie am lautesten gerufen. Bent Freiwald sieht das anderes. Ich sehe das wie er und deswegen empfehle ich dieses Plädoyer gegen ein neues Schulfach:

Die aktuellen Fächer bilden einen wie auch immer zustandegekommenen gesellschaftlichen Konsens darüber ab, welches Wissen und welche Fähigkeiten die aktuelle Generation an die nächste weitergeben will. Indem bestimmten Fächern mehr Raum im Lehrplan gegeben wird als anderen. Sie sind Schubladen, in denen das Wissen gelagert wird. Und wie das mit Schubladen so ist, bleiben einige von ihnen jahrelang geschlossen, bis wir sie auf der Suche nach irgendetwas öffnen und uns wundern: Huch, was ist hier denn drin? Brauchen wir das noch?
Seit einigen Jahren überkommt viele ein Verdacht: Einige Kompetenzen, die man heute braucht, bilden die aktuellen Fächer gar nicht ab.
[…]
Neue Schulfächer werden immer dann gefordert, wenn jemand ein gesellschaftliches Problem ausgemacht hat und sich nun fragt: Mein Gott, was machen wir bloß? Ich denke, was wir nicht machen sollten: zum einhundertsten Mal nach einem neuen Schulfach rufen. Schulfächer sind nie Teil der Lösung, sondern immer Teil des Problems. Warum? Sieben Gründe.

Bent Freiwald bei krautreporter.de:
Warum wir kein neues Schulfach brauchen (egal welches)

Sind Sie Lehrerin? Haben Sie Angst vor dieser neuen künstlichen Intelligenz, von der alle sprechen?
Sascha Foerster hat eine wunderbar kreative Idee für Kunstunterricht mit einem KI-Bildgenerator:

Idee für ein lustiges KI-Event:
Ein Bild wird allen gezeigt. Teilnehmende müssen über einen Prompt in einem KI-Bilderdienst nach Wahl das Bild so gut wie möglich nachstellen.

Sascha Foerster auf mastodon

Exakt solche Ideen brauchen wir. ich möchte Haus und Hof darauf verwetten, dass man dabei mehr über ein Bild lernt, als ich in einem ganzen Halbjahr Kunst (schriftlich) in der Elf.

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
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