6.12.2019 – No-kolaus

Pünktlich um eins aufgewacht, gegen halb fünf wieder eingeschlafen, pünktlich um sieben wieder wach – ich hatte mich gestern nicht so über die durchgeschlafene Nacht freuen dürfen.

Dafür bekam ich quasi live die Mütter – nein, in meiner Timeline keine Väter – mit, die gerade Schuhe befüllten. Auch ganz unterhaltsam, so als unbeteiligter. No Klaus in this house.

Gestern kommentierte ich ja das Video von Dana Newman, ich hatte es erwähnt. Da ich mehrere Accounts betreue besteht mein Google- und damit auch YouTube-Leben aus sehr vielen An- und wieder Abmeldungen und als ich gerade wieder abgemeldet war, wunderte ich mich, dass ich noch keine üblen Antworten hatte. Sah nach und … tadaaa, meine Antwort war gar nicht da.
Es stellte sich heraus, dass nur ich (eingeloggt) meine Antwort sah und sonst niemand. Interessant.

Nun hatte ich das böse Wort „rapist“ benutzt – genauer: Ich hatte geschrieben, dass Mann sich entscheiden kann, einer zu sein oder ein „nein“ einer Frau zu akzeptieren – und dass ich die Entscheidung sehr leicht finde. Inhaltlich also recht klar, aber ein böses Wort ist wohl ein böses Wort ist wohl ein böses Wort.
Ich weiß auch, dass manchmal so moderiert wird, dass man eben nicht gelöscht wird, sondern Kommentare nur so in der Sichtbarkeit eingeschränkt werden, dass nur die Kommentierende sie sieht – das hält die Wogen schön flach, ist aber auch ein wenig intransparent.
Und ich sag Ihnen: Davon betroffen zu sein – was ich annehme – fühlt sich seltsam an.

Ich habe den Kommentar dann umformuliert, also „want to become a rapist“ durch „want to abuse“ ersetzt und der Kommentar ging sofort durch. Und schon eine halbe Stunde später erklärt mir wer, dass Frauen selbst Schuld sind, wenn sie nicht deutlich! „nein“ sagen – und fragt, wie man denn als Mann so da steht, wenn man ein „nein“ akzeptiert. Life is so beautiful.
Ich glaube, ich mach das jetzt einmal als Experiment für den Umgangston in YouTube-Kommentaren weiter. Da war ich noch nie wirklich.

In den DMs irgendwo dadurch auf die Möglichkeiten von Männern im Feminismus gekommen und den schönen Ausdruck „dem eigenen Geschlecht in seiner angestammten Art in den Rücken fallen“ gefunden.
As in: Es ist traurig genug, dass ich als Mann automatisch eher angehört werde, automatisch eher die Regeln bestimmen kann; da nutz’ ich das doch mal um feministische Regeln aufzustellen. Count me in.
Darüber hinaus empfehle ich zuhören.

Die CMS-Schulung war sehr nett und unkompliziert. Die Kundin, die auch eine Typo3-Seite betreut, hatte schon vor zehn Jahren, beim alten CMS, geseufzt: „Ach Herr Fischer, können Sie nicht auch die andere Website so machen?
Und jetzt ist ja alles nochmal einfacher geworden.

Wir plauderten noch ein wenig über unsere Erfahrungen mit der Anwendung der DSGVO im Alltag – was man so tut, wenn man an den Stellen sitzt, an denen es knirscht. Unsere Erfahrungen decken sich: Wenn man sich nicht weigert, sich damit zu beschäftigen ist das alles ok – aber es weigern sich immer noch die meisten.

Mit dem Telefonsupport eines großen Webhosters telefoniert. Ich hatte eine ziemlich spezialisierte Frage und konnte förmlich spüren, wie die gute Frau verzweifelt versuchte, in meinem Satz wenigstens ein Stichwort zu finden, das sie dann als Suchbegriff in ihre Wissensdatenbank eingeben konnte. Am Ende las sie mir meine Frage als Aussage vor, das war niedlich.
Ich verstehe ja, dass an vorderster Front erstmal nicht so super ausgebildete Menschen sitzen, die dann FAQ-Artikel vorlesen. Aber es müsste ein Zauberwort geben, mit dem man diesen ersten Level umgehen kann (gab’s da nicht einen Comic?) Es reicht auch vollkommen, wenn ich das Zauberwort alleine kenne …

Viel Sting gehört und mich dabei wie ein Verräter gefühlt. (Hidden message an eine Leserin).

Langsam begonnen, niedergeschlagen zu sein, weil ich morgen nicht auf eine Party fahre.

8 Kommentare

  1. Oh, noch ein No-Kolaushaus! Und ungefähr gleicher Schlafrythmus, was solls. Sting, ja. Party…Vielleicht Kino? Als kleines Ersätzchen? Oder nochmal Sting…Herzliche Abendgrüße!

  2. Ach ja, IT-Support. Mit denen habe ich auch grad Spaß.

    Mir tun die Menschen am anderen Ende der Leitung oder der Mail meistens auch ein wenig leid, aber es ginge alles so viel leichter und schneller – auf beiden Seiten übrigens – wenn man die ersten beiden Level einfach überspringen könnte. Ich hätte da auch gern ein Zauberwort. Nur Entwicklerin in derselben Firma zu sein reicht leider nicht.

    Aber mir dürfen Sie das Zauberwort dann bitte gern verraten, ich sags auch nicht weiter …

  3. I count you in
    Die Diskussion bei der Kaltmamsell hat mich gestern ein wenig aus den Socken gehauen. Ich meine nicht nur das Erinnern, sondern vor allem als ich lesen musste, wie ein Kommentator die Diskussion auf die Metaebene zu ziehen beginnt – ganz in der Tradition eines alten, weißen Mannes. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Troll ist, den man tunlichst ignoriert aber darüber, dass jede Frau, die das liest, eine Reaktion in sich spürt. Und diese Reaktion geht genau in die Kerbe, die ja schon vorher vom Täter so sorgfältig ausgehöhlt wurde. Es geht um Empowerment, nicht um Mundverbot und darum, die Scham durch Reden zu besiegen, damit sich wieder ein Wertgefühl einstellen kann – das Gefühl, es Wert zu sein, geliebt zu werden.

    1. Oh Gott, die musste ich jetzt erstmal nachlesen.
      Aber weil ich ja ein von Grund auf positiver Mensch bin möchte ich erwähnen: Das ist ein lange erlerntes Verhaltensmuster, wenn man(n?) mit Dingen konfrontiert wird. Sehr rational, erstmal eine theoretisch Ebene herstellen, erstmal da nach allen Seiten abgrenzen (ich sag nicht, dass die gut ist!)
      Ich hab da auch lange dran arbeiten müssen, an diesem „ich hör erstmal zu und schweige, ich fühle erstmal mit – und wenn ich unbedingt meine, das theoretisch einordnen zu müssen, dann kann ich das hinterher alleine tun. Aber nicht in Gegenwart von und erste recht nicht MIT denen, denen ich gerade zugehört habe

    2. Danke für diese neue Sichtweise. Ich kenne dieses Rationalisieren von mir auch. Ist per sé nicht schlecht, führt aber – wie Du schon schreibst – zur Distanzierung.
      Was ich zum Ausdruck bringen wollte, war mein Frust über eine Art des Diskutierens am konkreten Beispiel. Was ich ebenfalls ausdrücken wollte, war eine Anerkennung Deines Engagements in den Kommentaren des Videos, das ich nicht kenne. Und wie wichtig ein Einmischen in solchen Fällen ist.

    3. Zu ersterem: Ja, absolut! Ich finde es furchtbar unempathisch und unpassend, was der gute Mann da macht. Es mag ja Orte geben, wo man sich über solche Dinge unterhalten kann, aber nicht da. Absolut nicht da. Nicht, wenn mir Frauen von eigenen Erfahrungen erzählen. Punkt.

      Zu zweiterem: Das habe ich – mich stillschweigend freuend – so gelesen.

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