5.10.2018 – #wmdedgt

#WMDEDGT ist eine Idee von Frau Brüllen zur Förderung der Kultur des Tagebuchbloggens.

Halb eins, halb drei, viertel nach vier, halb sechs und halb acht.
Schlecht geschlafen. Ich möchte gern wieder ein Bett haben.

Neun Uhr. Nachgedacht. Ich fahre jetzt in ein Möbelaus mit Elch und kaufe mir eine (breite, denn die fehlende Breite ist das Hauptproblem) … – kaufe mir also eine Matratze. Vielleicht bestelle ich die andere dann ab, vielleicht geht die schlechtere zurück, vielleicht haben wir dann ein Gästebett.
Aber so geht das nicht weiter. Wenn die Bitte der Liebsten auf dem Weg einzukaufen einen mittleren Nervenzusammenbruch hervorruft, dann könnte ich das als Zeichen dafür nehmen, dass ich wirklich, wirklich mürbe bin und dann muss was getan werden.

Zehn Uhr. Ab jetzt nimmt der Tag Fahrt auf. Seien Sie gespannt.
Ich komme um 10:01 in den Ikea und beschließe – gegen alle vorgesehenen Einkaufswege – am Eingang nach der Matratze zu fragen. Zwei Minuten später habe ich einen Bestellzettel in der Hand, wieder zwei Minuten später habe ich bezahlt und bin auf dem Weg zur Warenausgabe. Vor lauter erstaunter Begeisterung rufe ich die Liebste an, um ihr zu erzählen, wie glatt alles läuft.
In meiner Vorstellung bekomme ich gleich eine gerollte Matratze, werfe sie läsig in meine Auto und bin um elf wieder zu Hause.
How less do I know.

Statt dessen kommt ein Karton, 1,40m x 2,00m angerollt.
Ich gucke groß, fluche kurz in mich rein und sehe mich um.
Waren die Augen größer als der Wagen?“ oder so steht an der Wand und ich hasse überraschend tief den Werber, der das getextet hat; überlege aber natürlich trotzdem: Liefern lassen oder Bulli mieten?
Der Bulli kostet 20,- die Stunde, mit Einladen und Ausladen überschlage ich zweieinviertel Stunden und einen vollkommen versauten Tag; liefern-lassen kostet 65,- und Menden ist auf der großen Karte an der Wand sogar eingezeichnet. Die gesparte Zeit ist mir die 5,- mehr durchaus wert.
Um zehn Uhr dreißig haben wir meine bereits bestehenden Daten in der Datenbank korrigiert, uns nett unterhalten und alles ist immer noch relativ ok – bis der Mann begreift, dass ich die Matratze auch nach Menden geliefert brauche, wenn ich da wohne. Das aber geht erst nächste Woche.

Ich switche gedanklich zum Bulli, weil: Ich. Will. Heute. Nacht. Schlafen.

Die Bulli-Vermietung wird über ein Terminal abgewickelt, das sich als fest verschraubtes iPad entpuppt. Ich kann ab 10:45 einen Bulli mieten. Ja, ich will.
Die Zeit zwischen 10:30 und 10:46 (na, bemerken Sie das Problem?) verbringe ich damit, mir ein Piiiep-Kundenkonto anzulegen, meinen Führerschein und Ausweis zu fotografieren und mir ein siebenminütiges Einführungsvideo anzusehen. Obwohl ich sonst ein echt geduldiger Mensch bin, muss ich irgendwann während des Videos an Frau Brüllens Stress-Durchschnitts-Zähler denken und wüsste gerade gern, wo mein Wert gerade ist.

Um zehn vor elf stehe ich bei den Bullis, diverse EMails begrüßen mich bei Piiiep, preisen mir die App an und versprechen, dass der Zugangscode zum Bulli rechtzeitig vor dem Miet-Start um 10:45 per SMS kommt. Ich glaube nicht an Zeitreisen, bezweifle das deswegen und rufe mal da an. Das war auch klug und ich bekomme den Code.
Ich mach mal in Stichpunkten weiter.

  • Ich finde den Autoschlüssel nicht an einem der drei möglichen Orte im Auto. 5 Minuten suchen. Ach guck, es gibt drei Handschuhfächer.
  • Ich bemerke, dass ich seit 7 Jahren keinen Bulli mehr und seit 15 Monaten keinen Schaltwagen mehr gefahren bin.
    Ok. Muss ja, ich bin ja groß.
  • Ich verfahre mich auf dem Parkplatz.
  • Ich muss zurück auf den Parklatz, weil die Brille noch im Auto liegt.
    Wenn Sie sich jetzt fragen, wie man sich auf einem Ikea-Parkplatz verfahren kann, lade ich Sie mal nach Dortmund auf Kötbullar ein und dann sprechen wir uns wieder.
  • Ich verfahre mich in anderer Richtung auf dem Parkplatz.
  • Heimfahrt: Relativ ereignislos. Schaltwagen fahren verlernt man nicht, moderne Bullis sind echt gut zu fahren, alles gut.
  • Zu Hause schnell die Matratze in den Flur geworfen und schnell wieder zurück. Die Ereignisse verlieren (haha) etwas an Fahrt, denn: NRW wird nicht umsonst „Stauland NRW“ genannt und gerade freitags mittags … – Die Mietzeit läuft 12:45 ab. Ohne Stau gerade zu schaffen. Aber Dortmund begrüßt mich mit Stau. Mit einen wirklich gründlichen Stau.
  • Ich rufe Piiep an und verlängere eine Viertelstunde (bis 13:00).
    Während ich da stehe denke ich wieder über diesen Stresswert nach.
  • Ich rufe Piiep an und verlängere eine weitere Viertelstunde (bis 13:15).
    (Weitere Stresswertgedanken)
  • Ich rufe Piiep an und verlängere eine weitere halbe Stunde (bis 13:45).
  • 13:51: Ich rolle auf den Parkplatz, stoppe den Motor, schließe über die App das Auto und hoffe, dass die sechs Minuten noch in den fünf Minuten Kulanz liegen werden.
  • Die Fahrt von Menden nach Dortmund hat damit exakt 125 Minuten gedauert. Zwei Stunden fünf. Fuck. Ich habe Hunger und Durst und muss mal und bin vollkommen gerädert.
  • Ich fahre im eigenen Wagen wieder los. Unterwegs fällt mir ein, was ich zum Schluss des Videos im Augenwinkel gesehen habe, während ich über Frau Brüllens Stresslevel-o-Meter nachdachte und rufe hektisch nochmal bei Piieep an. Ja, ich hätte mich am Bordcomputer des Bullis abmelden müssen, aber sie könnten das ausnahmsweise für mich erledigen. Für 13:50, aber sicher. Ich atme auf.

Der gesamte Heimweg dauert dann lasche 35 Minuten, ich habe exakt eine rote Ampel und sonst ist alles frei.
Mein Tipp für Sie: Fahren Sie freitags mittags nicht nach Dortmund rein. Raus geht aber super.

Vier Uhr: Ich habe das alles verbloggt. Soll ja helfen. Außerdem:

Guess who’s back? Ich wusste es schon zwei erfreute Tage, aber jetzt darf ichs sagen: Die beste Freundin bloggt wieder. Das macht mich sehr froh.

Ach komm, heute sind wir nicht geizig: ich hab noch ein paar  Leseempfehlungen.

Bei den Krautreportern, die ich immer noch gern unterstütze geht es im Moment viel um soziale Unterschiede. Zum Beispiel in diesem Text über Armut:

Ein anderer Punkt, warum Arme in der Politik kein Gehör finden, ist die Position der Beamten. […] Sie bekommen selbstverständlich einen Kredit auf der Bank für das eigene Häuschen, denn das Beamtengehalt ermöglicht eine Kreditaufnahme zu Konditionen, von denen jeder Unternehmer nur träumen kann – wenn er denn überhaupt noch einen Kredit bekommt. Ich spüre das Unverständnis bei Beamten in der Verwandtschaft. Wenn ich die Unterschiede zu Armen noch nicht mal einem Verwandten klar machen kann, um wie viel weniger erst einem Wildfremden?
[…]
Wir leben in einer komplexen Welt und sind offensichtlich nicht bereit, die Komplexität an sich anzuerkennen. Es sind immer nur die einfachen Erklärungen, und da sind die Armen halt die faulen Alkoholiker, die ihre Kinder verprügeln. Was nicht zählt sind die unterschiedlichen Motive und Lebensläufe und der Fakt, dass jeder einzelne Arme aus anderen Gründen und Lebensgeschichten arm wird. Sie verbindet letztendlich nur eins:
Armut darf nicht sein, allein es zählt der Schein.

krautreporter.de: Mein Vater hatte drei Firmen, ich bekomme Hartz IV

Den Teil um den Kredit kann ich vollkommen eins zu eins bestätigen. Als wir dieses Haus kauften und die Kreditberater feststellten, dass ich selbstständig und die Liebste verbeamtet durchs Leben ziehen war ich raus. Die ersten zehn Jahre gehörte dieses Haus finanziell nur der Liebsten.

Die Juramama regt sich auf. Und zwar sehr schön passend zu meinem kleinen Rant letztens, denn: Alle, also wirklich alle wissen schon seit Ewigkeiten, dass die Schule zu früh anfängt, aber keiner ändert was.
Die Juramama prangert das an und zwar sehr gründlich und sehr lesenswert.

Die Auswirkungen sind nicht mal neutral, sondern das Gegenteil. Dies bestätigen Wissenschaftler um Wissenschaftlerin: Unser Gehirn, vor allem das der Kinder, schläft noch. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine super Sache, aber die muss nicht schon morgens um sechs Uhr anfangen und ist dazu noch psychologisch, medizinisch und gesellschaftlich ungesund. Ich finde das in der heutigen Zeit aus so vielen Gründen zynisch, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

juramama.de: Es ist Zeit für Zeitumstellung!

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