5.1.2019 – #wmdedgt

#WMDEDGT ist eine Idee von Frau Brüllen zur Förderung der Kultur des Tagebuchbloggens.

Acht Uhr. Aufgestanden. Vorangegangen war eine unruhige Nacht, in der ich unter anderem so gegen halb sieben geträumt hatte, dass ich aufwachte, weil es klingelte. Weil ein Türklingeln um halb sieben ja nur schlimmes* bedeuten kann, war ich also schlaftrunken runter gestolpert. Aber da war dann natürlich niemand gewesen.
Immerhin lief da gerade der kleine Nick im Fernsehen (prima!) über den ich dann noch mal einschlief.

*) Z.B. dass der Dorfpolizist erfahren hat, dass ich ohne Hilfe einen Serienbrief schreiben könnte und mich daher für verdächtig genug hält, am „gestrigen“ „Hack“ schuldig zu sein.

Da mein Unterbewusstsein mich generell gerne mit Migräne überrascht, wenn wir uns etwas vorgenommen haben, hatten wir uns gestern Abend verabredet, heute um neun „nicht“ nach Aachen zu fahren. Auf keinen Fall. Unter gar keinen Umständen. Zwinker, zwinker.
Ein Blick auf den Wetterbericht brachte uns dann allerdings dazu, wirklich nicht zu fahren.
Aber in Hamm – also deutlichst näher – hatte die Liebste eine interessant klingende Ausstellung gefunden, in die wir dann „auf keinen Fall“ fahren wollten. Unter gar keinen Umständen.

Vierzehn Uhr. Das war mal keine doofe Ausstellung. Obwohl ich beim Lesen vorher noch dachte: „Naja, mal gucken.“ …:

Das [Museum] zeigt eine Ausstellung, die sich mit dem Mythos des […] Germanen aus den „alten Zeiten“ befasst: Groß, blond, blauäugig und stark. Die Vermittlung des Germanenbildes […], die während des „Dritten Reiches“ […] für politisch-ideologische Zwecke instrumentalisiert wurde, prägte nicht nur das Geschichtsverständnis der Jugendlichen und Kinder der NS-Zeit. Sie wirkt auch noch heute nach.
[…]
Im Zentrum der Ausstellung stehen die Schulwandbilder und -karten, denn sie prägten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Unterricht.

Stadt Hamm: Text zur Ausstellung „Mythos Germanien“

Um genau zu sein hatte ich „_Schulwandbilder_?? Na, mal gucken“ gedacht. Aber die Ausstellung kriegte uns sofort.
Fassen wir (Achtung Spoiler) grob zusammen: Die Nazis (und vor ihnen schon die damaligen völkische Bewegungen) haben Geschichte geklittert und bei jedem Blick in die Vergangenheit bis vor Christus in ihrem Interesse ein wenig an den Tatsachen gedreht. Kern des Ganzen: So deuteten sie sich aus den lose auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands herum-marodierenden Stämmen ein einiges Volk. Eines, das schon damals a) besser war als andere und b) immer auf der Suche nach Lebensraum war. Klar, warum: Mit 1000-jähriger Geschichte im Rücken lässt sich der eigene Wahn besser begründen.
Was uns so beschäftigte: Das Bild des großen, blonden Germanen und die groben Züge des Ablaufes der Geschichte waren uns einfach zu geläufig. Was eher doof ist, wenn es z.B. „Germanen“ nur gab, weil Cäsar der Bequemlichkeit halber einen Begriff für alles jenseits des Rheins benutzte.
Nicht, dass mich das alles überraschte, aber wie gesagt: Uns waren die von den Nazis aufgebrachten Memes und Frames einfach zu vertraut.

Beim Weiterschauen wurde klarer, warum: Da war zum Beispiel eine Wandtafel, die die deutsche Geschichte seit ca 100 vor Christus in Bildern an einem Zeitstrahl darstellte. Die letzte Zeile, die mit der „glorreichen“ Machtergreifung hatte man nach dem Krieg zwar (Entnazifizierung) abgetrennt, den Rest aber weiter benutzt – naja so Schulmaterialien sind ja auch teuer, warum soll man das wegen ein bisschen subtil angebrachter Ideologie wegwerfen?
Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Unterrichtsmaterial, was in Nazideutschland gleichgeschaltet produziert worden war noch zu meiner Schulzeit – vielleicht auch grob „gereinigt“ aber nie wirklich hinterfragt – im Einsatz war. Und wie viel dieses „Wissens“ noch heute unreflektiert in Köpfen, Artikeln, Dokus steckt und immer wieder wiederholt wird.

Man könnte also (wieder mal) schön zusammen fassen: Nein, es ist NICHT so langsam mal gut mit dieser Aufarbeitung.

Und, persönlich: Ich denke ja schon länger über das Selbstbild der Deutschen nach – und diese Ausstellung wird dieses Bild sicher noch mal deutlich ändern.

Vor dem Gustav-Lübke-Museum

Sechzehn Uhr: Pause. Auf dem Rückweg haben wir (viel geredet und) uns Frühstück besorgt; danach mag es sein, dass noch ein Mittagsschläfchen untergebracht sein wollte.

Um mich selbst von der Arbeit abzuhalten habe ich ein paar automatisch wiederkehrende größere Sicherungs- und Prüfungsaufgaben meines Servers auf den Samstag gelegt; das führt dazu, dass mein Netzwerk samstags so schnarchlangsam ist, dass man kaum vernünftig arbeiten kann. Also heute auch keine Arbeit am Remix.

Achtzehn Uhr: Kultur. Was ich dann tat: Musik hören. Richtig bewusst hingesetzt und zugehört. Was ich hier erst nicht schreiben wollte: dass ich Musik gehört habe. Hätte ich ein Buch gelesen, hätte ich nicht nachgedacht. Eventuell hätte ich bei Kant eher hingeschrieben, was ich gelesen habe als bei „Dr Rainer Wilfers – zerrissen zwischen zwei Frauen“ aber das ich las – kein Problem.

Interessant, nicht?

Ich hörte also Musik und dann schrieb ich diesen Beitrag zu Ende. Ich denke, wir werden den Tag gleich mit der nächsten Folge der vierten Staffel der Brücke und Suppe und Baguette beenden.

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