Die AU mit meinem Chef und sehr ob Ihres Verständnisses gefeierten Kundinnen verhandelt. So richtig langsam an ging es heute aber leider doch nicht, denn seit Mitte letzter Woche war warmes Wasser hier im Haus eher Glücksache – dafür hatten wir einen „Fehler 28“ auf der Heizung stehen. Manchmal 12 Stunden nach dem Reset wieder, manchmal eine halbe Stunde danach und heute morgen um acht kam der Monteur.
Danach versucht, die AU zu leben. Auf diesen Post gestoßen und begonnen, nachzudenken:
In einen noch vollkommen unausgereiften Gedankenstrang geraten, der damit begann, dass ich Integration hier in Deutschland eigentlich hauptsächlich als eine Charity-Geschichte – also schön mit einem deutlichen Statusunterschied und nicht als Recht behinderter Menschen, sondern als freiwillige Wohltat der „Gönner“ wahrnehme. Mich erinnert, wie ich das in meiner katholischen Privatschule schon erlebt habe. Dann überlegt, ob die enge Verzahnung von Kirche und Staat in diesem angeblichen säkularisierten Land da eine Rolle spielt – wir haben ja nun alles, was „diesen armen Menschen“ – also behinderten Menschen, Kranken, Kindern, … allgemein zu Gute kommt zu großen Teilen an kirchliche Gesellschaften ausgegliedert. Caritas, Misereor, Diakonie, SkF – das sind Namen die uns einfallen, wenn es um „gelebte Nächstenenliebe“ geht. Dass diese Gesellschaften ihre Einrichtungen zu großen Teilen vom Staat finanziert bekommt, wird selten laut erwähnt und so haben alle was davon: Der Staat muss sich nicht kümmern und darf sich trotzdem weiter „soziale Marktwirtschaft“ nennen, die Kirchen haben eine Berechtigung und können im Rahmen dieser Arbeit missionieren und diese Arbeit kann weiter schön in sozialen Schichten gedacht sein so dass wir weiter segregativ statt inklusiv leben können.
So weit der konfuse Gedankenstrang, den ich hier mal aufschreibe, um ihn nicht zu vergessen.
Die UN-Behindertenrechtskonvention ist 2009 in Deutschland in Kraft getreten. Sie hält fest, dass Menschen nicht aufgrund einer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden können (Artikel 24). Die deutsche Delegation bedankte sich für den konstruktiven Dialog und räumte ein, dass noch einiges zu tun sei.
Vereinte Nationen:
UN-Kritik an Deutschlands Umgang mit Menschen mit Behinderung
Bei Frau Doktor gewesen, Krankengymnastik und CMD organisiert, Dinge aus der Apotheke geholt, Dinge für morgen in die Apotheke bestellt. Übungen fürs die Gesichtsnerven gegoogelt und gefunden und begonnen. Im Hinterkopf die ganze Zeit den Gedanken: „Ich habe doch gar keine Zeit, um krank zu sein“. Finden Sie den Fehler im System? Ich ja.
Gelernt, das ich echt Glück hatte, dass ich Medis bis heute mitnehmen durfte; die MTA in der Apotheke berichtete, dass oft Samstagsmorgens verzweifelte Menschen bei ihr ständen, die Freitags am Nachmittag entlassen worden wäre, überraschenderweise nicht mehr zum Hausarzt kamen und nun Medikamenten-los wären.
In der Fußzeile meines Entlassbriefes finde ich die Lösung: „Hausleitung: Maxi Mustermann M.A, Vorsitzender des Aufsichtsrates: Martin Mustermännchen, Dr. (BWL)“ steht dort geschrieben.
Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!
Alle bisherigen Antworten finden Sie übrigens hier.
Ihre persönliche Krankenhausentlassungserfahrung und Ihre wichtigen Gedanken zur UN-Behindertenrechtskonvention verknüpfen sich für viele Menschen auf unerfreuliche Weise: Eigentlich ist jedes Krankenhaus verpflichtet, ein sogenanntes Entlassmanagement durchzuführen, d.h., die Patientin nach Hause zu transportieren, wenn sie das nicht selbstständig kann, ihr eine AU auszustellen, Medikamente regulär mit der kleinsten Packungsgröße auszuhändigen, wenn nötig Heil- und Hilfsmittel sowie Krankenpflege zu verordnen etc. Desweiteren müssen vorhandene ambulante Hilfesysteme (ambulant betreutes Wohnen, Pflegedient) frühzeitig in die Organisation der Entlassung einbezogen werden. Was passiert stattdessen ständig (besonders gerne in der Psychiatrie): Geistig oder seelisch behinderte Patient:innen werden Freitagnachmittag ohne Medikamente, ohne Entlassbericht, ohne Infos an ambulante Dienste einfach vor die Tür gesetzt. Die schleppen sich dann mit ihren Plastiktüten voller Schmutzwäsche oft zu Fuß nach Hause (Geld für den Bus haben sie nicht), haben übers Wochenende keine Medikamente, die ambulanten Hilfsdienste wissen nicht, dass sie schon entlassen sind etc. Offene Wunden werden nicht versorgt, Psychopharmaka tagelang nicht genommen, Essen ist auch keins in der Wohnung. Aber auf der Website des Krankenhauses wird mit dem 1A-Entlassmanagement geworben.
(Sorry. Ich bin beruflich von dem Mist betroffen. Das regt mich alles so auf.)