4.7.2023 – reality bites

Am See wird gebaut, genauer: Die kleine Staumauer wird saniert. Deswegen ist die Straße auf der Mauer nur einspurig befahrbar und am Anfang und am Ende steht jeweils eine Ampel.
Als wir näher kommen, wird die Ampel in unserer Richtung grün – aber niemand fährt. Noch seltsamer: Niemand hupt und schimpft. Sie wird rot, sie wird wieder grün und dann sehen wir, dass aus der anderen Richtung sehr langsam die Autokolonne kommt. Im Schritttempo, um genau zu sein und als wir uns weiter nähern sehen wir den Grund: Vor den Autos schreitet ein Schwanenpärchen, zwischen ihnen drei struppige Jungvögel.
Sehr stolz aber auch ein bisschen aufgeregt wirken sie, als sie zwischen dem ganzen Baustellen-Gedöns heraus kommen und dann an der Ampel endlich abbiegen und weiter den Fußgängerweg nehmen. Niemand hupt, niemand brüllt „Klimagänse!“, alle warten geduldig und die beiden haben definitiv die anwesende Menschheit gehacked, als sie sich entschlossen, einfach die Ampel zu benutzen um ihre noch nicht flüggen Kinder auf die andere Seite des Sees zu bekommen.
Mit Menschenkindern wäre hier vermutlich niemand so geduldig gewesen, fürchte ich.

Eine Beet-Einfasung im Garten war zwar von den Vorbesitzern hybsch ausgesucht, aber eben nur hybsch und nicht im geringsten praktisch. Denn: Eine seltene, lokale Schieferart ist es und sie ist nicht winterfest und deswegen werden es nach jedem Winter mehr, aber kleinere Steine – was ein euphemistischer Ausdruck dafür ist, dass sie einfach inzwischen vollkommen wegsplittert, wenn man sie auch nur etwas kritisch anschaut.
So waren wir heute in einem Baustoffhandel im Nachbarort und haben uns über Steine beraten lassen – da bereitet einen ja auch keiner drauf vor.
1995 habe ich übrigens mal einen 2m hohen Raumtrenner gemauert, der dann quasi täglich von testosteron-überfüllten Jugendlichen belagert, besprungen und getreten wurde. Er blieb stehen, bis er weg sollte und man mit Abbruchwerkzeug kam und ich fühle mich deswegen vollkommen qualifiziert, auch eins zwanzig Beet-Einfassung zu mauern.

Aber überhaupt der Nachbarort: Vor zehn Jahren fiel er der taz ins Auge als sie einen wirklich schlimmschlimmschlimm ländlichen, erzkonservativen Ort suchten, um den Städtern klar zu machen, dass es da noch mehr auf der Welt gibt und warum Frau Merkel die Wahlen immer gewinnt. Hach, was hatten wir da noch kleine Probleme.
Deutlich kleiner und ländlicher als in diesem Kaff hier ist es dort, aber am Ortseingang steht, dass man FairTrade-Stadt ist oder feiert die geringen Arbeitslosenzahlen. Und auch dieser Baustoffhandel heute war: Echt gut. Gute Steine – dass ich das mal schreiben würde – und eine unfassbar freundliche Frau die uns beriet. Beides hatten wir am letzten Wochenende hier nicht angetroffen.

Apropos „Wahlen“: heute morgen saß ich eine Stunde in Reichweite einer Lokalzeitung und eines Lesezirkel-Korbs und wartete auf mein Auto, welches gerne zur Wartung gewollt hatte. Lesen Sie doch hin und wieder mal eine Lokalzeitung, dann verstehen Sie auch mehr darüber, warum die Welt so ist, wie sie ist in diesem Land. Im Sauerland-Magazin erzählte zum Beispiel ein einsiedelnder Mönch, dass sein Naturheilpraktiker ihm bei den Schwindelanfällen gesagt hatte dass sei der Infraschall vom Windrad und seitdem führt er einen Kampf gegen die Dinger, wenn er seine „zurück zur Natur“-Seminare durchführt. Jaja, auch sowas finanzieren Sie mit Ihrer Kirchensteuer. Ich ja nicht.
Und das Interview mit der Nazi-Schnatze hab ich auch gelesen und meine schlimmste Sorge ist, dass das Magazin jetzt meint, sie hätte da richtig guten, knallhart kritischen Journalismus gemacht. Meine Güte.

Nachdem ich letztens noch das hohe Lied auf meine ToDo-Software gesungen hatte, hab ich sie auch mal wieder richtig in Betrieb genommen. War vermutlich nicht so doof.
Habe mir auch endlich die iPhone-App gegönnt und gleich heute mal benutzt. Das Notierte sofort aus dem Kopf gehabt, aber mich zur rechten Zeit erinnert. Ich bin vorsichtig zuversichtlich.

Ich saß da nämlich gerade beim Aufklärungsgespräch für die Magenspiegelung. Beim ersten Anlauf gabs ja keine Aufklärung und so war ich heute echt begeistert zu erfahren, was alles so passieren kann. Essen in der Lunge, wie aufregend! (Aber nur ganz selten) Nein, ich mache mir keine Sorgen. Außerdem verriet mir eine befreundete Ärztin, dass man auf Propofol prima erotische Träume haben kann und davon hab ich im April aber mal nix gemerkt. Betrug!

Eine Verabredung hab ich getroffen. Eine Führung werde ich bekommen und einkehren werden wir und ich freu mich sehr.

Dreiundzwanzig Uhr dreiundzwanzig ist es jetzt, ich sitze im halbdunklen Wohnzimmer im Stereodreieck und erfreue mich an der Entdeckung des Tages und dachte: Ach, schreib doch mal drauflos, ohne vorher oder dabei zu denken; lass’ einfach fließen, vielleicht wird ja doch ein Blogartikel für heute draus. Hat doch ganz gut geklappt.

Morgen wirds dann aufregend: Im besten Fall entsteht wieder ein Tag aus zwei Blickwinkeln und ich freue mich sehr vor. Aber das erzähle ich dann alles morgen. Und vorher muss ich noch ein Schild malen auf dem „Frau Herzbruch“ steht. So eins für den Bahnhof, wissen Sie; damit wir uns wenigstens vom ersten Moment an zum Horst machen. Oder ich geh schlafen, mal sehen.

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