30.9.2022 – wenig Zeugs, viel Zeugs

Abgesehen davon, dass ich den schlimmen Verdacht habe, dass jetzt endgültig so ein richtiger Herbstmonat vor der Tür steht, gibt es wenig zu erzählen. Wir gehen weiter alle auf dem Zahnfleisch, aber immerhin die Liebste hat jetzt Ferien.
Ich rasselte mit einem Bundeswehroffizier zusammen, der am Telefon mein „Moment, ich muss eben einen Stift suchen“ mit „Jawoll, »Schreibbereitschaft herstellen« heisst das bei der Bundeswehr“ konterte. Und ich natürlich „Ach guck, ich kannte nur das mit den selbstständigen Schwimmbewegungen ab 1.20m Wassertiefe“ zurückgeben musste, was ihn deutlich nervte. Tja, Augen auf bei der Berufswahl.
Ich war schließlich auch genervt, denn weil da ein paar Menschen nicht vernünftig kommuniziert hatten, warte ich auf Geld. Auf eher viel Geld, um es mal so zu sagen und die Website ist super, Herr Fischer, aber die Rechnung, ach ja, die liegt hier noch, da hab ich eh ’ne Frage, ach, wir sind im Verzug?

Spätnachmittags kam die Sonne raus, was für uns bedeutete, dass wir eine Pizza-am-See-Situation wollten. Beim Warten auf die Pizza begegnete uns eine Königin und das war schön.

Sie habe Geburtstag, teilte sie uns mit – und ich feiere das sehr: Zum Geburtstag mal Königin zu sein – aber so richtig. Gute Sache, sollten wir alle mal tun.

Sonst wie gesagt viel zu tun, aber immerhin zwischendurch lange Mails mit einer der netten Menschen da draußen. Kommen wir zum …

Zeugs

Schon vor Jahren stellte eine Freundin ein Kunstwerk mit dem Titeln „Globalism fucks you“ aus und daran hat sich nicht viel geändert – jedenfalls, wenn man das Problem der Globalisierung mal – haha – global sieht. Klar, wir sitzen hier am prinzipiell immer noch schön trockenen Ende der Welt am fein gedeckten Tisch und erleben seit Dekaden gerade das erste Mal, dass wir uns auf eine Situation einstellen müssen. Woanders sieht das anders aus, schauen wir zB auf die Philippinen. Auf die was? Genau. Das hübsche Inselreich am anderen Ende der Welt für das mir Google als Suchergänzung als erstes „…beste Reisezeit“ vorschlägt. Genau, da kriegen wir nix von mit, und das ist das Problem, denn unser Teil der Globalisierung ist der, der benutzt und nimmt. So wie wir das aus Zeiten des Kolonialismus gewohnt sind und deswegen … – nein, ich komm jetzt nicht nochmal auf die Queen zu sprechen.
Vielleicht sollten wir aber was mitkriegen:

Die philippinische Regierung hat kritischen Journalist:innen den Krieg erklärt. Was hat das mit Deutschland zu tun? Sehr viel, sagt Kriegsreporter Carsten Stormer. In einer globalisierten und vernetzten Welt hängt alles irgendwie miteinander zusammen. Klimakrise, Demokratiemüdigkeit, internationale Lieferketten. Sein Plädoyer: Wir dürfen internationale Bedrohungen und Krisen nicht erst zur Kenntnis nehmen, wenn sie vor unserer eigenen Haustür ankommen. Denn dann kommt der Journalismus zwangsweise zu spät. […]
Die Philippinen sind eine Art Petrischale in einem riesigen Experiment, wie soziale Medien Wahlverhalten beeinflussen und eine Bevölkerung manipulieren können. Für viele Philippiner sind Facebook, Tiktok und Youtube die einzigen Informationsquellen. Allein Facebook nutzen rund 83 Millionen der insgesamt 110 Millionen Einwohner. […]

Carsten Stormer auf journalist.de:
Wir müssen die Welt sichtbarer machen

Und wenn wir schon bei Globalisierung sind: Wir hier sind ein Einwanderungsland, auch wenn viele das eigentlich irgendwie nicht so wollen. Und das gibt überraschenderweise Probleme, Probleme, die wir gerade in den sozialen Medien im Moment quasi täglich erleben. Vor allem wenn das Wort „Rassismus“ in einer Diskussion fällt, ist diese quasi sofort zu Ende. Tarek Barkouni bei den Krautreportern hat da lange und – wie ich finde – sehr kluge Gedanken zu aufgeschrieben:

Wir denken alle in Schubladen. Die einen werden deshalb diskriminiert, die anderen wollen trotzdem nicht gleich Rassist:innen sein. Wie kommen wir da raus? […]
Ganz einfach: Ich bin als Radfahrer besonders oft von SUVs geschnitten worden, deshalb halte ich jetzt SUV-Fahrer:innen für schlechte Menschen. Ein Vorurteil ist geboren. Dabei müsste ich die Erfahrung nicht einmal selbst machen. Obwohl ich quasi nie Kontakt mit Hunden hatte, bin ich als Kind zum Beispiel regelmäßig vor Angst ausgeflippt, einfach, weil mein Vater selbst sehr große Angst hatte und mir beigebracht hat: Hunde sind gefährlich. Dieses Vorurteil habe ich übernommen.

Kurzer Einwurf: An dieser Stelle muss ich schmerzhaft daran denken, wie ich, naiv klischee-gutmenschiger 20-jähriger, arbeitend im überwiegend türkisch besuchten Jugendtreff landete und wie ich heute noch merke dass die – excuse my french – totale AssiAsi-Haftigkeit dieser Jugendlichen dort mir einiges an Vorurteilen eingepflanzt hat, gegen die ich nur sehr aktiv ankomme.

Es ist also menschlich, rassistisch zu handeln. Und trotzdem ist diese Rechtfertigung für unsere Gesellschaft gefährlich. Denn für Betroffene ist es eine ständige Belastung, mit Vorurteilen konfrontiert zu werden. Eine so starke Belastung, dass das Risiko für schwere psychische Störungen erhöht ist. Und wer seinem Alltagsrassismus nachgibt, hält das System aus Vorurteilen, Stereotypen und Diskriminierungen aufrecht. Aber wie kommen wir aus diesem System heraus? […]
Konflikt sei ein Grundprinzip von Gesellschaft, erklärt mir Topçu. „Wir sollten lernen, mit Situationen und Menschen umzugehen, die man als fremd, beängstigend und unheimlich empfindet“, sagt sie weiter. Nur dann könnten wir unseren Umgang mit Ungleichheit reflektieren und es besser machen. […]
„Dadurch, dass immer häufiger und lauter über Diskriminierung gesprochen wird, kann schnell der Eindruck entstehen, alles sei schlimmer geworden. Das Gegenteil ist der Fall […]“

Tarek Barkouni auf krautreporter.de:
Bin ich Rassist?

Und zum Schluss nach zwei so schweren Brocken einfach noch was fürs Auge: Frau Petrolgrau war in der Völklinger Hütte und ich bewundere schon lange, was für ein gutes Auge für Motive sie hat. Bewundern Sie doch einfach hier mit mir:

Es war mal wieder Zeit. Zeit für einen Besuch im Saarland in der Völklinger Hütte, Weltkulturerbe mit besonderem Charme. Vergänglichkeit und Zeitgeschichte gehen bei diesem ehemaligen Eisenwerk Hand in Hand. […] Viele Gründe um hinzufahren und die Kamera mitzunehmen. […] Das Ergebnis möchte ich mit Euch teilen.

Frau Petrolgrau:
Völklinger Hütte

Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!

4 Kommentare

  1. In meinen Augen kommt die Erkenntnis „Hoppla, was wir als Gesellschaft tun, hat Folgen anderswo – wir sollten gradestehen dafür, die Verantwortung übernehmen!“ einem Erwachsenwerden ebendieser Gesellschaft gleich. Eine Entwicklung, die ich sehr begrüße.

    „Assi“ ist die Kurzform von „Assistent/in“. Für „Asoziale“ steht „Asi“.

    1. Ja. Ein spätes, aber sehr nötiges Erwachsenwerden.

      Asi hab ich mal korrigiert, assistierend waren die da damals absolut nie ;)

  2. Naja, wenn ich das Welt- und Menschenbild vom Beginn des vorvorigen Jahrhunderts heranziehen und berücksichtige, dass Rückschritte Teil gesamtgesellschaftlichen Fortschritts sind, dann finde ich uns zeitspannenmäßig gar nicht sooo schlecht … ;)

    1. Stimmt. Ein einzelner Mensch in der geringen Spanne seines Erwachsenseins ist vielleicht einfach zu unegduldig für gesellschaftliche Veränderungen :)

Kommentare sind geschlossen.

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