Ach, ja es gibt ja so viel nachzuholen.
Freitag begann mit mehreren Stunden Korrekturen und Überarbeitungen. Ich bin vollkommen begeistert über den Ablauf dieses aktuellen Projektes: Die Kommunikation ist in der Sache sehr klar und dabei freundlich respektvoll und wertschätzend – es ist toll. Und gleichzeitig schade, wie sehr es mir auffällt.
Nachmittags eine semiprivate Mail über die ich mich sehr freute; vor allem der Teil „semi“ machte mich froh. Der Arbeitsteil läuft schon seit Jahren super aber manchmal möchte man ja auch darüber hinaus gehenden Kontakt und diese Erweiterung ist ja nie einfach: Überschreitet man Grenzen? Will der andere auch? Schafft man es, die professionelle Ebene so gut weiter laufen zu lassen? Daher froh über ein paar private Zeilen in der Arbeitsmail.
Abends ein Gang durchs Städtchen und hot summer nights, that’s ja eh my time of the year. (Wer weiß, welchen amerikanischen Rock-Sänger ich gerade zitiert habe bekommt ein Eis; abzuholen hier im Städtchen.)
Samstag war Tag der Architektur und wir begannen mit einem Besuch in einem neu gebauten Haus, in dem Menschen mit Behinderung wohnen. Nein, kein Wohnheim, sondern ein Haus mit Wohnungen, in dem jetzt mehrere Menschen leben, die eben nicht mehr in einem Wohnheim leben möchten. Sie leben dort als Mieter und können, Dank der Infrastruktur des Hauses leicht Hilfe- und Pflegeleistungen dazubuchen – das aber eben selbstbestimmt und nicht nach dem, was eine Heimleitung halt eben so anbietet und für gut befindet. The keyword is: Selbstbestimmt.
Das Haus ist, so wie ich das sehen konnte, klug geplant und gemacht; es ist auch echt schön und hat wirklich nichts mit Behindertenwohnheim zu tun.
Die Website des Tags der Architektur ist leider konzeptionell etwas 2004 und ich kann nur einen Link auf Menden insgesamt setzen, aber keinen auf das Projekt selbst. Sie finden das Haus dann aber in der Liste, die ist *hust* nicht so lang.
Dann kurz nach Dortmund und bei Marcel Dudek reingeschaut. Der soll mich stechen, hatte ich nach Besuch des Instagram-Profils beschlossen und der kurze Besuch bestätigte diese Idee vollständig. Ich erzählte (sehr) kurz, was ich will, er zeigte mir zwei, drei Sachen und fragte ein paar Details ab und wenn das Gegenüber die richtigen Fragen stellt merkt man ja, ob man verstanden wurde oder nicht. Also: Termin abgemacht und ick freu mir sehr vor.
Die Liebste war hinterher arg beeindruckt und meinte, das wäre sehr faszinierend gewesen, wie wenig wir hätten besprechen müssen.
Sehr stilvoller, geiler Laden übrigens, denn Marcel da hat.
Ich werde berichten.
Kennen Sie das, dass Sie bei Menschen, die Sie irgendwie kennen und mögen automatisch erstmal davon ausgehen, dass die schon irgendwie auch so ticken wie Sie selbst? Ich halte das auch für normal und menschlich (Herdenbildung!); trotzdem ist man* dann ja manchmal überrascht, wenn in Details dann auf einmal die krassesten** Unterschiede sichtbar werden.
*) Also ich.
**) Also die krassesten, die in so einer westeuropäischen Kleinstadtfilterblase möglich sind.
Vollkommen geprägt durch den guten Teil dieses Internets bin ich dann bedacht darauf, solche Unterschiede nicht herauszustellen oder gar zu bewerten und zum Glück interessieren mich andere Denk- und Lebensweisen ja auch wirklich sehr.
Wenn das beim anderen nicht so ist, dann sitzte aber vielleicht auf einmal in einer Runde, die Dich als Nerd beschimpft und mit ebenso so wenig Bewusstsein für die Situation wie Gefühl für Grenzen lachend über Dich hinweg bullie-t. Das war etwas überraschend, als mir das dieses Wochenende geschah.
Währendessen unterschreibt man gerade, wenn ich das richtig verstanden habe, eine Petition gegen Völkerball und ich muss tief atmen. Ja, Völkerball war auch in meinem Leben die Hölle aber ich finde trotzdem: Zum einen kann man nicht alles verbieten, was weh tun kann. Und deswegen ist es zum anderen viel wichtiger den Sportunterricht zu reformieren und Sportlehrern endlich Pädagogik beizubringen. Gerade so ein Spiel kann man nämlich eigentlich super dafür nutzen über Rücksicht gegenüber Schwächeren, über Demütigung und wie man sie vermeiden kann, über Gewinnen und Verlieren und den Umgang damit und ähnliche Themen zu reden.
So lange das nicht statt findet, bleibt Völkerball (und überhaupt viel im Sportunterricht) natürlich die Hölle – aber ich finde es immer besser das System zu ändern, als seine Symptome zu verbieten.
Die Liebste erzählte währenddessen von einer Völkerball-Ableitung, die an ihrer Schule gespielt wird. In der ersten Klasse eingeführt gibt es zu Beginn genau zwei Regeln die das Spiel bestimmen. Und jedesmal, wenn etwas doof läuft, wird unterbrochen und die Gruppe überlegt, warum das doof war und etabliert neue Regeln. „Doof“ kann dabei zum Beispiel bedeuten „Der hat mich ins Gesicht geworfen / Der wirft so feste“ oder „Der wirft nie auf seine Freunde sondern jagt nur die anderen“. Oder alles andere.
Zu Beginn wird noch recht oft unterbrochen, weil oft etwas passiert. Und am Ende der Vierten verlangt die ganze Klasse begeistert nach dem Spiel wann immer sich Gelegenheiten bieten. Es gibt ein ausgeklügeltes Regelwerk das von den Schülerinnen selbst gebaut wurde und dafür sorgt, das alle Spaß haben. Und eine Sportstunde kann ohne nötige Eingriffe der Lehrerin mit 40 Minuten begeistertem Spielen durchlaufen.
Das funktioniert natürlich nur, wenn es der Lehrkraft gelingt, ein Klima zu schaffen, in dem alle auch sagen was sie doof finden – aber da kommt dann halt wieder der Teil mit der Pädagogik für Sportlehrer ins Spiel.
Jagt mich jetzt durchs Twitterdorf, aber ich finde das deutlich effektiver als ein Verbot.
Kann das sein, dass Ihr amerikanischer Rocksänger am 26.1.1955 in Amsterdam geboren wurde?
Dann hole ich mir das Eis ab, wenn ich das nächste Mal einen Termin am Hofeskamp habe, die Betreuung dieses (und ähnlicher) Projekte ist für mich nämlich eine Dienstreise :-) (Und, ich gebe Ihr Lob gerne weiter.)
Sorry, nein :)
Oh, dann war’s der Bruder Alex?
Ich kenn nur das Lied und dachte, es wäre von Eddi.
Oh, verzeih, mea culpa. Ich hatte das Lied – es ist immrhin ein paar Jahre her – fälschlicherweise des Sängers Soloplatte zugeordnet. Du hast also volllkommen recht.
Terminvorschläge sind jederzeit willkommen!