30.4.2021 – schrei doch nicht so!

Gestern Abend, so gegen halb neun fühlte es sich an, also wolle ich nochmal was anderes sehen als dies Haus und ich setzte mich ins Auto und wollte auf irgendeinen Berg fahren, den Blick nochmal schweifen lassen. Die Straßen waren seltsam leer, was natürlich erstmal super war, aber dann erinnerte ich mich auch an die Ausgangssperre, musste über mich lachen und drehte auch wieder.

Und hauptsächlich bedeutet das, wie wenig diese ganzen Pseudolockdowns normalerweise mit mir zu tun haben. Dass ich normalerweise eh strengeren Regeln folge, dass ich bei jedem neuen Regelsatz – egal ob Brücken– oder Oster-, ob jetzt-aber-doch– oder tralalaLockdown – immer nur dachte: „Tun wir das nicht eh?“. Weil sich mein Verständnis von Verhalten in einer Pandemie von dem meines Landesoberkanzlerkandidaten offensichtlich etwas unterscheidet.

Ja, Ihrs auch, schon klar.

Ach, apropos „Laschet“, ich schrieb das gestern schon auf twitter und möchte kurz auch hier etwas festhalten:

So sehr wir alle und überhaupt alle, die wir lesen, oder alle mit denen wir reden, Laschet für quasi schon nicht-gewählt halten: Ich fürchte, er bedient die klassischen CDU-Wähler immer hervorragender. Die sind im Herbst geimpft, fahren (Klischeekiste auf) wieder in Rudeln auf ihren E-Bikes herum und sitzen vor den Eisdielen und tauschen die Geschichten vom letzten Arztbesuch und auf Whatsapp die neusten Videos aus. (Klischeekiste zu)
Und die finden Merz oder die Maskenaffäre nicht schlimm und dass doch alles jetzt ganz gut ausgegangen ist.
Was die schlimm finden, das ist die Idee, von „links“ regiert zu werden, weil sie denken, dass sie dann nichts mehr dürfen. Kein Steak, kein Auto, kein nichts, kein gar nichts.
Just my two cents Befürchtung.

Heute war der Kopf klar und das Ohr auch und ich hab einen ordentlichen Batzen weggekriegt und außerdem hat die Liebste alles fertig gemacht, was man so unter Steuern subsummieren könnte und wäre es nicht so grau und schlüge uns dieses Grau und diese Kälte nicht so aufs Gemüt, wir hätten uns unbesiegbar gefühlt.
So blieb dann ein „schon ok“.

Nachmittags hab ich dann das nächste Stück gemastert und das war ein harter Brocken, denn das war zu laut. Nicht zu laut im Sinne der Lautstärke (Dezibel), sondern der Lautheit – ein Begriff, der viel eher das Lautstärkeempfinden der Hörerin miteinbezieht als es die gemessenen Dezibel können.
Hören kann man das gar nicht so gut, man kann es aber messen und da zur Lautheits-Messung jeweils das ganze Stück analysiert wird, damit ein Gesamteindruck entsteht, saß ich viel vor der DAW und spielte. Halt so: Etwas ausprobieren, messen lassen, gucken. Kopf schütteln, etwas anderes ausprobieren, messen lassen, gucken. Und so weiter.
Als die Lautheit passte, war die Keyboard-Hook weg. Zu leise. Zwischen den anderen Instrumenten verschwunden.

Warum ich das trotz hohem Nerd-Faktor so ausführlich erzähle? Die Lösung war dann gar nicht, das Keyboard wieder lauter zu drehen, sondern die Lösung war, sich den Kontext anzusehen.
Muss an dieser Stelle das zweite Keyboard spielen? Brauchen wir da die exzessiv eingesetzten Streicherflächen? Braucht der Bass überhaupt diese hohen Frequenzen im Ton? Die Antwort lautete immer: Nein. Und kaum hatte ich das alles weggenommen, war die Hook schön weit im Vordergrund hörbar.
Also: Wenn man einfach nur alles lauter macht, dann bleibt am Ende nur undifferenzierter, als zu laut wahrgenommener Klangbrei.
Und ich finde das eine sehr schöne Parabel für alles mögliche. Marketing, Politik, das Social Web, Talkshows, das passt wirklich für vieles.

Gefreut habe ich mich heute einen kleinen, aber laut lachenden Moment über Ruth Moschner – Leserinnen des alten Blogs werden sich vielleicht erinnern, dass ich die schon früher mal krass lobhudelte. Die nutzt ihre Reichweite vor allem auf Instagramm nämlich inzwischen sehr selbstbewusst, um eine Menge guter und wichtiger Themen im Mainstream unterzubringen und dafür schätze ich sie sehr. Und meist macht sie das dann auch auch noch witzig – nicht unwichtig, um Themen außerhalb der woke Bubble zu platzieren.
Naja, ihre Reaktion auf diesen echten Kerl jedenfalls machte mir viel Spaß.

Und noch anderes Zeug:

Michael Meyer-Hermann erklärt bei Lanz den staunenden Zuhörern, dass das aktuelle „Vorgehen“ unserer Bundesregierung gegen die Pandemie bei einem Inzidenz-Grenzwert von 165 und bei einem Grenzwert von 35 exakt die gleichen Folgen hat für alle: Wirtschaft, Bildung, Psyche, alle halt – weil es exakt keinen Unterschied gibt. Ach doch, einen …

Michael Meyer-Hermann bei Lanz (Ausschnitt, ca 1:30)


Naja und damit den, dass die Krankenhäuser zusammenbrechen. Frau Mutti hat da ein schönes Bild, das mehr sagt als tausend Worte:

Frau Mutti: Es ist keine gute Zeit, um behandlungsbedürftig krank zu werden


Und als Abschluss dieses schönen Bogens noch ein Abstecher zur schönen Aktion #allesdichtmachen – Sie erinnern sich. Der tagesspiegel hat da nochmal weiter recherchiert:

Auch wenn es anfangs wie eine dezentrale Bewegung aussah: #allesdichtmachen hatte einen Kopf. Und sie war professionell geplant. Das ergibt eine Spurensuche, eine Woche nachdem die Aktion online ging. Dabei tauchen immer neue Unstimmigkeiten auf.
[…]
Eine eigene Themensetzung, so der Schauspieler, sei dabei offensichtlich aber nicht erwünscht gewesen, die Stoßrichtung war vorgegeben: die Lockdown-Maßnahmen der Regierung, das „Narrativ“ von Politik und Wissenschaft mit einer alternativen Erzählung „umzustoßen“, wie es Brüggemann im „Welt“-Interview ausdrückt. Hinter #allesdichtmachen steckt somit eine klare politische Agenda; die vielen Stimmen gehen vermutlich auf einen einzigen Autor zurück.
Viele der Beteiligten hätten das Ausmaß der Aktion nicht realisiert, erzählt der Schauspieler. Er habe Brüggemann immer als „aufrechten Linken“ wahrgenommen, der sich aber in den vergangenen Monaten der Pandemie „in dieses Thema absolut reingesteigert“ habe.

Andreas Busche, Hannes Soltau, Julius Geiler und Matthias Dell auf tagesspiegel.de: Wer steckt hinter #allesdichtmachen? Eine Spur führt ins Querdenker-Milieu

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