30.10.2023 – Sie haben Post!

Immer so gegen zehn Uhr abends, wenn Menschen beginnen, ins Bett zu gehen, dann werde ich wach. Ich prangere das an. Heute morgen war es halb drei, als ich das letzte mal auf die Uhr schaute und verflixt, ich prangere das an. Vor allem weil ich trotzdem um halb acht zuverlässig wach bin.

Am Schreibtisch heute aus den Vorstellungen der Kundin und mutig aus deutlich mehr eigenen Ideen als erst gewünscht ein Layout zusammengebaut, das „das ist aber schön“ hervorrief und das war sehr schön. Vor allem weil ich in einem anderen Projekt gerade genötigt werde, alles pixelweise zu ändern – und zwar so lange, bis es so User-unfreundlich wie möglich ist. „Wir möchten nicht, dass die Leute da einen Button anklicken können. Wer uns unbedingt schreiben will, der findet unsere Adresse ja auf der Kontaktseite, Herr Fischer. Wir wollen Drömpel verkaufen, nicht E-Mails beantworten.“ Von meinen Vorstellungen von Hübschheit reden wir schon lang nicht mehr.

Einen Brief im Briefkasten gefunden, ordentlich adressiert an „Tina Dico (neue Zeile) Christian Fischer (neue Zeile) meine Adresse“; darin, auf der Schreibmaschine geschrieben und mit TippEx und ungeübter Handschrift korrigiert ein Autogrammwunsch. Und der bekannte frankierte Rückumschlag, klar.
Das Missverständnis, mir den zu schicken und die Formulierung, die deutlich 1989 gelernt und dann nie mehr benutzt wurde – es brach mir das Herz. Imaginieren Sie bitte hier, wie ich die verfügbaren Hebel in Bewegung setzte, um den beiden ihre Autogramme mit Widmung zu besorgen.

Einer der unangenehmeren „Dienste“ im Web scheint mir im Moment bark zu sein. Aus heiterem Himmel bekam ich vor ein paar Monaten an meine Geschäftsadresse eine erste Mail, dass meine kleine Firma jemandem, der dort nach einem Webdesigner gesucht hat vorgeschlagen wurde. Es gibt offensichtlich eine kleine Liste mit Fragen, die Interessenten beantworten müssen und dann werden passende Firmen angeschrieben und bekommen diese Antworten. Nun ja, ich habe einige Zeit damit verbracht, meine Website sichtbar zu machen und wenn irgendetwas davon zu so einem Dienst führt – warum nicht. Rufschädigend sollte es nicht sein, wenn an dort gelistet ist – ich hab mich also nicht weiter gekümmert.
Jetzt aber bin ich genervt. Denn seit ein paar Tagen bekomme ich nicht nur diese Anfragen an meine Büroadresse, sondern auch welche an eine Adresse, die nur im Impressum dieses Blogs auftaucht, von mir aber sonst nicht benutzt wird. Und die Interessenten suchen keinen Webdesigner, sie suchen einen Therapieplatz, denn sie haben Angststörungen und/oder eine PTBS.
Sprich: Der Laden grast automatisiert Websites ab und beschließt aufgrund interner Mechanismen (bestimmt eine „KI“ …) eine Aufnahme in die Liste. Und wenn dann jemand verzweifelt genug ist, dort zu landen, gaukelt er den Menschen vor, sie könnten dort Hilfe finden, vielleicht sogar aufgrund des Fragenkatalogs besonders passende Hilfe.
Statt dessen geht die Anfrage dann raus zB an Blogger wie mich, die gelegentlich über das Thema schreiben und natürlich mit der Anfrage nichts anfangen können – geschweige denn, die Interessenten kontaktieren und aufklären können.
Und das finde ich ziemlich widerlich.

Zeugs

Schon mal Frisson erlebt? Vermutlich. Ich gehe unter anderem dafür auf Konzerte und in Museen. Wissenschaftler haben herausgefunden, was Musik haben muss, um Frisson zu erzeugen und haben eine Playlist mit bescheidenen 715 Titeln auf spotify angelegt:

There is a word that describes this common human response to music — a word for “that moment” when a song pierces your body and soul. It’s called “frisson,” and it’s the reason why music from artists as seemingly disparate as Johnny Cash, Metallica, Céline Dion, and Mozart are all featured on a scientifically-backed playlist of songs that researchers claim are likely to give people “chills.” The 715-song playlist was curated by a team of neuroscientists and is available on Spotify.

Big Think
This 715-song playlist is scientifically verified to give you the chills, thanks to “frisson”

Merci an Carola, bei der ich das entdeckt habe,

Ich bin durchgehend skeptisch aber durchaus interessiert und höre seit Samstag diese Playlist. Bislang noch relativ unbeeindruckt und die anwesenden Musikerinnen, denen ich davon erzählte, reagierten ebenso: Sk ptisch aber interessiert. Wir werden sehen.
Erzählen Sie doch mal, was die Playlist bei Ihnen macht – oder ob überhaupt.

Ach ja, was ich damit nicht tun möchte: Diese Momente anzweifeln. Spielen Sie mir Red Rain von Peter Gabriel oder die eine Live-Version von Tinas Count to Ten vor und Sie sehen – übrigens beide Mal im C-Part – zuverlässig feuchte Augen weil ich nicht weiß wohin mit meinen Emotionen. Oder zeigen Sie ein Bild von Franz Marc, ich schrieb da ja schon mal drüber.

Vi ses!

Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!

Alle bisherigen Antworten finden Sie übrigens hier.

2 Kommentare

  1. „Schon mal Frisson erlebt? Vermutlich. Ich gehe unter anderem dafür auf Konzerte und in Museen. Wissenschaftler haben herausgefunden, was Musik haben muss, um Frisson zu erzeugen und haben eine Playlist mit bescheidenen 715 Titeln auf spotify angelegt …“

    Viel nein und ein wenig ja – ich habe bisher bei 2 Titeln aus der sehr langen Playlist meinen Gänsehautmoment erlebt. Einen davon wähle ich gerne aus, wenn ich verlässlich genau dieses Gefühl erzeugen möchte. Was mir zeigt: Wenn man nur genug Titel und Genres in einer Liste aneinanderfügt, wird man so ziemliche Jede einmal erwischen.

    Wie Sie schon sagen: “… was ich damit nicht tun möchte: Diese Momente anzweifeln.“ Das tue ich genauso wenig – Schwierigkeiten habe ich lediglich mit dem Generalisieren. Skepsis berchtigt.

Kommentare sind geschlossen.

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