30.10.2020 – NoVid20?

Am Scheibtisch damit weiter gemacht, Twitter zu erklären. Also so in einer Präsentation. Wie bei den meisten Dingen, die man schon lange Jahre benutzt und die mit einem selbst gewachsen sind ist das gar nicht doof, sich mal auf die Basics zu besinnen. Macht Spaß.
Und ich stehe dazu: Für das Kapitel über die Umgangsformen habe ich ohne Hemmungen eine Bild des amerikanischen Präsidenten gesetzt. Man soll sowas ja auch mal auflockern.

Ganz nebenbei habe ich mich exakt heute vor dreizehn Jahren, mittags gegen eins bei Twitter angemeldet und wir haben gemeinsam eine ganze Menge mitgemacht.

Ins (nicht mehr ganz so) neue Album von Silbermond reingehört. Erster Titel: Ein Rückblick aufs Leben. Bei den Ärzten war auch so ein Lied. Gedankeneinschuss: Schreiben die alle so Texte, weil wir im Moment keine Zukunft haben, auf die wir hoffnungsvoll blicken könnten? Weil gegen Flüchtende und Klima und Corona alles zu klein wirkt und wir aber leider verlernt haben, Protestsongs zu schreiben?

Zwischendurch, beim Frühstück ein dringendes Bedürfnis nach einfach-nur-schönen Bildern gehabt und in der Kategorie National Geographic auf Disney Plus die Reihe „Europa von oben“ gefunden. Folge eins: Die Niederlande; so mit Tulpenfeldern und so.
Ganz mutig für den nächsten April als Geburtstagsausflug „Tulpenfelder gucken“ in den Kalender geschrieben. Gemerkt: Dinge zum Vorfreuen sind was Gutes.

Mittags kam die Liebste früh heim und wir verabschiedeten und sofort ins Café Audi. Was ich wirklich mag an diesem Café ist ja: Man kann sich den Ausblick aussuchen.

Plan für heute Abend: Zoom mit Freunden.

Markus Kavkas Buch über Depeche Mode gelesen. Das war natürlich super.
Ich bin mit Herrn Kavka im Fernsehen nicht mehr ganz aufgewachsen, aber fast; er ist unwesentlich älter als ich, ich bin aber auch auf dem Dorf aufgewachsen, wo es eher aufs Maul gab als das jemand erst fragte, warum man sich denn bitte so anders kleidete. Meine Liebe ist jetzt nicht Depeche Mode, aber natürlich auch die Musik. Und die Band ist ja auch nur einer von vielen möglichen Platzhaltern für einen Einfluss von außen, der Sinn und Halt und Richtung gab – und die Idee, dass es wirklich mehr geben könnte als das Dorf und die nächste Stadt. Auch ich habe natürlich mit Mixtapes um Mädchen gebuhlt, ich habe mich abseits der elterlichen Blicke umgezogen, bin, sobald es eben ging, auf die Reise durchs Land gegangen, um mehr und anderes und mehr und mehr und mehr zu sehen. Und war dann zu schüchtern, da auf die Tanzfläche zu gehen.
Es ist also meine Geschichte, es ist also mein Buch, it feels like home.

Und mittendrin war es dann nicht mehr.
Da fand ich es plötzlich ein fürchterliches Boomer-Buch, da mochte ich mich nicht mehr in die kollektiven Vergangenheit kuscheln, mich damit beruhigen, dass wir ja alle mal wild waren. Und will kein Boomer sein.

Das war interessant, mir bei diesen Gedanken zuzuschauen.

Gestern Abend, quasi in direkter Reaktion auf Frau Brüllens gestrigen Artikel überlegt, eine Alternative zu Twitter aufzumachen. Haha, jaja, natürlich erinnere ich mich an Mastodon, Ello, Tsu und Dings, wie hieß denn Dings noch wirklich? Ach, egal. Alle gekommen und gegangen und das ist ja auch gar nicht, was ich dachte.
Sondern: Ich hab da mal einen Discord-Channel aufgemacht, hab ihn Novid genannt und wenn Sie mal reinschauen möchten? Vielleicht, weil Sie einen Moment brauchen, wo es verboten ist, über Corona zu sprechen, wo wir keine Meinung dazu brauchen, wie die da es hätten besser machen können, wo wir nicht streiten welche Wirtschaft, welche Lobbygruppe wichtiger oder zu wichtig oder zu leise oder zu laut ist und wie man denn jetzt bestimmt sicher und digitalisiert und zu aller Eltern Zufriedenheit unterrichten kann – dann lad ich Sie gern ein. Einfach nur ein Ort ohne Corona.
Ich habe das „Konzept“ zuerst während m4mvscovid kennen gelernt und meine pädagogische Ausbildung rief sofort irgend etwas sehr begeistertes: Ich halte die Idee für gut und die Regeln sind ja simpel.

Es geht überhaupt nicht darum, Corona zu negieren oder Eskapismus zu betreiben, aber wie ich gestern schon twitterte:
Ich verstehe jede, die auf Twitter – weil das nun einmal unser Ort für so etwas ist – ihre Ängste, Wut, Zweifel, Whatevers rauslassen darf wann sie will. Aber wenn die 450 Menschen denen ich folge das jeweils nur 2x am Tag tun, habe ich jede wache Minute 1 negativen Tweet zu lesen und davor muss ich mich manchmal schützen.

Aktuell sind wir zu fünft und vielleicht kommen mehr. Und vielleicht werden da auch nie mehr als zwei Menschen gleichzeitig sein, aber ich werde versuchen, den Raum mit etwas Positivität zu füttern und wenn Sie so einen Raum gebrauchen können, dann melden Sie sich und dann bekommen Sie den Link.

Gelesen, was ich so bis jetzt hier getippt habe und gedacht: Nee, vermutlich hat es niemand verlernt, Protestsongs zu schreiben. Eher haben die, gegen die wir protestierten geschafft, Protestsongs uncool werden zu lassen. Und wer will schon uncool sein? Wer will schon die kleine muskulöse schwarze Frau mit der Gitarre sein, hahahaha? Und so lange man sich über ihre Muskeln und Hautfarbe und Frisur lustig machen kann, muss man ihr nicht zuhören. Es ist immer der gleiche Dreck.

Und sonst so?

Sie haben das bestimmt alle heute schon ein paar mal angeklickt aber das ist ja egal.
Eine spanische Website hat in einfach zu begreifenden Animationen (und ich englischer Sprache) erklärt, wie sich Aerosole verbreiten. Wie hoch das Risiko in was für Räumen, mit wie vielen Menschen, mit oder ohne Maske, mit oder ohne Frischluft ist.
A room, a bar and a classroom: how the coronavirus is spread through the air


Und die NZZ – genauer: Michael Sandel, Professor für Politische Philosophie in Harvard, und darüber hat die NZZ berichtet – hat sich daran gewagt zu erklären, warum Trump so erfolgreich ist. Was Obama und Harvard, Princeton oder Yale damit zu tun haben.
Ich denke an manchen Tweet der letzten Jahre, nein, keine Tweets von „denen“, sondern Tweets von „uns“ und bin nachdenklich.
Wie eine neue Bildungselite die einfachen Leute demütigt. Und so den Weg für Donald Trump und den Populismus geebnet hat

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.

1 Kommentar

  1. Vielen Dank für den Link. Ich habe ihn sofort kopiert und in eine geschäftliche Rundmail gepackt. Vielleicht hilft es.
    Ein wenig mehr Positivität könnte ich auch gebrauchen :-) .

Kommentare sind geschlossen.

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