Irgendwo zwischen Zeitumstellungs-Lag, zu spät eingeschlafen nach dem langen Abend und „zu alt für den Scheiss“ war das heute ein sehr zeitverwirrter Tag. Versucht, wenigstens ein paar der paarhundert Bilder raus zu filtern und zu bearbeiten, aber zu unkonzentriert gewesen.
Außerdem deutliche Katerstimmung. Irgendwann gestern Abend, als ich mit zwei Kameras behängt im Schatten des Saals rumlief und mich – möglichst wenig störend – hinter Säulen versteckte, um von da aus zu filmen und zu fotografieren, da fühlte es sich an wie: Genau das möchte ich tun, genau hier möchte ich sein. Diese Welt ist perfekt, perfekt.
Das war gestern und heute steht die nächste Woche vor der Tür mit Diskussionen über Pixel, mit Terminen und Altpapier und das macht Katerstimmung.
Mathew Perry ist gestorben, die meisten von Ihnen werden wissen, dass ich großer Fan der Friends bin und während in diesem Moment gerade so viel Elend auf der Welt passiert ist es privilegierter Luxus, darüber überhaupt nachzudenken. Und trotzdem ist auch das Teil unseres Lebens und ich denke an die Geschichte von Mathew Perry, der vermutlich viel mehr Chandler war als es jemand sein sollte und es tut mir Leid um einen Menschen, der seinen Kampf verloren hat.
Und ich denke daran, dass Friends ja heute „nicht mehr geht“, hauptsächlich wegen seines Humors, der eben in den späten 90ern entstand und zB queerfeindlich, bodyshamend und sexistisch ist. Wir haben gerade unseren zigsten Friends-Rewatch hinter uns und ja: Das ist nicht gut gealtert.
Und dann denke ich: In diesem Sinne ist nichts gut gealtert. Geht gar nicht. Wir sind auch nicht gut gealtert; Sie nicht, ich nicht, kein Film, kein Buch. Das ist pure Logik: Wenn sich die Menschheit weiter bewegt, dann altert halt nichts gut. Und wenn man diesen brutalen Vergleich über eine längere Zeit wagt und ein Buch, einen Film, eine Serie, oder sich selbst face to face mit sich selbst vor 30 Jahren gegenüber stellt, dann kann man nur erschrecken. Denn wir alle waren damals anders.
Der wichtige Unterschied ist: Wir Menschen vergleichen uns normalerweise nicht mit unserem Selbst vor dreißig Jahren, sondern mit dem von gestern oder letzter Woche. Wir hatten Jahre dafür Zeit, uns zu bewegen. Ein Jährchen um sich die queer-feindlichen Sprüche abzugewöhnen hier, ein Jährchen, um die Bodyshaming-Witze aus dem Alltagssprech zu eliminieren dort.
Und blicken wir länger zurück, dann ist das was wir sehen, unsere Haltung, unsere Einstellung– und nicht, wie wir sie sprachlich zum Ausdruck gebracht haben. Oder eben wie nicht.
Vergleichen wir aber Buch, Film oder Serie, dann sehen wir einen brutalen Schnapsschuss, quasi eine Zeitkapsel – und ich bin sicher: Sähen wir diesen Schnappschuss von drei Dekaden früher von uns selbst, dann würden wir erschrecken.
Die Macher von Friends haben längst mehrfach betont, dass sie heute einiges anders machen würden. Dass ihre Serie nicht gut gealtert ist, das ist einfach nur logisch. Dass sie sich damit beschäftigen, das ist Haltung. Fehler von vor drei Dekaden kann man heute nicht mehr ändern, wenn sie einmal auf Film gebannt sind. Aber man kann eine Haltung dazu haben und ich finde in diesem Fall, das ist, was zählt.
Also: Auf in die Woche. Vi sees!
Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.
Und zu Friends, so schlecht es auch gealtert ist, in mancher Hinsicht waren da viele Dinge bei, die für Mitte der 90er eher fortschrittlich waren. Ein sympathisches lesbisches Paar (der Humor speist sich ja meist eher aus Ross‘ Unvermögen, damit umzugehen), Leihmutterschaft, ungewollte Kinderlosigkeit. Nicht mal die Darstellung von Chandlers Elternteil, die man heute vermutlich deutlicher als trans Frau bezeichnen würde, ist völlig und an alles Stellen daneben.
Ich find viele Witze auch super schwer zu ertragen, aber andere Sitcoms sind jünger und für mich nicht mehr rewatchbar (How I met your Mother zum Beispiel).
Ja, genau. Ich kann bei Friends auch sehr viel Haltung sehen, die für die damalige Zeit eher weiter vorn war.
Aber da fällt mir noch ein Blickwinkel auf Friends ein, der sehr interessant ist: ich habe mal gelesen, dass Friends die erste Serie war, die den (Dino-)Nerd durchweg als Trottel, über den man lästern kann darstellte. Und ja, an vielen Stellen stimmt das schon, fand ich jetzt …