Gegen drei aufgewacht. Kalte Füße, Gliederschmerzen, ein bisschen Kopfweh. Nichts dramatisches, aber im Moment ist es zu leicht, auf dumme Gedanken zu kommen.
Konnte nicht mehr einschlafen, also Internet gelesen; dabei auf Stories gestoßen, die gerade mal eine halbe Stunde alt waren. Beruhigt festgestellt, dass auch anderer Menschen Schlafrhythmus offensichtlich aus der Reihe tanzt.
Die Dokukanäle haben ihr Programm inzwischen weg von Hitler und Ramses an Corona angepasst und da ich die Fernsehberichterstattung dringend vermeiden möchte muss ich dann wohl was anderes suchen.
Kleinkram weggearbeitet und viel telefoniert. Mit der Projektleitung; wir haben überlegt, was wir mit einem Hilfsangebot anfangen können. Zusammen neue Ideen entwickelt.
Diese Energie haut mich immer wieder um.
Mit Franzi; wir haben überlegt, was mit den Menschen nicht stimmt. Muss auch mal sein.
Mit einem Doc. Wieder Dinge überlegen.
Auch die Menschen, die in der Blase sind zeigen Nerven. „Im Prinzip würd ich ja helfen, aber jetzt gerade …“
Das ist ebenso menschlich wie enttäuschend. Ebenso normal wie schade. Das ist halt so, die Zeit ist anstrengend.
Das ist nur echt anstrengend, wenn sie gleichzeitig noch die „ich bin ja einer der guten“-Fahne hochhalten und andere absauen, die Nerven zeigen.
Solidarität ist nicht nur Solidarität, wenns gerade gut passt.
Gelesen: Grundsicherung für Künstler in Hamburg – Ein Bollwerk verweigerter Hilfe
Ich glaube, es gibt ähnlich wie in der IT-Welt einfach zwei Welten in Deutschland: Die bürokratische und die, die außerhalb dieses Rahmens lebt und arbeitet. Und die Bürokratische weiß überhaupt nicht, dass es die andere gibt, wie sie lebt, was sie verdient.
Ich erinnere mich an einen IT-Menschen, bei der Stadt angestellt, dem ich im Jahr 2017 erklären musste, was ein Cloudspeicher ist. Die EU-Regierungssprecher, die 2020 ihre erste Videokonferenz führen. Den Steuerberater, der beleidigt auflegte, weil er sich verarscht fühlte, als ich ihm sagte, der Liebsten ihr Auto hätte (neu) 10.000,- gekostet: „So billige Autos gibt es nicht, Herr Fischer – aber wenn Sie mir nicht helfen wollen – ich wollte da was für Sie rausholen“
Die Bundesregierung, die 150 Millionen Euro locker macht für ein Projekt, was unserem nicht unähnlich klingt. Die Krankenkassen, die ihren mindest-Berechnungsgrundlagen für freiwillig gesetzlich Versicherte bei dem doppelten dessen ansetzen was viele meiner Bekannten verdienen. Die MDB, die mit mir über die geplante Rentenpflichtversicherung für Selbstständige sprach und nicht begriff, dass viele Selbstständige die zusätzlichen Kosten in den Ruin treiben würden.
Zwei Welten.
Jetzt Pizzaschnecken mit Brokkoli (ich solle Gemüse essen, sagte man mir) und Let’s Dance.
Diese Beobachtungen zu den zwei Welten kenne ich nur zu gut; Soloselbstständigkeit ist hierzulande schlicht nicht vorgesehen und wird, wenn auch vermutlich eher aus Ignoranz denn aus Bosheit – aber das spielt fürs Ergebnis keine Rolle –, auf vielen Ebenen schwierig und mühsam gemacht. Im Moment mäandere ich je nach Tageslaune zwischen der Hoffnung, dass die bevorstehenden Verwerfungen daran irgendwas zum Besseren ändern, und der Befürchtung, dass all das nicht systemrelevante Künstlervolk nun endgültig durch den Rost fällt …
Ich nehme an, wenn man erstmal im Monat so viel verdient, wie derjenige über den man spricht im Jahr, dann ist die Entfernung zu groß.