25.4.2019 – Tag der klaren Worte

Morgens eine Mail geschrieben und – ich nahm die Liebste als Kontrollinstanz – mal „etwas deutlich“ geworden. Ich eiere jetzt seit X in einem Projekt herum, wobei X eine dem Projekt vollkommen unangemessener Zeit ist, die ich hauptsächlich versuchte, Kommunikation aufrecht zu erhalten.*

*) Also vermutlich sieht die andere Seite das genau so und das ist ja das Dilemma bei fast jeder Form der missglückten Unterhaltung. Und wenn eine Seite absichtlich destruktiv agiert, aka. „trollt“, dann wirds eigentlich wieder einfacher.

Mit einer alten Freundin frühstücken gegangen. Das ist immer sehr schön, ich frühstücke wirklich äußerst gerne und ich habe Freunde auch wirklich gerne um mich. Oft zeitlich gesehen weniger lang als es gesellschaftlich so geplant ist und deswegen halten mich Menschen oft für eigenbrötlerisch oder unsozial, aber es ist nun einfach so, dass ich mich auf Menschen auch zum einen wirklich ganz einlasse, wenn wir uns treffen und zum zweiten mir ein gewisser Hang zum Introvert inne ist und aus beiden Gründen so ein Treffen schlichtweg anstrengend wird – und ich sagte „so ein Treffen“ und nicht „diese Menschen“, das ist ein wichtiger Unterschied und jetzt habe ich vollkommen aus dem Blick verloren, wo dieser Satz einmal hinführen sollte: Also ich treffe wirklich gerne Menschen, auch wenn ich gelegentlich dann früher gehen muss und das war toll. Und glaubt mir: When u have me, u have the whole Christian und nicht nur einen Teil.

Aber ich gleite vollkommen ab.

Plötzlich fand ich mich in einer Unterhaltung über den Sinn von Impfungen wieder und das ist ja eine Situation, auf die man hauptsächlich von Twitter vorbereitet ist. Folgt man dem dort gelernten, dann hätte ich beginnen müssen, sie zu beschimpfen. Auch ein „Merkste selbst“, so schön von oben herab hält man dort ja für angemessen. Vielleicht auch mit einem Hashtag noch ein paar Freude ins Boot holen die sie auch beschimpft hätten?
Ich halte das im Internet schon für große Kaque und morgens in einem Café noch viel mehr. Also ließ ich sowohl das Beschimpfen als auch das Hashtaggen und das von oben herab sein und suchte eine andere Gesprächsführung.*
Versuchte schon klar zu machen, dass ich da ein paar Dinge anders sehe, dass ich aber Ängste durchaus verstehe. Dass aber meine Infos schon so wären, dass man diese Ängste nicht haben muss. Und am Ende waren wir uns einig, dass es wichtig ist, sich zu informieren und dabei sehr auf die Qualität der Quellen zu achten. Sie weiß jetzt sicher, dass ich das anders sehe als sie und vielleicht schaut sie sich jetzt mal Statistiken an und ich weiß: Nun gut, sie sieht das anders als ich und zum Glück muss ich nicht überlegen, ob ich meine Kinder mit ihren spielen lasse.
Aber vor allem hat niemand niemanden beschimpft und wir können uns noch einmal und noch einmal treffen – was ich fast das wichtigste finde, denn ich mag sie wirklich sehr, sehr gerne.

*) Das klingt so furchtbar bewusst und gesteuert, das war es aber nicht. Ich fühlte mich eher wie auf einer schwankenden Eisscholle, auf der ich Milimeter für Milimeter nach vorne stakste – weil der Spagat zwischen: fair bleiben und Standpunkt klar sagen ist echt schwer, wenn man Diskussionen hauptsächlich aus der Lokalpolitik und dem Internet kennt.

Es ist wirklich spooky, was das Netz mit einem machen kann, selbst wenn man sich aus solchen Grabenkriegen sehr raushält und immer versucht, auch online „anders“ zu diskutieren.
Man solte sich viel mehr offline, eins zu eins und ohne Publikum unterhalten – auch und gerade mit Menschen die zu irgendetwas eine andere Meinung haben. Es ist sehr lehrreich.

Nachmittags jemandem gesagt, dass ich sie toll finde. Sollte man viel häufiger tun. Ehrlich, Sie hören so etwas doch auch gerne und man kann ja einfach mal anfangen.

Antwort auf die Mail von morgens bekommen. Konstruktiv und positiv, das erste Mal seit Wochen. Ich bin fast begeistert.

Tagsüber ein neues T-Shirt getragen. Nervös gewesen deswegen.

Warum eigentlich? Also: Natürlich weiß ich, dass so ein Shirt – an einem Mann noch dazu – Menschen provoziert. Aber, und da beisst sich doch die Fellnase in den Schwanz: Das beweist doch, dass man es tragen muss, dass es ein Thema ist, was Menschen entzweit – und ich frage mich ja nun immer wieder: What the heck gibt es da überhaupt zu diskutieren? Wie kann jemand nicht für Gleichheit zwischen den Geschlechtern sein?

„Ja aber Dings hat doch dasunddas gesagt und das ist vollkommen indiskutabel und deswegen bin ich kein Feminist“ höre ich jemanden rufen.
Im Ernst? Dann müsste ich ja auch aufhören Popmusik zu hören, nur weil es Dieter Bohlen gibt.

Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
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Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.

2 Kommentare

  1. Rundum fein. :)

    Weiß seit geraumer Zeit, wozu die Sozialisierung in den 70ern gut war: Diskutieren kannste dann. Was ich dafür nicht gelernt habe: auf den Tisch zu hauen, das hab ich mir erarbeiten müssen. Ich war so ein kleines supergut funktionierendes Erwachsenchen, das immer und unter allen Umständen Rücksicht genommen hat. Ist heute – leider – nicht mehr hilfreich. „So verschieden ist es im menschlichen Leben.“

  2. Pingback: flusskiesel

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