23.12.2024 – leb so wie Du Dich fühlst

Der Weihnachts-Meltdown kam spät – was gut ist – aber er kam dann doch noch. Nun denn, wir kennen uns ja. Und auch wenn ich ihn kenne und nicht mag, ist einer der Tricks ja, die Dinge anzunehmen.
Heißen wir also Trauer und Angst willkommen – setzt Euch von mir aus irgendwo hin. Aber Kekse gibts nicht!

Danke an @lazycuttlefish für den Impuls für die folgenden Gedanken!

Die schlaflose Nacht habe ich damit verbracht, erst zu entdecken, dass es einen reinen BigBrother-Fernsehkanal gibt und dann damit, mit großen Augen die halbe Nacht Folgen aus der zweiten Staffel zu gucken. Falls Sie sowas interessiert – das war die mit Ebru und Walter, Nominator Christian, Rocker Harry, Hanka, Alida, Daniela und Karim und anderen. Macht aber nix, wenn Ihnen die Namen nichts sagen, ich dachte eh über was anderes nach.
Nämlich darüber, wie eine Fernsehsendung, die damals so vorderste Front einer Entwicklung war, die so sehr Popkultur oder je nach Sichtweise auch den endgültigen Niedergang der Sitten verkörperte, ein guter Vergleichsmaßstab dafür sein kann, wie sich Zeiten geändert haben. Vor allem, wenn man aktuelles „Reality“-TV als Vergleich nimmt.

Jaja, wir wissen alle: Früher war alles besser, aber nach allerhöchstens sieben Folgen möchte ich sagen: Wow, was haben wir viel erreicht. Und wow, was haben wir viel verloren. Was mir so auffiel – ungeordnet, und nicht bewertet:

  • Der Moderator unterhält sich mit einer Ex-Bewohnerin darüber, dass eine noch-Bewohnerin aber einen überraschend guten Körper hat, den sich ruhig mal öfter zeigen könnte. Die Ex-Bewohnerin pflichtet ihm bei – sie hätte in der Zeit in der sie drin war, auch schon versucht, die betreffende mal in engere Kleidung zu stecken.
  • Alle Frauen im Haus sind unterschiedliche Typen und nicht nur halbtätowierte, volloperierte, Haar-verlängerte Klone des aktuellen Stands der Schönheits-Op-Branche in superenger Sportkleidung oder Bikini mit Adiletten.
  • Die Männer im Haus sind unterschiedliche Typen und nicht nur volltätowierte, auf Muskeln statt auf Kraft aufgepumpte Machos mit Undercut und Man Bun im Muscleshirt, Jogginghose und Adiletten.
  • Es gibt keine queeren Personen im Haus und als für eine Aufgabe ein Mann geschminkt werden muss, schüttelt er sich vor Ekel und es ist ein riesiger Spaß für alle.
    Für die gleiche Aufgabe wird eine POC gebraucht und dann wird halt fix jemand geblackfaced.
  • Die Gespräche sind strunzlangweilig, weil sich die Bewohnerinnen halt einfach über dies und das unterhalten. (Fast) niemand ist per se auf Krawall gebürstet, es gibt bei niemand im Kopf ein inneres Drehbuch, wann man am besten das erste Mal deep wird und wann die eigene Heldenreise erzählt.
  • Überhaupt scheint niemand eine bestimmte Rolle ausfüllen zu wollen.
  • Die Wochenaufgaben sind nicht auf extreme Konfrontation oder Bloßstellung der Kandidatinnen ausgelegt.

Bei allem, was wir also an Diversität erreicht haben, ist im Reality-TV viel, viel andere Diversität verloren gegangen. Gut, eine kann heute jede Geschlechtlichkeit annehmen, Hautfarben und gelesene Herkunft spielt ebenso in diesen Sendungen quasi keine Rolle – aber statt dadurch offener zu werden, sind zig Schubladen entstanden, denen die Kandidatinnen möglichst exakt entsprechen wollen.

Warum ich darüber überhaupt nachdenke? Weil damals – und das dürfte der Hauptunterschied sein – die Bewohnerinnen damals an einem Experiment teilnahmen, vielleicht noch versuchten, eine Single aufzunehmen und dann wieder in ihre Jobs zurückgingen. Heute ist es ein Beruf, Reality-Show-Partizipientin zu sein und Social-Media erfordert es, dass die Rollen als Proll, Fuckboy oder Aggro-Bitch nicht nur im Forsthaus, der Sala oder im Dschungel gezeigt, sondern 24/7 gelebt werden.
Und das sind wiederum die erfolgreichen Vorbilder für die nächste Generation – nicht nur die nächste Generation Reality-Stars, sondern überhaupt.


Sonst? Backups, OS-Updates, Hausputz und so.
Nachdem ich gestern Abend deutlich zu viel Musik auf den Ohren analytisch bearbeitet hatte und alle, aber wirklich jede Musik nur noch nach dumpfem Mumpf klang, hab ich mir eine Master-Pause verordnet und endlich mal angefangen, meine Geschäfts-Website zu relaunchen. ich hatte da länger schon eine Idee gehabt, die letztens ausprobiert und für überraschend vollkommen ungeeignet und un-ansprechend befunden. Neuer Versuch heute. Sneak-Preview für Sie, große Zufriedenheit für mich.

Schauen wir mal, was die eigentlichen Weihnachtstage jetzt noch bringen; außerdem noch vier mal schlafen.
Vi ses!

Sie mögen das, wenn ich auch mal aus dem täglichen Alltags-Einerlei ausbreche und über Gott und die Welt nachdenke und möchten diese Arbeit unterstützen? Hier steht eine virtuelle Kaffeekasse!
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist.

4 Kommentare

  1. „Leb“ war aber der Song der 1. Staffel?!
    Die gab es auf PlutoTV bis vor ein paar Wochen – war ein ähnlicher Flashback für mich; hab die Staffeln 1-3 damals gesuchtet.

    1. Ja, ich weiß: Bei der Headline war ich historisch ungenau.
      Das war ja auch ein wirkliches Ereignis damals. Ich erinnere mich dunkel, dass wir für die jungen Grünen hier in der Stadt die Stadt mit *hust stark angelehnten Aufklebern tapeziert haben.

  2. Mir sagen all die Namen etwas, ich habe nämlich gerade (und nur) die 2. Staffel „Big Brother“ seinerzeit aufgrund der so unterschiedlichen Charaktere sehr gern verfolgt, und finde die Gedanken dazu und zum Reality TV sehr interessant und nachvollziehbar! Das Wort „Unschuld“ kommt mir da unwillkürlich in den Sinn, die ersten Big Brother-Generationen waren eben einfach herrlich unprofessionell. Heutiges Reality TV kann ich gar nicht gucken…

    Frohe Weihnachten wünsche ich, mit innerer Ruhe, und danke für diesen (dieses.) Blog, ich lese seit Jahren sehr gerne mit.

Kommentare sind geschlossen.

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