22.7.2021 – (day 13)

Ich sags jetzt mal so wie es ist: ich schlafe gerade wieder echt bescheiden. Meist brauch ich nach dem Aufstehen fast eine Stunde, um die Träume abzuschütteln und stimmungsmäßig im Tag anzukommen.

Dann zum See und drumherum. Sechs Minuten weniger gebraucht als beim letzten Mal. Drüber geärgert, dass ich das gut fand. Scheiß Wettbewerbsdenken, scheiß Optimierungsdenken überall.

Zu Hause frühstücken und dann hatte ich die Liebste gebeten, ob sie mir dabei zur Hand gehen könne, wenn ich mein Büro mal einmal auf den Kopf stellen wolle. Sie konnte und so verbrachten wir zwei Stunden im warmen, schwülen Dachgeschoss. Das war überraschend anstrengend (und dabei hatten wir schon vermutet, dass es anstrengend werden würde), aber jetzt sind die neuen LAN-Kabel hübsch verlegt, die Kiste mit den alten Festplatten, für die ich keine Entsorgungslösung habe, steht nicht mehr doof in der Ecke, sondern im Keller, wo sie vermutlich eher hingehört. Die Buchhaltungsordner haben wieder ein System, die Laptoptaschen, die ich irgendwann mal kaufte, stehen statt in der Ecke auf EBay und … – naja, Sie sehen schon, wo das hingeführt hat.
Zwei Schrammel-Ecken sind weg und das ist super.

Viel über gestern nachgedacht. So sonderlich belastbar bin ich ja nun im Moment – sechs Minuten weniger hin oder her – eigentlich nicht und gestern saßen wir sechs Stunden im Auto, fuhren nach Cuxhaven, fuhren exakt mittenrein, drehten eine Runde über einen vollen Parkplatz und dann eine halbe über einen fast vollen, fanden uns zwischen gefühlt tausend Touris wieder, liefen zur Pier, guckten dort mit vielen anderen auf die Elbmündung, fanden den letzten Tisch in einem Eiscafé, drehten noch eine Runde durchs Städtchen, waren sogar noch in Läden, fuhren zurück, stoppten in Münster auf eine Pizza am alten Hafen – an dem auch wieder gefühlt tausende unterwegs waren …
… und das war alles total ok und nahezu unanstrengend. Mich überrascht das irgendwie genau so wie sie. Da waren eine Menge Situationen, die eigentlich jenseits der gewohnten Überforderungsgrenzen lagen.
Andererseits hatten wir letztens über ein Leben in einer anderen Stadt gesprochen und es kam die vollkommen berechtigte Frage auf, warum ich denn dort wohl in einer Stadt leben wolle, wenn mir hier schon immer zu viele Menschen unterwegs seien.
Meine These war, dass mich dieses Kaff hier in einer solchen Tiefe – pardon my french – ankotzt, dass ich schon immer auf 75% Belastung losziehe. Und so ein Tag wie gestern, der könnte diese These schon ganz gut bestätigen.
Oder ich hatte einfach nur Glück, wir werden das eruieren.

Auch Frau Brüllen hat „The Flight Attendent“ geguckt und da ich das ja kurz erwähnt hatte, mag ich das kurz noch ergänzen: Ich schließe mich Frau Brüllen an: Overacting bleibt Overacting, egal ob in deutscher oder englischer Sprache – aber ich schließe mich auch an: Es passt scho’. ich mochte es aber, bis auf einen Moment: Nämlich den allerletzten, wo klar wird: Natürlich gibt es eine zweite Staffel, wenn die erste läuft. Die erste ist gut gelaufen, es hagelte Nominierungen und meiner Ansicht nach ist die Idee der ersten Staffel fertig erzählt und es kann nur schlechter werden.

Zeugs:

Die Oecherin hat so ein paar Vermutungen über die Zeit „danach“. Ich teile nicht alle, mag aber die Perspektive sehr gern, schon weil meine pessimistischer ist.

Es wird wie mit anderen Erfahrungen sein, die wir nicht teilen können: Die Faszination für Skiurlaub oder das Briefmarkensammeln, die Überforderungen im Alltag mit Kindern, das Alleinesein, eine durchgemachte Angst oder Depression.

18 Worte: Nachtrag

Sie haben das vermutlich alle schon gelesen, aber ich finde es zu gut, um es unerwähnt zu lassen: Die Fragen eines E-Auto-Fahrers, die er beim Umstieg auf einen Verbrenner hat. Ich glaube, es hilft fast immer, eine Perspektive einmal um 180° zu drehen, um manche Dinge klarer zu sehen.

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… und alle weiteren Fragen hier.


Ich denke ja aus Gründen in letzter Zeit viel über die Menschen nach, die man so allgemein als konservativ bezeichnet und scheitere vor allem da dran, das grundsätzliche Denkmuster, das ich erlebte, anderen zu erklären. Kinderpsychiater Dierssen hat es auf Twitter geschafft:

Nachgeben und schweigen, sich fügen, Gehorsam und Demut zeigen: diese Verhaltensmuster wurden Kindern traditionell abverlangt und durch eine autoritäre Übermacht erzwungen. Im Zentrum des konservativen Autoritarismus stehen weder Argumente, sachliche Erwägungen, Interessenausgleiche oder Gleichwürdigkeit. Im Zentrum steht die Autorität an sich, in Gestalt von Familienvätern, Staatenlenkern, Religionsgründern, spirituellen Wesen. Sie entscheiden.

Kinderpsychiater Dierssen auf twitter: Es ist die Kunst der Konservativen, Dinge als ‚unveränderlich‘ darzustellen, um einen Wandel zu verhindern.

In den Replies taucht irgendwo der Vorwurf auf, dass Konservative doch schließlich auch Wandel gestalten – ja. Aber nur Wandel, den sie überschauen können und der ihre Position und ihre Weltordnung nicht gefährdet. Um das kurz zu ergänzen.


Charlotte hat für die Bundeszentrale für politische Bildung mit der Redaktionsleiterin des Projektes @ichbinsophiescholl gesprochen:

Für viele in der Community wird Sophie dadurch zu wirklich so einer Art Freundin. Da kann man sich fragen: Wäre das denn 1942 wirklich so gewesen? Für die meisten der deutschen Bevölkerung wäre Sophie doch eher eine Außenseiterin gewesen und nicht das, was man heute in ihr sieht.

Suli Kurban und Historikerin Charlotte Jahnz im Interview mit Leonie Meyer auf bpb.de: Widerstandsgeschichte auf Instagram: Was leistet das Projekt @ichbinsophiescholl?

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5 Kommentare

  1. Im Nationalsozialismus gelebt zu haben ist eben doch auch eine nicht teilbare Erfahrung.

    Egal, wie viel wir darüber zu wissen glauben.

  2. Ich glaube, wenn man an einem Ort lebt/leben muss, an dem man absolut nicht sein möchte, dann macht einen das auf Dauer vielleicht krank. Umgekehrt, wenn man an einem Ort leben kann, an dem man sich wohlfühlt, lässt auch die Krankheit nach.

  3. Ich vermute mal, umziehen ist im Moment nicht möglich. Vielleicht hilft es ein bisschen, wenn man sich überlegt, was gefällt mir so an dem Lieblingsort und kann ich davon vielleicht auch etwas hier in meinem Wohnort oder in der Nähe haben? Kann ich mich vielleicht mehr Tage im Jahr in meiner Lieblingsgegend aufhalten als ich es jetzt tue? Das macht es vielleicht auch erträglicher.

    1. Richtig, nicht so einfach.
      Und: Klar, die Gedanken machen wir uns seit langem. Es verkompliziert die Sache, wenn die Antwort auf nicht-mögen und die auf vermissen jeweils die gleihe ist: Die Menschen. Aber wir planen.

Kommentare sind geschlossen.

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