Gestern nachmittag dann doch mal bei Frau Doktor gewesen und ein Antibiotikum geholt – vor allem, nachdem sich der gestrige Tag gesundheitlich eher wieder wie ein Rückschritt angefühlt hatte, schien mir das ein logischer Schritt.
In der Apotheke dann dringend angeraten bekommen, dieses Wochenende Lotto zu spielen. Es war 17:44 Uhr und ich war der erste Kunde des gesamten Tages, der nicht mit halbleeren Händen oder Ersatzprodukten den Laden wieder verlassen musste. Ach: Hatten Sie eigentlich mitbekommen, dass die Apotheken gestreikt haben? Keine Sorge, sonst auch niemand.
Gestern schon und heute wieder: Mit einem glücklich lächelnden und einen feuchten Auge denen zugeguckt, denen es vergönnt ist, den Winter da zu verbringen, wo es wärmer ist.
Dank timehop weiß ich, dass sie wieder eine Woche später fliegen als letztes Jahr. Bestimmt Zufall. Oder auch von Bahnstreik betroffen gewesen bei der Anreise zu den Sammel- und Abflugplätzen.
Gestern zogen gleich fünf der großen Vs über den Himmel. Vier in Richtung Süden, nur ein kleinerer Trupp war auf dem Weg nach Westen. Genau über dem Haus trafen sie sich und ich hatte endlich mal eine plausible Idee, warum sie alle dauernd schreien: „Ihr verfliegt Euch!“ – „Nein, IHR verfliegt Euch!“ – „Querflieger“ – „Schlafenten!“ – „Du hast doch ein Gehirn wie ein Kranich!“ – „Selber!“ usw usw …
Aber apropos „Schlafschafe“: bei Frau Doktor gestern noch kurz mit den MTAs hinter der Info unterhalten und Ihnen wieder mal versichert, wie super Sie sind.
Dann kamen Sie kurz ins erzählen: „Du dämliche Hure der Regierung“ ist ihr bisheriges Highlight an Beschimpfung – weil der Herr Rentner seine Impfe nicht so schnell bekam, wie er es sich vorgestellt hatte. Was erstens schon mega unfreundlich, zweitens überraschend unerwartet in der Ausrichtung und vielleicht drittens einfach ein Indiz dafür ist, dass es nicht mal beim Pöbeln noch auf Inhalte ankommt.
Umpopuläre Meinung: Diese Menschen hinter der Theke haben auf jeden Fall verdient, dass man freundlich zu Ihnen ist. Ja, auch wenn man selbst müde und gestresst ist und findet, dass die erst einmal vorlegen müssten.
Ach, und wo wir bei unpopulärer Meinung sind: Letztens bekam ich wieder einmal eine durchaus viel gelikte Welle darüber mit, was für ein widerlicher Schmarotzer Frederik (die Maus, Sie wissen schon) eigentlich ist und dachte: „Vorschlag: Wenn Sie der Meinung sind, dass Frederik ein Schmarotzer ist, dann verbringen Sie doch bitte den nächsten Winter ohne jegliche Ablenkung von Menschen in künstlerischen Berufen. Hängen Sie Ihre Bilder ab, kündigen Sie Bärenabo, Netflix, GEZ und Spotify und kleiden sich in Sack und Asche. Und im nächsten Mai unterhalten wir uns darüber, wie der Winter so war.“
Also: Das ist wörtlich, was ich dachte. Dass Sie, liebe Leserin hier nicht so kurzsichtig sind und ich Sie nicht so adressieren muss – dass weiß ich ja.
*) Wenn Sie jetzt trotzig „die Mäuse hätten vielleicht keinen Hunger gehabt, wenn er mit gesammelt hätte“ sagen möchten: Wir werfen hier in Deutschland jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel weg. Dieses Argument ist leider keins.
Eines der lustigsten, weil wohlgedachtesten und dann am meisten von der Wirklichkeit überholtesten Features meine E-Mail-Programms ist, sich mit Google zu verbinden und dort Hinweise über Phishing-Seiten und ähnliches abzufragen. Im Zweifelsfall wird statt der E-Mail eine fette rote Warnung angezeigt.
Naja, soweit die Theorie. In der Praxis bekomme ich die Warnung eigentlich hauptsächlich bei gewünschten Newslettern zu sehen, bei denen die URLs im Text so zugeballert sind mit Tracking-Parametern, dass die Warnung anschlägt. Echten Spam hingegen kann ich fast immer problemlos lesen.
Neues aus Absurdistan:
- Herr Fischer, den Termin am letzten Montag hatten Sie ja nicht wahrgenommen aber auch nicht abgesagt. Den müssten wir Ihnen in Rechnung stellen.
- Ich hatte den abgesagt. Telefonisch.
- Nein.
- Doch.
- Bei wem?
- Den Namen hab ich nicht verstanden, das war sehr laut da im Hintergrund.
- Ach, dann sind Sie im Haupthaus gelandet?
- Mag sein, das war in der Woche als hier die Info nicht besetzt war.
- Ach ja, da sind alle Anrufe ins Haupthaus umgeleitet worden.
- Sehen Sie? Und da hab ich abgesagt.
- Das ist hier nicht angekommen.
- Da kann ich ja nun nichts für.
- Sie hätten halt bei uns absagen müssen.
- Hab ich ja gewollt – dann bin ich ja ins Haupthaus umgeleitet worden.
- Aber die sagen uns nie Bescheid. Sie hätten hier absagen müssen, wir müssen das in Rechnung stellen.
- Nein.
- Doch
Zeugs
Zeiten, in denen Empörungswellen hoch gehen sind immer gut für Extremisten und die wissen das natürlich und befeuern die Wellen mit emotions-pushenden Bildern in den Verteilungsmaschinen des ehemaligen Social Webs.
Aber wie kann ich kleiner random dude denn herausfinden, ob das bombardierte Krankenhaus wirklich eines war oder dann doch nur die Filmkulisse aus „Die bitte nochmal harder – jetzt wird zurückgeballert?“ Benjamin Hindrichs von den Krautreportern hat aufgeschrieben, wie eine Internet-Recherche mit einfachen, öffentlich zugänglichen Mitteln* gelingen kann:
2010 […] begann das, was Wissenschaftler:innen heute als (OSINT) Open-Source-Intelligence-Revolution bezeichnen. […] Damals begann eine weltweite Community, […] Daten zu sichten, zu organisieren und zu analysieren. […] Der Einfluss von OSINT-Recherchen ist so groß, dass sie inzwischen überall benutzt werden
Benjamin Hindrichs auf krautreporter.de:
[…]
Die Grundlagen: Google Operator, Reverse Image Search, Web Archive
Der Anfang jeder OSINT-Recherche ist eine einfache Frage: Woher kommt das Material, das mich interessiert? Aus welcher Quelle stammt es? Dann sind die sogenannten W-Fragen interessant: Wer oder was ist zu sehen? Von wo und wann stammt das Material? Um das herauszufinden, gibt es drei einfache, wesentliche Recherchewege, die jede:r kennen sollte.
So entlarvst du selbst Kriegspropaganda im Internet
*) Ja, natürlich ist mir klar, dass das größte Hindernis nicht die Technologie ist, sondern die fehlende Lust, sich mit etwas auseinander zu setzen, was im besten Fall noch die eigene Empörung gegen „die da“ anfeuert – vollkommen egal, wer „die da“ in diesem Fall gerade ist. Und das schließe natürlich auch Sie und mich ein – das ist vermutlich die wichtigste Erkenntnis: Wir sind bei diesem Thema ja auch nicht besser, sondern eben: Auch nur menschlich.
Eine ganz andere Methode etwas zu beurteilen – nämlich in diesem Fall die Friedlich- oder Gefährlichkeit einer Demonstration „für Palästinenser“* – hat Lila in klaren Worten aufgeschrieben:
Wer beurteilen möchte, wie friedlich oder bedrohlich eine Demo ist, der braucht sich nur zu fragen: würde ich da mit Kippa, Israelflagge oder Davidstern hingehen? Wenn nicht, dann ist das keine friedliche Demo. Dann ist das kein friedlicher Ort
Letters from Rungholt:
Weitgehend friedlich
Überhaupt ist Lilas Blog im Moment einer der Orte in diesem Web, an denen ich am meisten lerne; nicht immer Schönes, jedoch am meisten – und ich bin ihr unendlich dankbar für ihre klare, kluge Stimme in diesem ganzen Lärm. Aber das wissen Sie bestimmt alle schon viel länger als ich.
*) Ebenso überhaupt verstehe ich übrigens den Sinn einer solchen Demo nicht. Eine Mahnwache „für den Frieden“ verstehe ich. Eine Demo „an die Weltgemeinschaft, nicht wegzusehen“ verstehe ich. Aber was weiß ich schon?
Große Worte zum Schluss. Naja, so ist das wohl im Moment.
Vi ses!
Danke fürs Teilhaben und Dabei-sein. Wenn Sie wollen:
Hier können Sie mir ’ne Mark in die virtuelle Kaffeekasse werfen,
Oder – wenn Ihnen Geld zu unpersönlich ist – hier ist meine Wishlist. Sie finden dort formschöne und Freude-spendende Geschenke für wenige oder auch sehr viele Euro.
Und dann war da ich, die ich schon immer (also seit ich das abstrakt genug kann) dachte, dass es wirklich OFFENSICHTLICH ist, dass der Hunger da ein metaphorischer ist und es nicht darum geht, dass Kunst Ablenkung (aka das neue Opium für das Volk) ist, sondern dass Essen allein nicht alle Bedürfnisse befriedigt und Mäuse/Menschen halt auch sekundäre Bedürfnisse nach Kunst und Kultur haben. Neben der Erkenntnis, dass Arbeitsteilung prima ist, weil so unterschiedliche Lebensbedürfnisse erfüllt werden können. Und drittens der, dass man auch den anscheinenden Sonderlingen positiv gegenüber stehen sollte, weil am Ende können die was, das man irgendwann wirklich dringend braucht.
Aber offensichtlich ja nicht. Vielen Dank für den Blogbeitrag und die wie immer spannenden Gedanken
Das ist ja das … äh … tolle an diesem Internet: man lernt so viel neues kennen ;)