14.5.2021 – Monotonie in der Südsee

Hoch die Hände, lang das Wochenende!

Sehr viel bis in die schlimmste Langeweile hinein rumgegammelt (erst dann kann ich sicher sein, mich nicht noch heimlich von irgendwas getrieben zu fühlen), Gänse- und Entenkinder am Teich geguckt, Kaffee getrunken.
Viel Alto’s Adventure gespielt. Falls Sie da noch later to the party sind als ich: Das ist ein wirklich zauberhaft schönes Spiel.
Daher sonst nix zu erzählen.

Kühe gehen immer, oder?

Aber es ist ja schon Freitag und Joëls Montagsfrage ist noch nicht beantwortet.

Wenn du einen deiner fünf Sinne aufgeben müsstest, auf welchen kannst du am ehesten verzichten und warum?

Abgesehen davon, dass die Frage einen ja hauptsächlich dazu bringen sollte sich darüber zu freuen, wenn alle Sinne prima funktionieren: Ich habe da vor 30 Jahren schon einmal drüber nachgedacht; damals hatte ich beschlossen, es sei das Sehen. Was alle verwunderte, mich damals zum Studium der Blindenpädagogik brachte und was ich heute vollkommen überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann.
Heute dächte ich eher, dass es das Riechen sein würde. Die Frage ist ja nun mal die nach dem kleinsten Übel und schön wäre das nicht, aber ich möchte nicht darauf verzichten zu sehen oder zu hören (die Musik!!), auch die Dinge und Menschen nicht mehr zu fühlen … nee, nee. Zwischen Riechen und Schmecken habe ich lange überlegt und dann abgewägt: Auf Gerüche reagiere ich eh oft empfindlich und wenn ich noch schmecken kann, behalte ich wenigstens süß, sauer und salzig und so ist das Essen nicht vollkommen versaut.
Aber je mehr ich hier tippe, desto mehr freue ich mich eigentlich darüber, dass das alles noch leidlich funktioniert. Und das jedes Argument für oder gegen einen „aushaltbaren“ Verlust auch leicht diejenigen beleidigt, denen vielleicht genau dieser Sinn fehlt.

Zeugs:

Sie wissen ja, ich interessiere mich immer sehr dafür, wie Kommunikation funktioniert – und wie nicht, wie man ins Gespräch kommen kann und was Kommunikation blockiert und auch, wie man anderen Menschen Einstellungen, Meinungen und Fakten näher bringen kann.
Auf Twitter habe ich gelernt, dass es nichts bringt, die andere anzubrüllen oder ihr zu erklären, dass sie doof ist. Nee, ist gelogen, das wusste ich vorher schon.
Aber die jüngste Zeit hat mir sehr klar gemacht, dass sachliche, wissenschaftliche Fakten auch nicht so leicht rüber kommen. Egal, ob Menschen den Wissenschaftlern direkt Lüge und „Systemhörigkeit“ vorwerfen oder jemand mir in der Unterhaltung sagt, er fühle sich nicht ausreichend zu den Impfstoffen informiert, es gäbe da ja nichts drüber zu lesen – da funktioniert offenbar nicht immer alles wie es könnte.
Natürlich bin ich mit dieser Erkenntnis nicht alleine und deshalb versuchen amerikanische Wissenschaftlerinnen jetzt etwas neues:

Katharine Hayhoe, 48, ist eine weltweit renommierte Klimaforscherin. Deshalb ist es überraschend, wenn sie gleich zu Beginn des Zoom-Gesprächs sagt: »Mehr Wissenschaft ist nicht die Lösung.« Stattdessen beginnt sie ihr Klima-Webinar für Erwachsene mit der überbordenden Fröhlichkeit einer Animatorin. »Was ist euch wichtig? Legt los, ich will verschiedene Antworten hören!« Schon rufen die rund 100 Teilnehmer der kostenlosen Video-Veranstaltung ihre Prioritäten in die Zoom-Kamera: Meine Kinder! Meine Gesundheit! Saubere Luft! »Seht ihr«, sagt Hayhoe dann, »der Klimawandel selbst steht zwar nicht auf eurer Prioritätenliste, aber der Klimawandel wird alles beeinträchtigen, was euch wichtig ist.«
[…]
Hayhoe beruft sich auf die Londoner Neurowissenschaftlerin Tali Sharot: »Wenn man Menschen neue Informationen gibt, die ihren Überzeugungen widersprechen, was machen sie dann? Sie machen zu.

Michaela Haas im SZ-Magazin: Science Moms: US-Forscherinnen kämpfen gegen den Klimawandel

Ja, wir alle schauen gerade wieder in den nahen Osten. Ja, ich las schon ein par Mal, wir bräuchten jetzt keinen dritten Weltkrieg, wo wir gerade die Pandemie vielleicht im Griff hätten. Das fand ich persönlich jetzt etwas groß gegriffen und da kam mir sehr helegen, dass Rico Grimm mal fragt, weswegen wir eigentlich alle so auf den Nahostkonflikt starren:

Der Israel-Palästina-Konflikt hat es geschafft, eine eigene Art Relevanz zu produzieren. Was parallel passiert: Wir übersehen andere Konflikte der Welt – im gleichen Maß beschäftigt sich niemand mit dem Jemen-Krieg oder dem Krieg im Norden Äthiopiens. […]
Selbst unsere Vergangenheit ist kein ausreichendes Argument – auch, wenn es so scheint. […] Der Kaschmir-Konflikt in den ehemaligen britischen Kolonien Indien und Pakistan findet weniger mediale Erwähnung, Sri Lankas Bürgerkrieg ebenfalls und über Namibia, in dem deutsche Kolonisten einst 70.000 Menschen ermordeten, hören wir auch nur selten etwas. Die Verantwortung des Westens erklärt unsere Aufmerksamkeit für den Nahostkonflikt also nicht allein.

Rico Grimm auf krautreporter.de: Deswegen starrt der Westen auf den Nahostkonflikt

Ups. Gar kein Link zu Corona oder der deutschen Politik? Moment …
Bei Frau Nessy einen Link zur Wirtschaftswoche gefunden und nur gedacht: „Wenn ausgerechnet ein Wirtschaftsmagazin solch deutliche Worte findet, dann hast Du es echt versaut.
Du“ ist in diesem Fall die Gruppe der Menschen, die uns regiert und „es“ ist das, was diese Gruppe während der Pandemie mit Kindern und Jugendlichen getan hat und noch tut:

Die Bundesregierung verhöhnt Schülerinnen und Schüler mit einem „Aufholprogramm“ für ihre Entbehrungen in der Coronapandemie – und behandelt Kinder wie faule Kredite, die den Standort gefährden. Ein Armutszeugnis.
[…]
natürlich werden auch im September noch nicht alle deutschen Klassenräume mit Luftfiltern ausgestattet sein. Ist doch nicht so wichtig, Lüften geht doch auch. Präsenzunterricht im Normalmodus? Mal sehen. Ein viertes Online-Semester für Studierende? Gibt Schlimmeres. Hauptsache, die Alten dürfen endlich mal wieder einen Aperol auf Mallorca schlürfen. Die hatten’s schließlich auch schwer.
[…]
Offenbar können [sie] sich Heranwachsende im 15. Monat der Coronapandemie nurmehr als faule Kredite und defizitäre Assets am Standort Deutschland vorstellen – als Leerbehälter, die seit März 2020 nicht ganz so intensiv mit Einmaleins und Integralen druckbetankt werden konnten wie sonst üblich, um sie als Humankapital möglichst zeitnah dem Arbeitsmarkt zuführen zu können.

Dieter Schnaas in der Wirtschaftswoche: Die verachtete Jugend

Ergänzend möchte ich noch hinzufügen: Es gibt noch eine Gruppe, die von den Regierenden verachtet wird: Künstlerinnen und Künstler. 31% Prozent Umsatzrückgang hat die europäische Kultur- und Kreativbranche letztes Jahr erlebt und das ist mehr als Tourismusbranche oder Autoindustrie.
Beides lässt eine Menge Rückschlüsse darauf zu, was für Menschen dort an der Regierung sitzen und für wen sie Politik machen.

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