14.2.2025 – drum singe, wem Gesang gegeben

Ich hatte kurz überlegt, ob ich diese ESC-Dings im Web zu begleiten, aber dann … naja.
Haben die bei RTL eigentlich keine WarmUpper oder warum ist das Publikum da immer so steif?
Aber egal.

Was mir aber während des ersten Songs klar wurde: Ganz viele von den Menschen, die ich in den letzten Jahren in den Castings-Shows sah und so blutleer fand – all denen ist eins gemeinsam:
Sie haben alle perfekt den Bausatzkasten „emotionaler Gesang“ gelernt: Wissen, wo zu schluchzen, wo zu strahlen, wo zu flüstern und wo leicht die Stimme anzuzerren. Wo die Rückung hin muss, wo das laute tiefe Einatmen vor den Ton gehört und wo der kleine Ruck durch den Körper gehen muss.
Aber sie tun all das so exakt kalkuliert, so wie die Dschungel-Stars in Staffel 18 wissen, dass sie am dritten Tag anteasern und in der elften Nacht am Lagerfeuer die große „meine Kindheit war auch scheiße“-Geschichte auspacken. Aber das eben nicht, weil sich die Situation richtig anfühlt, sondern weil es die elfte Nacht ist und weil in der ersten Staffel ja auch die große Geschichte in der elften Nacht kam.

Und so, wie sich damals die C-Sternchen-Manager notiert haben „elfte Nacht: traurige Kindheit“, so haben sich die Produzenten notiert, wann geflüstert, wann ge-beltet, wann geschluchzt und wann gestrahlt wird.

Und so machen sie alles richtig, diese jungen Schauspielerinnen, sie tun das alles im richtigen Moment, in der elften Nacht und dann gewinnen sie das Dschungelcamp doch nicht und wissen nicht warum, denn sie haben doch alles richtig gemacht.
Und diese jungen Sängerinnen und Sänger haben genau im 17. Takt das erste mal die Augen aufgeschlagen als sie in die Subdominante wechselten und jetzt gewinnen sie trotzdem nicht obwohl sie doch alles richtig gemacht haben und dieser alte Mann, der die Show moderiert, sagt tatsächlich als ersten Satz „ich hab keinen falschen Ton gehört“.

Vielleicht kann eine Generation, die seit frühster Kindheit jede einzelne Bewegung, jedes neue Shirt und jede Regung im Gesicht von ihren Followern bewertet bekommen, hat keinen Mut zu Fehlern, keinen Mut zu Hässlichkeit, keinen Mut zur Andersartigkeit haben.
Und so ist „Authentizität“ für sie die richtige Aktion im korrekt gescripteten Moment – und nicht eine innere Wahrheit.
Und wenn man ihr sagt, sie hätte schief, Verzeihung; „flat“ gesungen muss sie weinen, aber als die Moderatorin sagt, es wäre doch toll performt ist alles wieder fein.

Tina hat mir mal erzählt, dass sie zu Beginn ihrer Karriere in London in Songwriting-Workshops war, in denen Sätze fielen wie „41,7% der Top-Ten-Songs der letzten 100 Tage wechseln schon im vierten Takt auf die zweite Stufe, nicht im achten so wie Du – Du solltest das ändern“. Sie ist dann gegangen.

Ich glaube, dass es kein Zufall ist, dass die ganzen Reactor-Youtuberinnen immer weit in die Siebziger, die Achtziger und den Grunge und Metal abtauchen.

Alter weißer Mann: Micdrop.

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