Wochenendtage beginnen mit Check Eins im Bett. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich mir das angewöhnt habe, empfinde es aber als ungeheuren Luxus, den Tag damit beginnen zu können, Ralph beim Klugscheißen oder Anna beim Tiere-Gucken zuzugucken.
Aber ich hab eh gelesen, dass das Durchschnittsalter derer, die die Sendung mit der Maus gucken irgendwo um die 37 Jahre liegt. Passt scho’.
Apropos „Luxus“. Ein weiterer Luxus, den wir beide hier haben und auch sehr zu schätzen wissen ist:
Samstags morgens um acht beim Kaffee aufeinander zu treffen, sich das Wetter anzugucken und zu beschließen, dass es ein schöner Tag für einen Trip nach Maastricht sein könnte. Weil das eine echt schöne Stadt ist.
Und um neun im Auto zu sitzen.
Und auch, um viertel nach neun kurz zu überlegen, wie vernünftig diese Entscheidung ist, wenn einer von beiden abends noch auf einer Party eingeladen ist (nicht sehr), dementsprechend statt zur Autobahn in Richtung Ruhrgebiet abzubiegen, um dort dann nett frühstücken zu gehen.
Und auch, zu früh am Café zu sein und noch eine Runde durchs Kreuzviertel zu drehen und erst dann zu frühstücken; weil man ja keine Eile hat.
Und auch, dann spontan noch eine Jeans shoppen zu gehen.
Kurz: Vollkommen flexibel sein zu können.
Ja, wir wissen das zu schätzen.
Große Empfehlung übrigens für das Café: Wenn Sie in Dortmund einen Ort für Frühstück, Kaffee, Abendessen oder Weinchen suchen: Das „Schönes Leben“ hält schon ziemlich, was der Name verspricht.
Außerdem in Café: Wie gesagt, wir waren zu früh. Nach unserem Spaziergang durchs Viertel waren wir exakt um zehn wieder da und das Café war noch leer. Die Bedienung erklärte mir sehr nett, wie bei ihnen das Frühstücksbuffet funktioniert, welche Getränke inklusive und welche nicht sind und schloss mit der Versicherung, sie würden ständig alles am Buffet schnell wieder nachfüllen, das könne aber evtl. mal eine Minute dauern.
„Kein Problem, wir sind ja zum Frühstücken da und nicht zum Hetzen“ sagte ich und bemerkte wie nacheinander durch ihr Gesicht liefen: Erstaunen, etwas Traurigkeit und dann ein glückliches Lächeln. „Das sieht nicht jeder so“ entgegnete sie.
Das hat mich dann wieder erschrocken – obwohl es eigentlich zu einer schon länger gemachten Beobachtung passt: Ein wenig Freundlichkeit ist arg auf dem Rückzug; Menschen, gerade in Dienstleistungsjobs sind inzwischen oft, zu oft erstaunt, wenn man zu ihnen freundlich ist.
Dabei – und das könnt Ihr neoliberalen „jeder ist seines Glückes Schmied und deswegen bin ICH jetzt dran“ – Junkies, die Ihr Euch hierhin verirrt habt Euch mal merken: Wir werden dauernd besser behandelt. Bekommen Kaffee extra oder Kühlschränke billiger. Nicht wegen der genervt ausgerechneten 10% Trinkgeld, sondern wegen eines freundlichen Satzes. Und das obwohl – nein vermutlich exakt weil! das nicht unsere Absicht ist und wir uns selbst gar nicht als übermäßig freundlich empfinden.
Erinnert mich mal daran, dass ich Euch die nächsten Tage nochmal was von Dänemark erzähle, wo wir gerade bei „Freundlichkeit“ sind.
Danach bemerkt, dass wir noch einkaufen mussten und im Laden einen ziemlichen Overload gehabt. Wassen Glück, dass wir nicht bis Maastricht waren. Wassen Glück, dass nicht ich zur Party muss. Wassen Glück, dass ich ich nicht mehr da raus muss.
Jetzt Beastmaster. Genau das richtige jetzt. Wobei mir einfällt: Frau Michaelsen muss ich auch mal lobhudeln.
Freundlichkeit.
Bis eben wunderte ich mich noch, warum mich Leute in Bäckereien, an Supermarktkassen, in Mitnehmcafés wiedererkennend grüßend, obwohl ich dort doch bloß alle paar Wochen einkaufe. Wahrscheinlich ist die Basisfreundlichkeit, die ich dort aus alltäglichem Anstand verwende, tatsächlich so auffallend.
Das schnürt mir jetzt die Kehle zu.
Vermutlich.
Und: Ja.