Gestern Abend noch „Sing meinen Song“ geguckt. Begeistert zugesehen, wie Eko Fresh Tim Bendzkos upper-middle-class „Keine Maschine“ in ein Lied aus Sicht seines Großvaters umwandelte; wie er aus dieser Perspektive erzählte, wie die Reise nach Deutschland war, wie die Ankunft als „Gastarbeiter“, die Arbeitstauglichkeitsuntersuchung, die Unterbringung in Gruppenunterkünften, die fremde Sprache, die Blicke der andere, die nur den Arbeiter, nur die Maschine sahen.
Sehr demütig geworden. Danke Eko.
Den freien Tag genutzt, um ein paar der Dinge abzuarbeiten, die da lagen. Mittags kurz auf eine Eisschokolade in der Stadt, da in der Eisdiele von fern dem Grafiker aus der Stadt zugewunken, von dem ich auch ahnte, dass er so einen Tag ohne Anrufe, Mails und Zooms aus ähnlichen Gründen schätzt.
Den Medienkonsum der letzten Wochen verbloggt.
Später durch die gestern ziemlich wahllos aus der drei-Euro-Grabbelkiste im Vinyl-Laden mitgebrachten Schätze geblättert und mich dazu entscheiden, „Abraxas“ zu hören, die berühmte Platte von Carlos Santana. Stille Sommerhitze und Black Magic Woman – das geht gut.
Hatte ich eigentlich erzählt, dass ein paar fehlgeleitete geflügelte Jungameisen beschlossen hatten, die Wand meines Büros sei ein guter neuer Lebensraum für sie und seitdem immer mal wieder Ausflüge in mein Büro unternahmen? Auch schön. Hab ja sonst nix zu tun.
Stimmung insgesamt also: Eher mutlos und etwas müde. Abends die ersten Pommes des Jahres am See. Frieden.
Zeugs
Als ich als Kind eine Stoppuhr bekam und schnell nicht mehr wusste, was ich sonst noch stoppen sollte, kam ich auf die Idee, die Länge von Werbesports zu messen (langweilig, damals alle 30 Sekunden lang) und dann auch bei der Gelegenheit aufzuschreiben, für was geworben wurde. Ich erstellte Kategorien und schrieb fast einen ganzen Abend eine lange Tabelle auf einen Zettel – damals ja nur von 17:00 – 20:00 Uhr – mit. Natürlich verschwand der Zettel sofort danach irgendwo und ich verfolgte das nicht weiter; aber eine gewisse Faszination für Werbung blieb.
Was ich schon damals nicht begriff: Natürlich ist mir der Sinn von Produktverbesserungen klar. Eine Waschmaschine, die nur noch halb so heiß, halb so lang oder am besten beides kann, die ist besser als die davor und verdient eine Werbung. Aber „jetzt auch in fröhlichem grün“? „Jetzt in der Winter-Edition mit lustigen Schneemotiven auf der Packung“?? Wenn ein Produkt so beworben werden muss, dann hat es in my humble opinion doch ganz offensichtlich das Ende seines Optimierungs-Zyklus erreicht.
Formschub macht sich ähnliche Gedanken nach der Beobachtung von Werbetexten:
Es hat den Anschein, als litte der Kapitalismus allmählich unter einem Mangel an Argumenten, den Menschen immer mehr immer neues immer andersartiges Zeug anzudrehen. Die meisten Menschen haben schon alles, das meiste davon sogar mehrfach oder im Übermaß. Dinge werden nur noch zu einem Bruchteil gekauft, weil sie verschlissen, defekt, abgenutzt oder unbrauchbar sind und somit ersetzt werden müssten, sondern auch, weil sie unmodern oder nicht mehr angesagt sind, die Besitzer ihrer überdrüssig sind oder gar, weil sie aus Langeweile oder unreflektierter Shoppingroutine heraus angeschafft wurden. Die Konkurrenz der Waren und Dienstleistungen war noch nie so groß wie heute, das Angebot und die Auswahl sind mind-boggling. Da reicht es dann eben nicht mehr, zu schreiben, dass man ein schönes scharfes, langlebiges und gut in der Hand liegendes Küchenmesser feilzubieten hat, sondern es ist ein Schneidwerkzeug mit einem »handgeölten und manufakturgeschnitzten Schaft aus dem Holz einer tausendjährigen Toskana-Eiche«, das dann zu Hause beim groben Zerteilen eine Mohrrübe »ein unvergleichliches Schneiderlebnis« bietet, von dem ich vermutlich noch meinen Enkeln erzählen würde, hätte ich welche.
Formschub:
Ekstase
Mist. Ich bin sicher, ich hab irgendwo einen Screenshot davon, dass skype mir ein spannenderes Telefonie-Erlebnis nach dem Update verspricht. Nie findet man hier was, wenn man es braucht.
Erinnern Sie sich? Die Pandemie? Lange her, jaja. Aber die soll ja jetzt aufgearbeitet werden. Ich warte quasi täglich auf den Anruf mit der Einladung zu dem Interview – denn als Solo-Selbstständiger mit ca einem halben Jahr LongCovid – da könnte ich doch ein paar interessante Perspektiven beitragen. Der hochgeschätzte Narkosedoc hat auch ein paar Idee für die Aufarbeitung:
Wir wollen die Pandemiejahre gesellschaftlich aufklären?
Narkosedoc auf mastodon:
Gerne.
Lass uns damit anfangen, wie rechte Medien angeführt von Bild/Springer so lange mit Hass und Hetze die Lüge der Coronadiktatur groß gemacht haben, bis jemand zum Messer griff, weil er in der Tankstelle eine Maske aufsetzen sollte.
Wir wollen die Pandemiejahre gesellschaftlich aufklären
Vi ses!
Sie haben Fragen? Sie wünschen sich ein Thema, über das ich mal bloggen soll?
Schreiben Sie’s auf!
Alle bisherigen Antworten finden Sie übrigens hier.